tretenden großen Zuströmung der Bevölkerungsmassen aus
dem Lande in die Stadt ist jede Tätigkeit der Stadtverwaltung
wirkungslos. Indem so das Schwergewicht der Kriegerheim¬
stättenbewegung nicht einseitig auf die Wohnung allein auf¬
gebaut wurde, war es möglich, auch wichtigen anderen Bevöl¬
kerungsproblemen, wie der Frage der Landflucht, der Frage
der Auswanderung und anderen gerecht zu werden. Aber auch
die Kriegerheimstätte in der Stadt, welche uns ja zunächst
angeht, muß durch den großen Gedanken einer richtigen Bevöl¬
kerungspolitik über die Schaffung einer Wohngelegenheit
im engsten Sinne hinaus ausgestaltet werden. Bevölkerungs¬
politisch höchst wichtig ist vor allem die Vorsorge für kinderreiche
Familien. Die eingehende Untersuchung, welche diese Frage
in den letzten Jahren erfahren hat, hat es endgültig klargestellt,
daß es sich hier um ein in der Hauptsache ethisches Problem
handelt.
Geburtenrückgang.
Es ist keineswegs eine Folge ungünstiger Wohnungs¬
verhältnisse, auch nur zum geringen Teile ungünstiger wirt¬
schaftlicher Verhältnisse, sondern vor allem eine Folge gewisser
moralischer Erscheinungen, wenn der Geburtenrückgang in
den Großstädten die erschreckendsten Formen angenommen hat.
Ist doch in Wien die Zahl der Lebendgeborenen von 30*4 aufs
Tausend im Jahre 1902, nach 11 Jahren, im Jahre 1913,
also wohlbeachtet noch vor dem Krieg, auf 17*9 zurückgegangen,
wodurch die Zahl der Geburten in Wien noch hinter der so oft
erwähnten geringen Geburtenzahl Frankreichs zurückgeblieben
ist. Wenn also durch die Wohnungspolitik und insbesondere
durch die Kriegerheimstättenpolitik etwas in der Frage des
Geburtenrückganges erreicht werden soll, so darf man sich keiner
Täuschung hingeben. Nicht um die Schaffung günstiger Woh¬
nungsverhältnisse an sich handelt es sich, sondern um die Besserung
der öffentlichen Moral, welche unleugbar durch die Wohnungs-
übersüllung, das Aftermieterwesen und anderes gelitten hat.
Wenn weiters durch die Verbesserung der Wohnungen keine
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