wie wir die starke Zefte Namur niederzwangen. 21
haben mußte, wurde zur Gewißheit, als wir beim weiteren Einrücken
die Leichen erschossener Franktireurs in wildem Durcheinander an
den Rändern der Straße liegen sahen.
Die innere, nach der Maas zu gelegene Stadt, in die wir kurz
nach Mitternacht einrückten, war vom Brand zum großen Teil ver¬
schont. Die Läden der Däuser waren geschlossen. Rein Licht zeigte
sich. Alles schien in vollkommener Ruhe zu sein. Wir biegen gerade
nach einem freien Platze ein, als unter meinem Pferd ein harter
Gegenstand aufschlägt. In demselben Augenblick erdröhnt ein fürchter¬
liches Machen und Zischen unter mir, Feuerstrahlen schießen knatternd
rechts und links an meinem Pferd empor, das noch einen gewaltigen
Satz in die höhe macht, dann nach der Seite zusammenbricht und
mich zum Teil unter sich vergräbt. Das Platzen dieser Bombe war
offenbar das verabredete Zeichen zum Beginn des Rampfes. Denn
nun begann aus allen Däusern des Platzes ein geradezu ohren¬
betäubendes Schießen auf die Fahrzeuge der Munitionskolonne, die
in kurzen Abständen im Galopp über den Platz eilten, um dieser
gefährlichen Zone zu entrinnen. Man schoß aus allen Fenstern,
Kellerlöchern und Dachluken; man schoß von den Balkons, aus
Schießscharten und aus den halbgeöffneten Haustüren. Rechts und
links neben mir prasselten die Rugeln funkensprühend aus das
Pflaster. Ich versuchte, trotz der heftigsten Schmerzen, die ich infolge
des Sturzes verspürte, meinen Schenkel unter dem Pferd hervorzu¬
ziehen. Ich bildete hierbei für die Franktireurs jedenfalls ein be¬
quemeres Zielobjekt als die im Galopp dahinstürmenden Fahrzeuge.
Endlich gelang es mir, mich freizumachen. Ich versuchte, mich aus¬
zurichten — da fällt aus unmittelbarer Nähe, aus einer Ecke des
Platzes, ein Schuß. Ich sehe den Feuerschein, empfinde eine Er¬
schütterung am Knie und spüre gleich daraus, wie Blut an meinem
Schenkel herunterläuft. Ich raffe mich aus und taumle - begleitet
von einem wüsten Rugelregen, aber begünstigt durch die Dunkelheit
der Nacht - über den Platz nach der Straße, in welcher die Fahr¬
zeuge verschwunden waren und sinke schließlich an der Treppe eines
Gartens zusammen. Da knallt es auch schon hinter dem Gartentor
und links und rechts hinter den Büschen und Bäumen und aus den
Fenstern des Hauses auf der anderen Straßenseite gegen mich. Ich
raffe mich noch einmal auf, schieße mit der Pistole nach den Rich¬
tungen, aus denen ich die Feuerstrahlen leuchten sah, und wanke
auf die Straße, hier höre ich, wie im Galopp ein Munitionswagen
über dis Straße saust. Ich schreie dem Vorderreiter ein »halt!"
zu, die Fahrer reißen die Pferde zusammen - der Wagen steht.
Ich rufe den Kanonieren zu, ich sei verwundet. Sie erkennen ihren
Hauptmann an der Stimme, und während die Rugeln um die Räder