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reckte er sich und schüttelte den Kopf. Weg damit, was sollte
ihm das alles! Er gehörte der Gegenwart und ihrem großen
Werk. Die Feinde weiter verjagen, dem Vaterland zum Frieden
verhelfen — nichts sonst! Wenige Minuten später schlief er fest
und traumlos.
Die Gastrolle.
Humoreske von Curt Curti.
Neunundvierzig, fünfzig! Mit einem Gefühl der Be¬
friedigung, das nur der verstehen kann, welcher einmal fünfzig
Kniebeugen mit gestrecktem Holzscheit gemacht hat, warf er
das dicke Scheit auf den Holzstoß zurück und starrte ttefat-
mend, sich den Schweiß von der Glatze wischend, hinunter in
das idyllische Tal, wo von einigen vereinzelten Käufern und
Villen eingefaßt, der kleine See in der Morgensonne blitzte.
Jeden Morgen, und er weilte bereits vierzehn Tage hier,
brachte er dem Götzen Körperkultur ein Opfer dar, bestehend
in einer Schwimmtur rund um den See und darauffolgenden
Kniebeugen oben am Waldrande. Vergnügen machte ihm dies
durchaus nicht, aber wenn man mit fünfunddrsißig die Ent¬
deckung macht, daß die Weste mit jedem Monat runder und
nach vorn gespitzter wird, so muß man unbedingt etwas da¬
gegen tun.
Er steckte sich eine Zigarre an und ließ sich behaglich
auf einem Baumstumpf nieder. Dann machte er zum sound¬
sovielten Male die Beobachtung, daß das Fleckchen Erde, wo
er sich befand, einfach himmlisch sei. Aber der Tag ist lang
und die Unterhaltung war gleich null. Sommergäste waren
noch nicht da und die Bauern verstanden ihn nicht. Mit wem
sollte er also reden? Gott sei Dank, daß heute mit dem Abend¬
zuge seine Frau kommen sollte. Mechanisch fühlte er den
Ehering, der in seiner Westentasche steckte, und ebenso mecha¬
nisch war er im Begriff, ihn an den Finger zu stecken, als
seine Aufmerksamkeit durch eine junge, äußerst fesche Dame ge¬
fangen wurde, die nicht weit von ihm aus dem Walde trat.
Sofort verschwand der Ring wieder in der Westentasche,
wozu soll man sich von vornherein kalt stellen? Die Dame
schien ihn nicht bemerkt zu haben, sonst würde sie wahrschein¬
lich nicht dem etwas kindlichen Vergnügen, ihren Sonnenschirm
in die Kühe zu werfen und wieder aufzufangen, gehuldigt
haben. Da war auch schon das Malheur geschehen. Der
Schirm hing ziemlich hoch oben an einem Buchenaste und war