Volltext: Von Lüttich über Namur nach Maubeuge

wie wir die starke Feste Namur niederzwangen. 25 
Geschützdonner. Die Erwiderungen aus den feindlichen Forts wurden 
sichtlich dünner. Der Tod hielt schon seine Ernte in den furchtbaren 
Massengräbern, wie man solche Forts gegenüber unseren Geschützen - 
von den 42-Zentimeter-Mörsern, die in Tätigkeit waren, ganz zu 
schweigen — mit Recht bezeichnen kann. Solche Erscheinungen be¬ 
leben die siegreiche Truppe ungeheuer. Als wieder die Nacht herein¬ 
brach, reckten bereits die Scheinwerfer in den feindlichen Forts nicht 
mehr ihre Hälse aus. Die Forts waren in der Hauptsache schon 
nach dem achten bis zehnten Treffer Trümmerhaufen, vielleicht ein 
Teil der Besatzung schon wahnsinnig geworden, was gerade in den 
Forts häufiger vorkommt, und unsere Artillerie schoß aus andere 
Ziele. Manches Dorf war noch zu zerstören, vereinzelt sauste vom 
Feind eine Granate zu uns herüber. Dann ging es am folgenden 
Tage für uns auf der ganzen Linie vorwärts. Auch die Artillerie 
schob sich weit vor und spie unaufhörlich weiter verderben. Schon 
hißten die Forts die weiße Flagge. Der Tod überall! Bis zum 
Abend hatte unsere Infanterie sich dicht vor Namur wieder ein¬ 
gegraben. Die Türme, die Zitadelle von Namur grüßten bereits 
herüber, und abermals tobte am Tage ein furchtbarer Artillerie¬ 
kampf! denn um einen solchen handelte es sich in erster Linie bei 
der Belagerung. Aus anderer Richtung suchten uns Granaten und 
Schrapnells aus Namur selbst zu erreichen. Leider traten hier auch 
die ersten größeren Verluste für uns ein. Line Kompagnie besonders 
stand mitten im feindlichen Schrapnellseuer. Die Leute fielen in 
Mengen, ehe die Züge auseinander getrieben werden konnten. Die 
Krankenträger eilten mit ihren Tragbahren hin und her. Der 
Verbandplatz wurde vorverlegt und bekannt gegeben. Wir waren 
mitten in einem heftigen Kampf. 
Die Nacht, die abermals in Schützengräben verlebt wurde, war 
tageshell erleuchtet. Überall brannten die Dörfer lichterloh. AIs 
ich am nächsten Morgen einige Stunden Ruhe in einem Hause suchte, 
zitterte es in allen Fugen durch die Artilleriegeschosse derartig, daß 
an Schlafen nicht zu denken war. An diesem Tage wurde haupt¬ 
sächlich von unserer Artillerie mit Schrapnells auf lebende Ziele ge¬ 
schossen. Unaufhörlich platzten sie in der Luft am Waldesrand und 
streuten ihren Kugelregen wohlgezielt herunter. In manchem Walde 
haben Hunderte von toten und verwundeten Belgiern und Franzosen 
gelegen. Line Granate ging kaum 10 Meter neben mir nieder, 
riß ein Loch, in dem vier Mann Platz finden konnten, krepierte 
aber zu meinem Glück nicht in dem weichen Rübenboden, sonst 
wären wir alle in Stücke gerissen worden. 
In diesem Augenblick erscheint ein feindlicher Flieger. Frech 
zieht er seine Kreise, kaum 300 Meter über uns, um unsere Auf-
	        
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