Volltext: England, der Feind [16]

baupolitik als „Gefahr" in den Vordergrund. Die deutsche Flotte 
werde lediglich gebaut, um eines Tages einen Angriffskrieg gegen 
Großbritannien zu führen, mit dem letzten Ziel einer deutschen 
Invasion auf englischem Boden. Diese „deutsche Gefahr" und 
die „deutsche Invasion" sind viele Jahre in der Presse beider 
Länder so ausgiebig besprochen, behauptet und in Abrede gestellt 
worden, daß darüber wohl keine eingehende Erörterung notwendig 
ist. Es liegt ja auf der Äand, daß die deutsche Flottenpolitik 
ein solches Ziel schon deshalb nicht haben konnte, weil es unerreichbar 
war. Zu einem Angriffskriege gegen Großbritannien brauchte 
man eine Äbermacht zur See, oder mindestens eine gleichstarke 
Flotte. Einen solchen Angriffskrieg mußte man ferner auch 
gegen Frankreich, Rußland und Belgien führen, also einen Kampf 
auf Leben und Tod gegen ganz Europa beginnen. Einen solchen 
Angriffskrieg gerade von dem Deutschen Reiche zu behaupten, 
dessen Politik stets das defensivste von der Welt war, hätte schon 
an und für sich absurd erscheinen müssen. Die meisten englischen 
Politiker und Fachleute haben die deutsche Gefahr und an das 
Invasionsgespenst in diesem Sinne auch niemals geglaubt. Woran 
sie glaubten, das war das Kommen eines europäischen Krieges 
über kurz oder lang zu einem ihnen nützlich erscheinenden Zeit¬ 
punkte. Am dieses Ziel zu erreichen, arbeitete die Tripleentente, 
immer unter Führung Englands, auf Schwächung österreich- 
Angarns, auf Zerrüttung der Türkei, auf Angliederung Rumäniens, 
Bulgariens und Griechenlands, Italiens und Spaniens an die 
Tripleentente hin. Man kannte die Stärke des Deutschen Reiches 
und wollte es nach Möglichkeit isolieren. Aber warum das 
alles, wird der Leser fragen, das Deutsche Reich wollte doch 
niemand seinen Besitz und sein Recht rauben; was war der 
Grund dieser so einmütig feindlichen Politik? 
Die Antwort ist immer die alte: England erblickte im 
Deutschen Reiche und in dessen Zukunft eine wachsende Gefahr 
für seinen Handel, im weitesten Sinne verstanden. Nicht der 
deutsche 5)anbei allein, nicht die deutsche Industrie allein genügte 
zur Erzeugung dieser Besorgnisse, die deutsche Macht auf dem 
Festlande und die Heranwachsende deutsche Seemacht kamen dazu. 
Großbritannien fürchtete, daß sein Einfluß auf die Festland¬ 
angelegenheiten abnehmen und mit der Zeit ganz verschwinden, 
daß es nach einiger Zeit nur noch eine seehandeltreibende Insel- 
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