Volltext: Briefe

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An Sigmund Freiherrn von Handel 
Wien, 17. Juni 1836 
Ganz elend ist es ohnehin, daß ich so unerhört lange nicht ant 
wortete, suche aber die Ursache in allen möglichen physischen, 
geistigen Verhältnissen, Lumpereien, Lastern und in allem, was 
Du willst, nur in keinem Mangel an Liebe zu Dir. So eigent 
lich ist die Sache. Jedem Fremden schreibe ich schnell und gleich 
und wenig, jeden Freund vernachlässige ich, denn mit dem will 
ich am Papier wohnen, essen, schlafen, spazierengehen, — 
kurz, recht zu Hause sein - ihn lieben und weit und breit kein 
Ende machen mit Plaudern. Aber allerwege ist immer keine 
Zeit. Man frißt sich erst nach einer halben Stunde so recht hin 
ein und dann muß ich wieder heraus und krumme und gerade 
Linien dozieren und anderes derlei Zeugs; deshalb ängstet's 
mich, wenn ich soll zum Papiere sitzen und nicht unabsehliche 
Zeit vor mir habe, um so tief hineingeraten zu können, als ich 
immer will, sondern immer darauf aufsehen und passen muß, 
daß jetzt die blhr schlägt, und ich abschnappen muß mitten in 
den kordialsten Gefühlen. Daher, wenn ich oft eine Stunde 
oder mehr Zeit hätte, so ist's ja nicht der Mühe wert, anzu 
fangen; denn der Herrliche in der Ferne verdiente ja halbe Ta 
ge ausgeschossen zu kriegen, und dann verpfeif ich die Zeit und 
denke recht wacker an die, an die ich nicht schreibe. Seit ich aber 
diese Schreibfaulheitstheorie heraus habe, seitdem kehre ich 
auch gegen die Praxis aus derselben vor, und lege ein Blatt 
auf den Tisch und schreibe, als wär es nicht wahr, daß ich in 
einer halben Stunde fort muß, und plötzlich fahr ich auf und
	        
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