Volltext: Die Nahrungswirtschaft des Auslands [Heft 9]

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In Rußland sind nach dortigen Zeitungsberichten die Vieh 
bestände um 25, wenn nicht um 40 % zurückgegangen, der Rindvieh 
bestand im europäischen Rußland einschließlich Kaukasien von 40 auf 
31 Millionen im Zeitraum 1913 bis Oktober 1915. Mit dem Verlust 
seiner westlichen Provinzen hat Rußland allein 5 Millionen Stück 
Vieh eingebüßt. Auch Italien hat, aus den Klagen seiner Presse 
zu schließen, tiefe Eingriffe in seine Viehbestände machen müssen. 
Zu einem Teil sind die verstärkten Abschlachtungen, wie bei uns, 
eine Folge der Schwierigkeiten in der Futterbeschaffung. Aber dieser 
Umstand scheint doch nicht so sehr ins Gewicht zu fallen wie der 
große Heeresbedarf der mit uns Krieg führenden Staaten. 
Besonders deutlich tritt dies in Rußland zutage, wo der Fleisch 
verbrauch im Frieden verhältnismäßig gering war. Während der 
russische Bauer nur selten Fleisch ißt, bekommt er als Soldat regel 
mäßig hohe Rationen, so daß das Heer einen so großen Teil der 
Fleischerzeugung beansprucht, daß für die Zivilbevölkerung nur wenig 
übrig bleibt. Im Verein mit den Transportschwierigkeiten hat dies 
dazu geführt, daß Moskau und Petersburg selbst nach Einführung 
von vier fleischlosen Tagen ihren Bedarf nicht entfernt zu decken ver 
mögen. Petersburg soll täglich für den Konsum der Bevölkerung im 
ganzen 100 Stück Vieh erhalten, während die tägliche Verbrauchs 
norm 2000 Stück beträgt. 1 ) In Frankreich wird der Mehrverbrauch 
des Heeres auf */., Million Tonnen geschätzt (bei einem Fleischver 
brauch im Frieden von V-J 2 Millionen). Freilich fällt jetzt die Ver 
sorgung der von den deutschen Truppen besetzten Gebiete fort, die 
früher aus den übrigen Landesteilen einen Zuschuß von 110 000 
Tonnen erhielten. Dafür sind die Flüchtlinge aus Belgien und Nord 
frankreich zu ernähren, deren Fleischverbrauch auf jährlich 150 000 
Tonnen geschätzt wird. Auch in England macht sich allmählich großer 
Fleischmangel bemerkbar. Kennzeichnend ist die lebhafte Nachfrage, 
die sich in London nach frischem Pferdefleisch entwickelt hat, obwohl 
früher dort selbst die ärmste Bevölkerung diese Art Fleischgenuß 
verabscheute. 
In den neutralen Staaten macht sich zwar noch kein eigentlicher 
Mangel fühlbar, aber eine gewisse Knappheit, die durch die Ausfuhr 
in die kriegführenden Staaten hervorgerufen worden ist. 
Deren Einfuhrbedarf ist naturgemäß stark gewachsen. Wie wir 
gesehen haben, stand im Frieden nur England in starker Abhängigkeit 
von den ausländischen Fleischzufuhren. Der Anteil seiner Fleisch 
einfuhr am Verbrauch war nach unseren Berechnungen vor Kriegs- 
0 Rjetsch t5. 5. 16. 
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