Volltext: Briefe

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hundert Gulden flogen da in das Haus; und dennoch kann ich 
es nicht lassen, ich gehe alle Male wieder an das Papier, um an 
Dich zu schreiben und breche alle Gelegenheiten vom Zaune, 
um es tun zu können. So habe ich mit dem letzten Antworts 
briefe geflissentlich nicht die Quittung geschickt, um es später zu 
tun und schreiben zu können. Und heute tue ich es und schreibe. 
Leider geht hiedurch auch Zeit für das Malen der hiesigen 
Waldansicht verloren, und ich komme dadurch später nach Hause 
und vor Deine geliebten Augen. Aber diese geliebten Augen 
sollen auch eine Freude an dem Bilde haben, das allein für sie 
entsteht. Ist es nicht töricht, ich alter Mann schreibe an eine 
Gattin, die mir vor neunundzwanzig Jahren angetraut wor 
den war, Liebesbriefe, wie sie kaum ein Jüngling an seine holde 
Braut schreibt. Gott besser's. Aber er wird es hoffentlich nicht 
bessern,und es wird immer ärger werden. Was weiß auch so ein 
gelbschnabliger Jüngling, der in die roten Lippen und in die 
braunen Augen eines Mädchens vernarrt ist, von der Güte, 
Treue, Rechtschaffenheit und Unwandelbarkeit eines Herzens, 
das man neunundzwanzig Jahre haben muß, das recht wie 
Stein und Bein in unser eigenes Herz hineinwächst. Darum 
wird die Liebe in dem noch höheren Alter noch höher werden. 
Ich bitte Dich, sieh auf Deine Gesundheit, bewahre Dein Le 
ben für mich, wie ich das meine für Dich bewahre. Gott hat 
uns in der Gegenseitigkeit unserer Herzen ein großes Glück ge 
geben. Wenn Du, närrisches, wunderliches Weib, nicht „kep 
peltest" (wie ich den Ausdruck habe), weil mein Rockkragen 
verbogen ist, weil ich die alte Weste anhabe, weil sonst etwas
	        
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