Volltext: Jugend-Fürsorge in Oberösterreich

Der Erlaß des Bundesministeriums für Unterricht vom 16. April 
1928, 83. 6214, verlautbart im Amtsblatte „Volkserziehung“ unter Nr. 40, 
Seite 91, erörtert, welche Unterrichtsbehörden zur Antragsstellung 
berechtigt sind. 
„Bei der Handhabung des 8 12 des Preßgesetzes vom 7. April 1928, 
B.G.«Bl. Nr. 260, haben sich wiederholt Unklarheiten und Schwierig— 
keiten dahin ergeben, welche Unterrichtsbehörden zur Antragstellung im 
Sinne dieses Gesetzes berechtigt sind. Im Einvernehmen mit dem 
Bundeskanzleramt wird hiemit festgestellt, daß: —A 
a) in Wien die Ortsschulräte und der Stadtschulrat —2 
b) im Burgenland die Schulstühle, die Bezirkshauptmannschaften und 
der Landeshauptmann und I 
in den übrigen Bundesländern die Ortsschulräte, die Bezirks-(Stadt-) 
schulräte und die Landesschulräte; im ganzen Bundesgebiet überdies 
auch noch das Bundesministerium für Unterricht als oberste Unter— 
richtsbehörde antragsberechtigt erscheinen. 
Die Landesschulbehörden werden zur eigenen Darnachachtung und 
zur entsprechenden Verständigung der nachgeordneten Behörden darauf 
aufmerksam gemacht, daß die bei der Preßbehörde (8 7, Preßgesetz) ein— 
gebrachten Anträge, daß bestimmte Druckwerke oder Druckwerke bestimmter 
Art von jeder Verbreitung an Jugendliche ausgeschlossen werden sollen 
und ihr Vertrieb durch Straßenverkauf oder Zeitungsverschleißer über— 
haupt untersagt werden soll, entsprechend dahin zu begründen sind, durch 
welche Stellen sie nach Auffassung des Antragstellers das sittliche Wohl 
der Jugend gefährden. Den eingebrachten Anträgen wäre tunlichst auch 
ein Abdruck der beanständeten Schrift anzuschließen.“ . 
8* 13 des Preßgesetzes weist die Bestrafung der Uebertretung einer 
Anordnung nach 8 12 den Sicherheitsbehörden zu. 7—* 
Es ist vielleicht nicht unangebracht, in diesem Zusammenhange auch 
von der Zensur zu sprechen. Der Beschluß der provisorischen National— 
versammlung vom 30. Oktober 1918, St.G.-Bl. Nr. 3: „Jede Zensur ist 
als dem Grundrecht der Staatsbürger widersprechend als rechtsungültig 
aufgehoben“, gilt gemäß Artikel 149 des Bundes-Verfassungsgesetzes als 
Verfassungsgesetz. Es ist im 8 1 des Preßgesetzes ausdrücklich erklärt: 
„Die Freiheit der Presse ist gewährleistet. Sie unterliegt nur den Be— 
schränkungen, die durch dieses Gesetz bestimmt sind.“ Gegenwärtig ist der 
Rechtszustand folgender: 
8 26, Preßgesetz: 
(4) Von jedem Druckwerk, dessen Umfang drei Druckbogen nicht über— 
steigt und von jeder Nummer einer Zeitung hat der Drucker mit Beginn 
der Verbreitung je ein Pflichtstück bei dem Staatsanwalt und bei der 
Sicherheitsbehörde (85 7) des Erscheinungsortes, wenn aber der Erschei— 
nungsort im Ausland liegt, bei dem Staatsanwalt und der Sicherheits— 
behörde des Druckortes abzuliefern. Wird das Druckwerk im Ausland 
gedruckt, so trifft die Verpflichtung den Verleger, bei Zeitungen den 
Herausgeber. 
) Zeitungskorrespondenzen, die nur an Zeitungen abgegeben 
werden, und Druckwerke nach 8 15, Abs. 2, sind von der Ablieferung 
befreit. 8 15, Abs. 2: „Druckwerke, die nur dem Verkehr, dem häuslichen 
oder geselligen Leben oder gewerblichen Zwecken dienen, weiters Stimm— 
— 3 
2Afk
	        
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