Volltext: Kleiner Kriegs-Kalender für das Jahr 1918 (1918)

Kell und scharf erklingen die Signalpfeifen der Bools- 
rnannsmaaten, die Anker werden gelichlet und die Feuer unter 
den Kesseln neu aufgefchürt. Offiziere und Mannschaften eilen 
hin und her. Matrosen mit besonders scharfen Augen werden 
rund um die Reeling verteilt, um Ausschau zu halten. In 
schlanker Fahrt dampft die nach Norden. 
Aber der Tag schreitet vor, ohne daß man ein feindliches 
Kriegsschiff erblickt. 
Wie ausgestorben liegt die schier endlose Wasserfläche; nicht 
einmal ein Kandelsdampfer oder Fischersahrzeug ist zu sehen. 
Da heißt es nun Geduld haben, unermüdlich ausschauen und 
die Kampfeslust zurückdrängen. 
Schon steht die Sonne tief im Westen, da endlich zeigt 
sich am nördlichen Korizont ein schwacher Aauchstreifen. 
Scharfe Augen und noch schärfere Ferngläser richten sich 
darauf. 
Der Feind ist nahe, ohne Zweifel. Jetzt gilt es vorsichtig 
zu sein. Dem Keizpersonal wird besohlen, nichts mehr aut dis 
Feuer zu werfen, damit der verräterische Rauch nicht vorzeitig 
die Gegenwart des deutschen Kreuzers verkünde. Gleichzeitig er¬ 
klingt von der Brücke das Alarmsignal. 
Zuerst ein kurzes, wirres Durcheinander, das sich überra¬ 
schend schnell entwickelt; dann hat jeder, vom ersten Osfizier bis 
züm einfachsten Watrosen herab, seinen Posten eingenommen. 
Aus der Brücke steht Kapitän Baumann mit zwei Offizieren; 
beide halten Sprachrohre in den Künden, um Befehle rasch 
weitergeben zu können. 
Größer und deutlicher tauchen nun Masten und Schorn¬ 
steine des feindlichen Schiffes auf. Es ist ein Koloß aus Stahl 
und Eisen, ein riesenhafter englischer Panzerkreuzer, und hinter 
ihm taucht noch ein zweites Kriegsschiff auf, das dem Voran¬ 
dampfenden an Größe kaum nachsieht. 
Gegen diese zwei Riesenschiffe scheint der deutsche Kreuzer 
wenig ausrichten zu können; und der Kapitän erwägt schon, 
ob es nicht vorteilhaft ist, den Rückzug anzutreten und Ver¬ 
stärkung abzuwarten, da erinnerte er sich des Befehles vom 
Admiralschiff, den Feind aufzuhalten und ein Gefecht im Not¬ 
fälle anzunehmen. 
, Dieser Befehl muß ausgeführt werden. Rasch und freudig 
wird er also den ungleichen Kampf aufnehmen, um den Gegner 
festzuhalten, bis Verstärkung eintrifft. 
Zu einem Rückzüge ist es übrigens schon zu spät; denn 
aus dem Buggeschütz des führenden feindlichen Schiffes dröhnt 
ein Schuß über die Wellen, und eine rasch aufgezogene Flagge 
fordert die „R" aus, beizudrehen.
	        
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