Volltext: Die Schwerarbeiterfrage [Heft 26/27]

Durch solche Überbelieferungen, die dazu nur auf dein Wege des 
Schleichhandels, über den später noch zn reden sein wird, möglich 
wurden, mußte letzten Endes bei den Arbeitern der falsche 
Eindruck erweckt werden, daß reichlich Nahrungsmittelmengeu 
vorhanden seien, die aus irgendwelchen unberechtigten 'Gründen 
oder aus Mangel an geeigneter Organisation zurückgehalten 
würden. Bei dem an und für sich vorhandenen Mißtrauen gegen 
alle Maßnahmen auf dem Gebiete der öffentlichen Lebensmittel 
bewirtschaftung fanden derartige Anschauungen reichliche Nahrung, 
um so mehr als der Arbeiter noch von Friedenszeiten her an und 
für sich mißtrauisch ist und leicht eine Benachteiligung seiner 
Klasse zugunsten anderer vermutet. So kam es, daß der Arbeit 
geber dort, wo er der Arbeiterschaft gegenüber Maß zu halten be 
strebt war und einen Ausgleich zwischen Wünschen und Möglich 
keiten zu finden suchte, vielfach auf nur geringes Verständnis 
und Widerstand stieß und in Gefahr kam, das Vertrauen seiner 
Arbeiter zu verlieren und damit trotz vieler Mühen und Geld 
opfer, trotz besten Willens das gerade Gegenteil seiner Absichten 
erreichte. 
Wie in der industriellen Arbeiterpolitik des Krieges die rich 
tige Auswertung seelischer Tatsachenreihen eine nicht zu unter 
schätzende Rolle gespielt hat, so mußte auch die besondere Frage 
der Arbeiterernährung mindestens ebenso unter psycholo 
gischen wie unter physiologischen Gesichts 
punkten behandelt werden. Der Arbeiter wollte die Empfin 
dung einer gewissen Bevorzugung vor der übrigen Bevölkerung 
haben. Hierher gehören auch die sich ständig wiederholenden 
Fälle, daß die Arbeiter nur deshalb mehr Lebensmittel forderten, 
weil anderwärts mehr gegeben wurden, aber gleichzeitig erklärten, 
auch mit weniger auskommen zu können, wenn nur die Einschrän 
kung gleichzeitig von allen verlangt würde. 
Aus allen diesen Gründen schien es geboten, die 
A r b eit e r s cha ft s e Ib st m ö g l i ch st w e i t g e h e n d a n d e r 
Verteilung der Lebensmittel mitwirken zu 
lassen. 
Fast überall sind aus der Mitte der Arbeiterschaft bzw. aus 
den bestehenden Arbeiterausschüssen heraus sogenannte Ernäh - 
cungskommissionen gebildet worden, die an der Bewirt 
schaftung beteiligt sind und insbesondere bei der Verteilung der 
Nahrungsmittel gehört werden, den Betrieb der Werkküchen und 
die Verteilung der Lebensmittel in den Verkaufsstellen über 
wachen. Die Einschaltung, derartiger Ernährungskoknmissionen
	        
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