Full text: Produktionszwang und Produktionsförderung in der Landwirtschaft [Heft 5]

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V er m e i b u n g jeglichen Wagnisses u n b e b i n g t 
das Höch st m aß der Erzeugung erreichen m üssen, 
wird e S der p f l i ch t m ä ß i g e n Überlegung j-e d e s 
einzelnen Produzenten zu überlassen sei n, o b 
'er dieses Höchstmaß durch intensivere Bearbei 
tung des alten Kulturbodens oder durch A u S - 
dehnung der Anbaufläche erreichen zu könne n 
glaubt. 
Etwas anders geartet ist die Forderung eines Zwanges 
zur besseren Bewirtschaftung, die den Haushalt 
ausschuß des Reichstags beschäftigte. Der Berichterstatter Gras 
Westarp teilte im Reichstag am 3. November 1916 mit, dem Ausschuß 
habe ein Antrag vorgelegen, der darauf hinauslief, es möge in den 
einzelnen Kreisen festgestellt werden, welche größeren Güter notorisch 
schlecht bewirtschaftet würden; die Feststellung sollte durch einen un 
parteiischen Ausschuß erfolgen, und diese Güter möchten dann in 
öffentliche Bewirtschaftung genommen werden. Der Plan habe so 
wohl bei dem Herrn Präsidenten des Kriegsernährungsamtes wie 
auch in weiten Kreisen des Ausschusses keine Billigung gefunden. 
Man habe bestritten, daß eine unparteiische und unumstrittene Fest 
stellung des Tatbestandes notorisch schlechter Bewirtschaftung über 
haupt möglich sei. Desgleichen sei entschieden bestritten worden, daß 
eine Zwangsbewirtschaftung auch der größeren Güter nach den Er 
fahrungen, die mit der Sequestration, mit der Verwaltung selbst 
durch landwirtschaftlich durchaus erfahrene Behörden wie Land 
schaften und Ritterschaften und dergleichen gemacht worden seien, 
einen guten Erfolg verspreche, namentlich jetzt, wo schon die selbst 
wirtschaftenden Landwirte aufs schwerste unter dem Mangel an 
geeigneten Persönlichkeiten und Leitern der Wirtschaften litten. 
Diese Ausführungen sind durchaus zutreffend. Wenn allerdings, 
wie ein nationalliberaler Redner im Haushaltausschuß am 23. Ok 
tober mitteilte, ein großes Gut zwei Jahre hindurch während des 
Krieges brachgelegen hat, dann ist ein Anbauzwang durchaus am 
Platze, aber auch nach den bestehenden Kriegsverordnungen möglich; 
solche Fälle werden indessen sicherlich äußerst selten sein. Eher sind 
schon „kriegsverwaiste" Bauerngüter denkbar. 
Noch weiter als die Forderung des Arbeitszwanges geht die des 
eigentlichen Produktionszwanges, d. h. der Auf 
legung eines dem Umfange des Gutes entsprechenden Kontingents 
abzuliefernder pflanzlicher und tierischer Erzeugnisse. Diese Forde 
rung schließt diejenigen des Arbeits- und des Anbauzwanges in sich;
	        
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