Volltext: II. Besonderer Theil. (Zweiter Band 1875)

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Regierung ddo 8. April 17r<0. Dass schon früher mit diesen 
Leidenstragödien Misbraueh getrieben worden sei, sehen wir 
aus einem bischöflichen Erlass ddo 9. Juni 1712, welcher be¬ 
sagt, man habe mit Befremden in Erfahrung gebracht, dass in 
den passauischen Landen die Spitäler schlecht administrirt und 
die Gelder zu andern Sachen verwendet werden, dass die zur 
Vorstellung des bittern Leidens Jesu Christi bewilligten Char- 
freitagsprocessionen die beste Gelegenheit zu lasterhaften Wer¬ 
ken seien, die Sonntage durch Arbeit entheiligt, die Zusammen¬ 
künfte in Tabakshäusern, der Verkauf von Obst und Waaren 
während des Gottesdienstes gestattet werde und auch die Stauden¬ 
kirchtage im Schwünge seien; die Pfleger sollten strenge auf 
die Abschaffung dieser Misbräuche sehen. Trotz dieser Ab- 
schaflüngsbefele und des Umstandes, dass der Pfleger dem 
Marktrichter befal, das Passionsspiel abzustellen, wurde es doch 
noch am 13. April 1770 auf einer Bühne aufgeführt, die auf 
dem Marktplatze zu Obernberg aufgeschlagen war. Nachdem 
die Stadt Schärding und der Markt Ried das Spiel schon abbe¬ 
stellt hatten, so verordnete der Pfleger zu Obernberg neuerdings 
die Einstellung desselben bei Strafe von 5 Reichsthalern für den 
Marktrichter und jeden aus dem Rate; worauf sich dieser Ge¬ 
brauch auch wirklich verlor. 
In den Marktrechnungen wird erwähnt, es hätten Knaben 
altem Herkommen nach in den Faschingstagen den Kalbskopf 
ausgerufen; als aber diese Sitte abgekommen, hätten sie später 
in der Kirche den Rosenkranz beten müssen, wofür sie Bier 
und Brod erhielten; die Rechnungen weisen liiefür eine jährliche 
Ausgabe von 50 kr. 
Da zu den heiligen Zeiten auch das Landvolk in grossen 
Massen nach Obernberg strömte, so wurde stets zu Weihnach¬ 
ten und Ostern über Begehren der Bürgerschaft ein Kapuziner 
mit einem Bruder zum Predigen und Beichthören dahin entsen¬ 
det und zwar um 1650 von Salzburg, später von Schärding; 
sie blieben von Laetare (Mitterfasten) bis Quasi modo geniti in 
Obernberg und wohnten im sogenannten Klösterl, einem einstö¬ 
ckigen Gebäude, an dessen Stelle jetzt das Leichenhaus im Fried¬ 
hofe steht, und später im Hause am Kirchsteig, der jetzigen 
keindlischen Beneficiaten-Wohnung. Die Kapuziner assen in 
den Bürgershäusern oder erhielten die Speisen in ihre Wohnung;
	        
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