Volltext: Die Futtermittelwirtschaft im Kriege [59]

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der Städte, die eine Gefährdung der Belieferung der Fuhrhalter mit 
Futtermitteln zu erschwinglichen Preisen befürchteten, Bedenken 
gegen voreilige Maßnahmen erhoben. In der Tat bestand die 
Futterknappheit weiter; während des Waffenstillstandes war wegen 
der Fortdauer der Blockade an eine Einfuhr von Futtermitteln nicht 
zu denken, und auch nach Wegfall der Blockade konnte zunächst mit 
erheblichen Mengen ausländischer Futtermittel nicht gerechnet werden, 
da Kredit und Frachtraum in erster Linie für Lebensmittel aus 
genutzt werden mußten. Die Futterbestände der Heeresverwaltung 
waren nicht so erheblich, daß nennenswerte Mengen daraus hätten 
abgegeben werden können. 
Es mußte daher mit Vorsicht an den Abbau herangetreten 
werden, obschon der Schleichhandel schon in bedenklicher Weise das 
System gelockert hatte. Ein plötzliches Hinaufschnellen der Preise 
war zu befürchten, zumal wenn die Freigabe mitten im Wirtschafts 
jahre, als die Vorräte zu schwinden begannen, erfolgte. Auch war 
eine gewisse Stetigkeit in der Belieferung der Städte und gemein 
wirtschaftlich wichtigen Betriebe aufrecht zu erhalten. Die Reichs 
futtermittelstelle mußte daher die hierzu erforderlichen Futtermengen 
vorläufig noch in der bisherigen Weise erfassen können. 
Es bestanden aber keine Bedenken, die Ablieferungspflicht für 
einige minderwichtige Futter st offe, die bisher vom 
Kriegsausschuß für Ersatzfutter verarbeitet wurden, nämlich Schilf, 
Seetang und Seegras, alsbald aufzuheben (Verordnungen vom 
4. Februar und vom 25. April 1919, RGBl. S. 147 und 436). 
Später folgten die Lupinen, Obst- und Weintrester, Laubheu, Futter 
reisig (Verordnungen vom 15. Mai und vom 26. Juni 1919, RGBl. 
5. 461 und 611). Eine große Anzahl von Futtermitteln, die für 
die allgemeine Versorgung keine Bedeutung mehr hatten und sich 
wegen der Schwierigkeit ihrer Erfassung oder Beförderung wenig 
für die schlüsselmäßige Verteilung eigneten, wurde durch die Be 
kanntmachung des Reichsernährungsministeriums vom 26. Juni 1919 
(RGBl. S. 612) von den Bestimmungen der Futtermittelverordnung 
ausgenommen. Gleichzeitig wurde der Verkehr mit T o r f st r e u 
und Torfmull, sowie mit F u t t e r k a l k und Futter- 
würzen freigegeben. Rur der aus Knochen gewonnene Futterkalk 
blieb den bisherigen Bestimmungen unterworfen, da die Bewirt 
schaftung der Knochen noch aufrechterhalten wurde. Soweit solche 
Futtermittel oder Hilfsstoffe aus dem Auslande eingeführt werden 
sollten, konnten sie von nun an ebenfalls frei gehandelt werden. 
Von größerer Bedeutung als diese Maßnahmen war die am 
1. Juli 1919 erfolgte v o l l st ä n d i g e Freigabe des Handels
	        
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