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C. Abbau.
Der Abschluß des Waffenstillstandes brachte auch auf dem Ge
biete der Futtermittelwirtschaft keine wesentliche Erleichterung.
Allerdings ermäßigte sich der Heeresbedarf; es waren aber immer
hin noch Hafer und Rauhfutter für die Truppen in der Heimat und
im Osten notwendig; die im besetzten Gebiet aufgestapelten Futter
vorräte konnten von der Armee nur zu einem kleinen Teile beim
Rückmarsch mitgeführt werden. Infolge der Demobilmachung
gingen viele Heerespferde in private Hände über; sie mußten mit
Futter versorgt werden, soweit sie zur Auffüllung des gelichteten
Pferdebestandes der Landwirtschaft dienten. Auch in den Städten
wuchs die Pferdezahl; doch konnte an die städtischen Fuhrhalter, die
Pferde über den im Kriege notwendigen Bestand hinaus erworben
hatten, eine Zuweisung größerer Hafer- und Rauhfuttermengen durch
die amtlichen Stellen nicht erfolgen. Eine gewisse Erleichterung für
die Landwirtschaft trat dadurch ein, daß die Heu - und Stroh
umlage nicht mehr weiter in Anspruch genommen werden mußte;
es wurde nur noch darauf hingewirkt, daß jene Mengen, die bis zum
Ende des Jahres 1918 abzuliefern waren und teilweise noch aus
standen, für das Heer und die gemeinwirtschaftlich wichtigen Be
triebe beigebracht wurden. Ferner konnte von der weiteren Erfassung
der Futterrüben, die für Heereszwecke getrocknet werden sollten, nun
mehr Abstand genommen werden.
Die Versorgung der städtischen Pferde mit Hafer und Beifutter
wurde in der bisherigen Weise fortgesetzt. Es soll jedoch nicht ver
hehlt werden, daß die Pferdehalter, namentlich in den Großstädten,
immer mehr ihren Bedarf auch auf ungesetzlichem Wege deckten und
hierzu bei dem sich rasch ausbreitenden Schleichhandel auch
reichlich Gelegenheit hatten, wenn sie nur in der Lage und gewillt
waren, die sehr hohen Preise zu bezahlen.
Der Ruf nach Aufhebung der Zwangswirt
schaft erscholl von verschiedenen Seiten; gerade auf dem Gebiete
der Futtermittelwirtschaft schien der Abbau der kriegswirtschaftlichen
Maßnahmen am leichtesten und schnellsten durchführbar. Die Land
wirte wollten freie Verfügung über die von ihnen erzeugten Futter
mittel haben, um ihre Spanntiere besser ernähren und ihren ge
minderten Viehbestand möglichst bald wieder heben zu können. Der
Handel strebte die Wiedereinsetzung in seine früheren Rechte an. Da
gegen wurden aus Verbraucherkreisen, namentlich von den Vertretern