Volltext: Die Sanitätsverhältnisse der Landeshauptstadt Linz und der eventuelle Einfluss einer Wasserleitung auf dieselben

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möglichen Abfälle verunreinigten Flusse ihr Trinkwasser bezogen haben, wurde in; 
Laufe der Jahre wiederholt von ebenso ausgebreiteten als heftigen, ja geradezu mörde¬ 
rischen Typhusepidemien heimgesucht, insbesondere war dies der Fall in den Jahren 
1832, 1836/37t 1H46/|7, 1856. Schon im Jahre 1854 wurde von Seite des Referenten, 
als damaligen Bezirksarztes, die Beschaffung von Trinkwasser aus einer nahe gelegenen, 
vorzügliches Wasser liefernden Quelle in Anregung gebracht, und erst nach Überwindung 
vieler Hindernisse nach 2ojähriger Bemühung, nämlich im Jahre 1874 gelang es, diese 
Leitung zustandezubringen. 
Nach dem Berichte des von 1874 bis inclus. 1880 in Kirchdorf stationirt 
gewesenen Bezirksarztes Dr. Schuster ist seither eine Typhusepidemie daselbst nie 
mehr vorgekommen; die* Typhuserkrankungen traten nur in ganz geringer Zahl und 
nur sporadisch auf, aber in der ganzen Gemeinde, und nicht wie früher fast aus- 
schliesslich in den an der Krems liegenden Häusern und Werkstätten. 
Auch dem einfachsten Arbeiter ist es jetzt zweifellos klar, dass nur die Ein¬ 
führung der Wasserleitung und das gänzliche Aufgeben des Trinkens von Kremswasser 
diese Besserung bewirkt hat, und selten wohl ist die Ansicht, dass der Typhus durch 
Trinkwasser-Infection entsteht und sich verbreitet, so klar und für Jedermann ersichtlich 
bewiesen worden, als wie in Michldorf. 
Allein auch gänzlich abgesehen von dem allerdings nur indirecten Beweiswerthe 
dieser Ausführungen geben die Gegner der Trinkwasser-Theorie selbst zu und betonen 
dies bei jeder Gelegenheit, dass ein gutes Trinkwasser zu den unerlässlichen Lebens¬ 
bedingungen gehöre. 
So sagt v. Pottenkofer in seinen „Bemerkungen zu Dr. Buchanans Vortrag in der 
Medical Times vom Jahre 1870”: 
„So sehr sich unsere theoretischen Anschauungen über die Wirkungen von Trink¬ 
wasser und Canalisirung widersprechen, so vollständig und gerne stimme ich mit Buchanan 
überein, was den Werth eines guten Trinkwassers und guter Canalisation für die prak¬ 
tische Hygiene überhaupt betrifft. Wasser, Luft und Boden in unseren Wohnungen 
möglichst rein zu halten, hat, abgesehen von einzelnen specifischen Krankheiten, einen 
leicht verständlichen allgemeinen Werth, der unsere Gesundheit im Kampfe mit jeder 
Krankheit stärkt, und diesen Werth müssen wir höher anschlagen, als wenn uns reines 
Trinkwasser nur gegen ein paar zeitweise specifische Infectionen sicherstellen würde.” 
Derselbe Autor spricht sich in dem bereits erwähnten, an den Bürgermeister 
Dr. Harrer in Salzburg aus Anlass der Einleitung des Fürstenbrunnens gerichteten 
Schreiben also aus: „ln dem Umstande, dass das Wasser des Fürstenbrunnens auf 
seinem Ursprungswege so wenig mit Schichten in Berührung kommt, in welchen sich 
organische Substanzen zersetzen, liegt eine gewisse Garantie, dass der Stadt Salzburg 
mit diesem Wasser möglichst wenige organische Keime zugeführt werden, welche, sei 
es im Magen oder im Blute der Einwohner als Trinkwasser, sei es in den Häusern 
und Zimmern als Nutzwasser, Unheil für die Gesundheit veranlassen können. Sie 
können daher, der noch immer herrschende wissenschaftliche Streit in der Trinkwasser¬ 
frage mag wie immer entschieden werden, getrost in die Zukunft sehen. Ihre ganze Stadt 
wird aus dem Fürstenbrunnen Gesundheit trinken.M (Siehe Bericht des Bürgermeisters 
Dr. Harrer über die Gemeindeverwaltung der Landeshauptstadt Salzburg von 1872 bis 1875.) 
Hieran mag sich eine Bemerkung von Dr. Lievin über die Mortalität der Stadt 
Danzig anreihen. 
Nach ihm liegt der vorzüglichste Gewinn, den die sanitären Einrichtungen (Wasser¬ 
leitung und Canalisation) gebracht haben, nicht in der Beschränkung einzelner weniger 
bestimmt charakterisirter Krankheiten, sondern darin, dass sie im hohen Grade 
die \\ iderstandsfähigkeit der Bewohner gegen die kleineren häufigeren Angriffe auf 
ihre Gesundheit und ihr Leben gesteigert, dass sie das allgemeine Siechthum der 
Bevölkerung wesentlich gemindert haben. Dieser Gewinn ist jedenfalls höher anzu- 
schlagen, als wenn die eine oder die andere Krankheit durch die sanitären Einrich¬ 
tungen ganz ausgerottet worden wäre. 
Nach diesen mehr allgemein gehaltenen Ausführungen müssen wir auf die Frage
	        
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