Volltext: Von Lüttich über Namur nach Maubeuge

20 wie wir die starke Feste Namur niederzwangen. 
bezeichnet ist. Der feige Meuchelmord, der hinter jedem Baum, 
hinter jeder Gardine, hinter Kellergittern und Hintertüren lauerte, 
konnte jedoch unsere Truppen nicht aushalten. Einen wahrhaft 
höllischen Empfang bereitete unseren Feldgrauen die Fabrikstadt 
Andenne, an der Maas unweit Namur gelegen. Hauptmann 
Dr. Alexander Berg erzählt über diesen schlimmen 20. August fol¬ 
gendes: 
„Ls war gegen halb 7 Uhr abends, als die leichten Munitions¬ 
kolonnen der Artillerie, die ich führte, etwa 10 Kilometer vor An- 
denne angelangt waren, um sich in die Kolonne der Hauptabteilung 
einzuschieben, wir machten vor einem Dorf, an dem die Landstraße 
nach Andenne vorbeiführt, Rast. Andenne selbst war unseren Blicken 
durch bewaldete Anhöhen entzogen, plötzlich vernahmen wir in der 
Richtung nach Andenne heftiges Gewehrfeuer, das etwa eine Stunde 
lang anhielt und von dem Donner einiger Kanonenschüsse begleitet 
war. Dann wurde es still, wir zogen langsam durch das Dorf, 
vor einzelnen Häusern mit Brunnen standen Trinkeimer. Da wurde 
von vorne der Befehl durch die Truppen weitergegeben: „Nicht aus 
den Brunnen trinken; die Brunnen sind vergiftet." Gleich daraus 
pflanzte sich der weitere Befehl durch die Truppen durch. „Revolver 
heraus, Achtung auf Franktireurs!" Diese Warnung war nur zu 
berechtigt. Denn wenige Minuten später galoppierte ein Unteroffizier 
mit der Meldung heran, daß er mit seinen Leuten aus einem Haus 
beschossen worden sei. Sofort drang die begleitende Infanterie in 
das Anwesen ein, erschoß. die erwachsenen männlichen Einwohner 
und steckte das Haus in Brand. 
Langsam vorrückend näherten wir uns bei einbrechender Nacht 
Andenne. Über dem bewaldeten Höhenrücken, hinter dem die Stadt 
liegen mußte, glänzte in breiter Ausdehnung ein Feuerschein, bald 
stärker, bald schwächer werdend, das sichere Anzeichen eines ge¬ 
waltigen Brandes. Um 11 Uhr nachts waren wir auf der höhe 
angelangt. Da bietet sich unseren Augen ein wunderbar grausiger 
Anblick, vor und in der Maasebene liegt eine brennende Stadt — 
Andenne, brennend an allen Ecken und Enden. Der Brand mußte 
schon stundenlang gewütet haben. Denn von vielen Häusern, ins¬ 
besondere Fabriken, stehen nur noch die Mauern, zwischen denen 
brennende, glühende Balken mit lautem Krachen zusammenstürzen. 
An anderen Stellen, an denen das Feuer besonders günstige Nahrung 
gesunden, lodern die Flammen zum Himmel empor, das furchtbare 
Schauspiel grell beleuchtend. Es war kein angenehmes Gefühl, in 
diese Stadt zwischen brennende Häuser einzureiten, immer gewärtig, 
von glühenden Balken getroffen zu werden. Unsere Vermutung, 
daß hier vor wenigen Stunden ein erbitterter Straßenkampf getobt
	        
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