Volltext: Jugend-Fürsorge in Oberösterreich

2. Abwesenheit des Angeklagten bei der Hauptverhandlung. 
In Jugendsachen darf in Abwesenheit des Angeklagten die Verhand— 
lung nicht durchgeführt werden. 53 J 
8 39, J.G.G., hat eine sehr zweckmäßige Einrichtung geschaffen. Der 
Richter oder Vorsitzende kann in Jugends achen den Beschuldigten während 
einzelner Erörterungen, von denen ein nachteiliger Einfluß auf ihn zu 
vefuͤrchten ist, aus dem Sitzungssaale abtreten lassen. Dies wird sich ins—⸗ 
besondere dann empfehlen, wenn über den Geisteszustand des Jugendlichen 
gesprochen wird oder Nachteiliges über Autoritätspersonen, die eigenen 
Eltern, Lehrer uswp. zur Sprache kommt. 
3. Die Verteidigung in Jugendsachen. 
In Verbrechens- und Vergehensfällen muß dem Jugendlichen für das 
ganze Verfahren ein Verteidiger bestellt werden, wenn er oder seine 
Angehörigen nicht selbst einen bestellt haben; in Uebertretungsfällen für 
die Haupwerhandlung und das sich anschließende Rechtsmittelverfahren, 
wenn der gesetzliche Vertreter an der strafbaren Handlung beteiligt ist oder 
wenn es notwendig oder zweckmäßig ist, entweder wegen der geringen 
geistigen Entwicklung des Beschuldigten oder aus anderen wichtigen 
Gründen; ferner zur Wahrung der Rechte des Jugendlichen bei Ver— 
hängung der Haft, wenn der gesetzliche Vertreter dem Jugendlichen im 
Verfahren nicht beistehen kann. Vor dem Bezgirksgerichte können auch 
andere Personen zu Verteidigern bestellt werden als „Verteidiger in Straf— 
sachen“, insbesondere Organe der Jugendgerichtshilfe. —0 
4. Anklagegrundsatz. 
Begeht jemand eine strafbare Handlung, so obliegt es in den meisten 
Fällen dem Staatsanwalte, bei dem zuständigen Gerichte den Antrag auf 
Beftrafung zu stellen. Delikte, die von Amts wegen verfolgt werden 
müssen, heißt man Offizialdelikte. Es gibt aber auch Delikte, die nicht von 
Amus wegen verfolgt werden, sondern nur auf Begehren eines Beteiligten, 
die sogenannten Privatanklagedelikte. Gemäß 8 34, St.⸗“P.⸗“O., haben die 
Staatsanwälte alle ihnen zur Kenntnis kommenden Offizialdelikte zu ver— 
folgen. Das Jugendgerichtsgesetz hat im 8 30 auch hierin eine Ausnahme 
geschaffen: Von der Verfolgung eines Jugendlichen wegen einer gering— 
fügigen strafbaren Handlung kann der Staatsanwalt unter bestimmten 
Voraussetzungen absehen. Bei Privatanklagedelikten hängt es also ledig⸗ 
lich vom Willen des Verletzten, zum Beispiel des Beleidigten ab, ob er den 
Auntrag auf Bestrafung stellt oder nicht. Nach 8 29, J.-G.⸗G., ist auch 
hierin eine Aenderung eingetreten. Privatanklagen gegen Jugendliche sind 
unzulässig. Solche Delikte kann über Antrag des Beteiligten innerhalb 
der gesetzlichen Frist der Staatsanwalt verfolgen, „wenn das aus päda⸗ 
gogischen Gründen oder um berechtigter, über das Vergeltungsbedürfnis 
hinausgehender Interessen des Verletzten willen geboten ist/.. F 
Wenn bei einem Offizialdelikt der Staatsanwalt die Verfolgung des 
Täters nicht fortsetzt so kann der durch die Tat in seinen Rechten Verletzte, 
der sich als Privatbeteiligter anschließt, statt des Staatsanwaltes die Fort⸗ 
setzung der Verfolgung bei Gericht beantragen (Subsidiaranklage). In 
Jugendsachen gibt es keine Subsidiaranklage. 
Manche Delikte werden zwar von Amts wegen verfolgt, doch muß 
hiezu eine Ermächtigung erteilt werden. Das ist, zum Beispiel bei der 
Eniwendung der Fall. Erteilt der Beschädigte die Ermächtigung nicht, 
so kann eine Verfolgung überhaupt nicht eintreten.
	        
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