Volltext: Briefe

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und Ihre Angehörigen im Frühjahre erwartet. Aber wie be 
trübend es auch sei, es ist ein Naturgesetz, daß Menschen ster 
ben, und haben sie recht gelebt und ihr Alter in Kindern ver 
herrlicht, so sterben sie nicht ganz; denn in den Ihrigen lebt die 
Erinnerung fort, bis sie erst in Enkeln und Urenkeln nach und 
nach auöbleicht. Und so ist es recht, daß die Welt immer als ein 
frisches, ursprüngliches, herrliches Ganze dasteht, als wäre sie 
erst gestern aus dem Haupte des Schöpfers gesprungen 
An Gustav Heckenast 
Wien, Ende Mai 1846 
Liebster, teuerster Freund! 
Ihr Schreiben machte mir wahrhaften Schmerz, weil 
ich Ihren Unwillen, obwohl er nirgends ausgesprochen ist, 
daraus ersah. Ich bin wahrhaftig nicht Schuld. Eine Zöge 
rung von ein paar Tagen, wo mir mein Bruder aus Linz un 
glückselige Gäste zusendete, abgerechnet, habe ich sehr sieißig 
gearbeitet - aber so viel Zeugs läßt schreiben - und nun erst 
das Ersinnen - alles schwebte mir anders, herrlicher vor. 
Sollte ich es so ausarbeiten, wie ich wollte, wäre ich noch nicht 
fertig. In Gottes Namen! mit wahrer Wehmut gebe ich das 
Ding weg. Weiß Gott, ob es so ist, wie ich gerne möchte. Run 
den, abwägen, ändern. Form geben usw... macht unsäglichen 
Zeitaufwand nötig. Zu viel geben, macht wässerig - zu wenig, 
zerhackt. Wo mag die ergreifende, erschütternde Mitte liegen? 
Ich habe keine Zeit, sonst schriebe ich mehr; aber die Post-
	        
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