Full text: Produktionszwang und Produktionsförderung in der Landwirtschaft [Heft 5]

werden. Es ein altes Wort vom Pferdeknecht: sagt er „die 
Pferde meines Herrn", so ist er nicht brauchbar; spricht er von 
„unseren" Pferden, so geht es an mit ihm; wenn er aber von 
„seinen" Pferden redet, dann ist er erst der rechte Mann. Das 
gilt natürlich erst recht vom Besitzer selbst. Der Vielgestaltigkeit 
und Unberechenbarkeit des landwirtschaftlichen Betriebes kann allein 
die völlige Hingabe Meister werden. Wenn das Heer der Zurück 
gebliebenen zur eigenen noch die Arbeit bewältigt, die sonst von den 
jetzt im Felde stehenden Männern geleistet wurde, wenn es diese 
Arbeit unter dem Friedenszustand gegenüber unendlich erschwerten 
Umständen leistet, so ist das eine Tat der freiwilligen 
Hingabe; niemals hätte ein Zwang auch nur annähernd eine 
gleiche Anstrengung bewirkt. Es ist nach allen bisherigen Er 
fahrungen mit älteren Zwangswirtschaftsstzstemen, die wir aus der 
Geschichte genau genug kennen, mit völliger Sicherheit zu sagen, 
daß die höchste L e i st u n g nur auf Freiwilligkeit 
beruht. So find denn in ihrer Ablehnung gegen den Zwang in 
der Landwirtschaft alle Sachkenner einig. Wir wollen nur zwei 
Stimmen aus ganz verschiedenen Lagern anführen. In den 
„Sozialistischen Monatsheften" (2. November 1916) sagt Julius 
Kaliski: „Man darf schon glauben, daß es keine Übertreibung ist, 
wenn einsichtige Landwirte von einem Produktionszwang einen Rück 
gang der Produktionsleistungen erwarten. Eine solche Wirkung 
hätte dabei keineswegs etwa die Ausübung passiver Resistenz zur 
Voraussetzung, sie könnte oder würde wahrscheinlich ohne jede böse 
Absicht der Landwirte eintreten. Zahlreiche Industriezweige können 
sich reglementierenden Eingriffen in die Betriebsführung wesentlich 
leichter anpassen als die Landwirtschaft, in der nicht nur jede Wirt 
schaft unter besonderen Bedingungen arbeitet, sondern in der auch 
eine gedeihliche Tätigkeit in den meisten Fällen von den persönlichen 
Eigenschaften des Wirtschafters abhängig ist, also von Faktoren, 
die die bestausgedachten Verordnungen nicht ersetzen können." Und 
diejenige Stelle, bei der sich die Erfahrungen über die landwirtschaft 
liche Produktion sozusagen zentralisieren, die zugleich in eindring 
lichster Weise seit langen Jahren den Produktionsbedingungen Wissen 
schaftlich nachgegangen ist, die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft, 
erklärt, zum Abschluß des in ihren „Mitteilungen" erfolgten 
Meinungsaustausches über die staatliche Beeinflussung der land 
wirtschaftlichen Produktion, am 26. August 1916 durch den Mund 
ihres Vorstandes: „Zwangsmaßnahmen, welche die Eigenart der 
einzelnen Landwirtschaftsbetriebe nicht berücksichtigen, zerreißen, wie
	        
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