Volltext: Produktionszwang und Produktionsförderung in der Landwirtschaft [Heft 5]

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Ödland ist Vorsicht geboten. Sicher liegt hier noch jetzt, auch nachdem 
mit Hilfe von Kriegsgefangenen ziemlich umfangreiche Neu 
kultivierungen stattgefunden haben, immer noch recht viel brauchbares 
Land ungenützt. Im Reichstag (an? 4. November 1916) verwies 
der Vorsitzende des Deutschen Landwirtschaftsrats, Graf v. Schwerin- 
Löwitz, auf die an Stickstoff überreichen Moorböden, die deshalb 
zur Zeit besonders wertvoll seien, weil für die Düngung unserer 
Ackerböden der Stickstoff fehle. Er empfahl deshalb eine umfang 
reiche Verwendung irgend verfügbarer Arbeitskräfte, namentlich 
unserer Kriegsgefangenen, zur Moorkultivierung. Demgegenüber 
sind aber wieder Stimmen laut geworden wie die eines Oldenburger 
-Landwirtes, der erklärt, das erste Ziel müsse sein, die vorhandene» 
Kulturflächen, Wiese, Weide, Acker zunächst zur höchsten Ertrag 
fähigkeit zu bringen, ehe man daran denken könne, die Fläche durch 
Neukultivierung von Od- und Moorland zu vergrößern. Es fei 
technisch leichter und zudem erheblich billiger zu erreichen, minder- 
ertragreiches Land zu verbessern, als den Dornröschenschlaf des 
Moor- und Heidelandes zu stören. Er spricht deshalb die Hoffnung 
aus, das Verbot der Generalkommandos, weitere Neukultivierungen 
durch Kriegsgefangene in Angriff zu nehmen, möge für die Dauer 
der Kriegszeit bestehen bleiben. (Bocker-Stollhamm, in den Mit 
teilungen der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft, 1916, S. 447.) 
Also zwei einander gänzlich entgegengesetzte Meinungen bedeutender 
Fachleute; wer würde es unter diesen Umständen leicht auf sich 
nehmen, das eine oder das andere Verfahren unbesehen und überall 
zu erzwingen? Es liegt wahrscheinlich so, daß an der einen Stelle, 
je nach den natürlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, der eine, 
an der anderen Stelle der andere Weg richtiger ist; auch die ver 
schiedene Neigung und Befähigung des betreffenden Landwirtes könnte 
für den Erfolg ausschlaggebend sein. Hier sehen wir in einer ver 
hältnismäßig einfachen Frage schon die Schwierigkeit, die jedem 
zwangsmäßigen Eingriff in den landwirtschaftlichen Betrieb ent 
gegensteht und immer entgegenstehen wird: daß es sich nicht sowohl 
um die Anwendung mechanischer Regeln als um freie Würdigung 
der mannigfaltigsten Bedingungen handelt, deren Erkenntnis und 
Benutzung trotz des hohen Standes unserer Landwirtschaftswissen 
schaft eine Kunst des einzelnen Mannes im einzelnen Falle ist. 
Ganz anders läge es natürlich, wenn wir Arbeitskräfte, Rohstoffe 
und Hilfsmittel unbegrenzt zur Verfügung Hütten; dann wäre der 
Anbauzwang unabweisbare Forderung. Da es aber so liegt, 
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