Full text: Produktionszwang und Produktionsförderung in der Landwirtschaft [Heft 5]

(30. Mürz), auch in Österreich (6. März) waren ähnliche Bestim 
mungen schon vorausgegangen. Der Inhalt war überall der gleiche. 
Die Nutzung solcher' Grundstücke, die der Eigentümer schuldhast oder 
schuldlos zu bebauen nicht gewillt oder imstande war, konnte km 
Kommunalverbande übertragen werden. Es sollte eben unbedingt 
verhindert werden, daß nutzbringende Flächen brachliegen blieben. 
Diese Verordnung des Bundesrats, die bis Ende 1915 befristet war, 
wurde vornehmlich mit Hinblick auf die Verhältnisse in den ost 
preußischen Grenzkreisen getroffen, wo die zur Herbstsaat des Vor 
jahrs bestimmten Flächen zum größten Teile nicht bestellt, meistens 
auch nicht gepflügt werden konnten, weil die Bevölkerung geflüchtet 
und das lebende und tote Inventar vielfach zerstört oder schwer be 
schädigt war?) Durch Bekanntmachung des Bundesrats vom 
9. September 1915 wurde die Wirksamkeit bis Ende 1916 ver 
längert; eine weitere bundesrätliche Verordnung vom 4. April 1916 
dehnte den Bereich auch aus städtische, zur landwirtschaftlichen oder 
gärtnerischen Nutzung geeignete Grundstücke aus. In welchem Um 
fange ein Zwangsanban auf Grund der angeführten Verordnungen 
stattgefunden hat, ist nicht bekannt. Es wird sich in der Regel nicht 
sowohl um einen durch Zwang zu brechenden bösen Willen, als viel 
mehr um eine durch die Verhältnisse bewirkte Unfähigkeit zum Anbau 
gehandelt haben. 
Daß die vorhandene Bodenfläche aufs äußerste ausgenutzt 
werden muß, und daß gegen fahrlässige oder gar böswillige Nicht 
ausnutzung Zwang gerechtfertigt ist, dürfte kaum einem Zweifel 
unterliegen. Es muß aber damit gerechnet werden, daß in Deutsch 
land nicht nur die Arbeitskräfte, sondern auch die Arbeitsmittel 
(Gespanne, Maschinen, Kunstdünger usw.) knapp geworden sind und 
daß deshalb wohl überlegt werden muß, wie mit diesen Mitteln das 
Maximum der Erzeugung erreicht werden kann. Man i st sich 
in einsichtigen Kreisen klar darüber, daß durch 
aus nicht immer die Ausdehnung der Anbau 
fläche dicse größtmögliche Erzeugung gewähr 
leistet. Das gilt häufig von den in den Städten oder in ihrer 
unmittelbaren Nähe gelegenen Parzellen Baulandes, die nicht selten 
wegen ihrer Beschaffenheit, wegen Beschattung durch Häusermauern 
usw. das hineingesteckte Saatgut, ganz abgesehen von der Arbeit, in 
keiner Weise auszunutzen imstande sind. Auch bei Moor- und 
') Vergl. Dritten Nachtrag zur Denkschrift über wirtschaftliche Maß 
nahmen ans Anlaß des Krieges, vom 10. Mai 1916, S. 31.
	        
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