Volltext: Vieh und Fleisch in der deutschen Kriegswirtschaft [Heft 17/18/19]

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Eine genaue Grundlage für die Festsetzung der auf die Fleisch- 
karte zu gebenden Menge hatte den süddeutschen Staaten nicht zur 
Verfügung gestanden. Sie waren auf Schätzungen angewiesen, weil 
weder die Inanspruchnahme der Fleischkarte durch die versorgungs 
berechtigte Bevölkerung noch die Abgabefähigkeit der Viehbestände zur 
Deckung des entstehenden Fleischbedarfes genau bekannt war. Sie 
hatten daher zu dem System der Sperrkarte gegriffen, unter An 
setzung einer Wochenkopfmenge von zunächst 800 A, die weit über das 
Maß des wirklich vorhandenen Fleischvorrates hinausging und den 
einzelnen Versorgungsberechtigten einen Bezug von Fleisch nur bis zur 
Sperrgrenze und nur soweit gewährleistete, als Fleisch jeweilig aus 
den zugelassenen Schlachtungen vorhanden war. Die süddeutschen 
Staaten waren auch dazu übergegangen, eine Freizügigkeit ihrer 
Landesfleischkarten unter sich zu vereinbaren, und sie hatten damit 
bereits für die spätere Reichsfleischkarte ein Vorbild geschaffen. 
Die Tatsache, daß die süddeutschen Staaten trotz ihres ver 
hältnismäßig großen Viehreichtums in der Rationierung des Fleisch 
verbrauchs vorangegangen waren, während in den anderen deutschen 
Staaten eine Einschränkung des Fleischverzehrs für den Einzelnen 
noch nicht bestand, rief in der Bevölkerung Süddeutschlands vielfach 
Mißstimmung und die Meinung hervor, daß sie auf Kosten der All 
gemeinheit eingeschränkt werde, während man umgekehrt in Nord- 
deutschland, wo man zwar keine Rationierung eingeführt hatte, aber 
nicht entfernt die Wochenkopsmenge von 800 Z geben konnte, wo man 
sich vielmehr in vielen Gebieten mit Wochenkopsmengen von nur 80 bis 
100 § begnügen mußte, unter Verkennung der Bedeutung der süd 
deutschen Fleischkarte als Sperrkarte mit Mißvergnügen die ver 
hältnismäßig hohe süddeutsche Wochenmenge von 800 § betrachtete. 
Diese in der Presse zum Ausdruck gekommenen Mißstimmungen 
legten der Reichssleischstelle die Erwägung nahe, ob nicht wenigstens 
für alle größeren Bedarfsgebietc, vielleicht unter Ausschluß länd 
licher Bezirke, eine Rationierung des Fleischverbrauchs für den ein 
zelnen Versorgungsberechtigten durch Fleischkarte erfolgen sollte. 
2. Die Einführung der Reichsfleischkarte durch 
die Verordnung vom 21. August 1916 
und die Wirkung dieser Verordnung. 
Durch Verordnung vom 22. Mai 1916 war die Schaffung eines 
Kriegsernährungsamtes erfolgt und die Reichssleischstelle seiner Auf 
sicht unterstellt worden. Vom Präsidenten des Kriegsernährungs 
amtes wurde nun schon kurz nach Begründung dieses Amtes der
	        
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