Volltext: Das Wirken des Prämonstratenserstiftes Schlägl im letzten Jahrhunderte (1818 - 1918)

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nur selten getragen, die Chorherren gingen in Zivilkleidern wie Bürgersöhne. 
Diese Verweltlichung wurde selbst der staatlichen Obrigkeit zu arg. So erließ 
Kaiser Franz 1822 ein Dekret, das allen Ordensgeistlichen seines Reiches strenge 
vorschrieb, nicht weiter in Fräcken und Zivilkleidern auszulaufen, so daß man 
nicht wisse, wessen Standes sie seien. Sie sollten wenigstens einen kurzerr Habit 
tragen und darüber einen Rock von dunkler Farbe; auch die Klausur schärfte dies 
Dekret ein. Alte Herren suchten in Schlägl noch Zucht und Ordnung zu retten; als 
sie starben, war alle Disziplin dahin. Abt Wilhelm Waldbauer erscheint als ihr 
Totengräber. Er war ein schwacher, lässiger Mann, der fast jeden Diener fürchtete 
und sich von den Offizialen (Laien) alle Gewalt entringen ließ. Wem: nur seine 
Herren lustig waren, war er schon zufrieden. So kam es auch, daß öfter bis tief 
in die Nacht in der Kellnerei gezecht wurde, daß man dort an Sonntagen sogar 
während des Gottesdienstes lärmte und die Andacht störte. Das Stift war vielfach 
eine gemütliche Versorgungsanstalt für Linzer Beamtensöhnchen geworden, die 
ohne wahren Berus eingetreten waren. Man kann ohne Uebertreibung sagen: 
im Ordensleben sah Schlägl seit seinen traurigsten Zeiten im 16. Jahrhunderte 
keinen so tiefen Verfall mehr als zu Beginn des 19. Jahrhunderts. 
So stand es um das Stift, als der erste Abt des abgelaufenen Jahrhunderts, 
Adolf Fähtz, gewählt im Oktober 1816, seine Tätigkeit begann. Mit jugend 
lichem Eifer ging er an die Beseitigung der Mißstände. Er wollte nicht nur Stifts 
vorsteher heißen, sondern es auch sein. Er stellte in: Hause wieder Ordnung her 
und besetzte die Pfarreien nach und nach mit würdigen Priestern. Unter ihn: 
zog wieder ein Geist ein, der Bürgschaft gab, daß das Stift seiner Verpflichtung 
in religiöser und wissenschaftlicher Beziehung gerecht bleiben werde. Aber es 
sollte ihm nicht beschieden sein, die große Aufgabe zu vollenden. Hinderlich war 
ihm sein oft zu energisches, schroffes Auftreten. Dies verschaffte ihm wohl Respekt 
bei Dienern und Untertanen, stieß aber viele seiner Brüder ab. Er fand ungeahnte 
Schwierigkeiten und sein Eifer wurde oft verkannt. Dies sowie seine stete Kränk 
lichkeit bewogen ihn, im Jahre 1837 zu resignieren. Sein Streben würdigte 
sein Bischof und persönlicher Freund Gregorins Thomas Ziegler von Linz treffend 
mit der Anerkennung, es sei sein Verdienst, das Stift „so viele Jahre und unter 
so schweren Zeitläuften so hoch und vermögend emporgebracht zu haben". 
Was Abt Adolf begonnen hatte, sollte sein Nachfolger Dominik Lebschy 
vollenden: die Befreiung des Stiftes vom josefinischen Geiste. Fm besten Alter 
stehend, er war 1800 geboren, erfreute er sich trotz seiner unscheinbaren Gestalt 
einer dauernden Gesundheit. Als Gymnasialprofessor in Linz, als Lyzealprofessor 
in Salzburg und Erzieher im gräflichen Hause Thürheim hatte er sich einen weiten 
Blick und weltmännische Manieren angeeignet. Er war persönlich fromm und 
ein Muster in der Beobachtung der Hausordnung und der Ordensbestimmungen. 
Dies ist ihn: um so höher anzurechnen, als er selbst noch die flache, in josefinischem 
Geiste geleitete Erziehung im Generalseminare mitgemacht hatte. Er verleugnete 
auch als Prälat nie den einstigen Philosophieprofessor. Im Gegensatze zu seinem
	        
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