König Eduard von England wollte den Krieg nicht und hat
zeitweise wohl manches getan, um keinen Krieg werden zu lassen.
Ob das ein Glück oder Anglück war, kann dahingestellt bleiben.
In den Jahren 1905 und 1906 wäre ein Festlandkrieg wahr¬
scheinlich in sehr kurzer Zeit völlig zugunsten Deutschlands ent¬
schieden gewesen, denn Frankreich war nicht bereit und schwach,
Rußland aktionsunfähig und Großbritannien nicht imstande, auch
nur nennenswerte Streitkräfte auf das Festland herüberzuwerfen.
Die deutsche Flotte hätte man allerdings preisgeben müssen, und
eine englische Blockade der deutschen Küsten wäre sicher gewesen.
Ob diese Nachteile aber den ungeheuren Vorteil eines schnellen
siegreichen Festlandkrieges ausgewogen hätten, könnte man mit
Fug bezweifeln. Einige Jahre später, anläßlich der sogenannten
bosnischen Krisis, standen die Dinge ähnlich. Rußland war auch
damals nicht aktionsfähig, Frankreich auch damals nicht bereit.
Deutschland vertrat die berechtigten Ansprüche Osterreich-Angarns,
und die Tripleentente wich zurück, weil sie sich den Anforderungen
des Krieges nicht gewachsen fühlte. Im übrigen war in den
Jahren 1905 an die Politik des Deutschen Reiches eine solche
der Nachgiebigkeit oder des Hinhaltens in allen Fragen, welche
sich nicht von vornherein als Fragen des Lebens und der Ehre
darstellten. Das galt auch nach der bosnischen Krisis in der
letzten Marokkospannung, welche durch die Namen „Panther"
und „Agadir" gekennzeichnet wurden.
Die britische antideutsche Koalitionspolitik wollte also an
sich nun als Ziel den Krieg nicht. Was sie wollte, war die
Einschüchterung, und in weiterer Folge Niederhaltung Deutsch¬
lands. Das Deutsche Reich und Volk und seine Leiter sollten
bei jedem Versuche wirtschaftspolitischer Expansion, oder der
Absicht eines kolonialen Anternehmens sofort spüren, daß es sich
um eine Frage von Krieg oder Frieden handle, und sich dann
die Frage stellen, ob man dafür den europäischen Krieg auf sich
nehmen wollte. Das haben wir im Laufe des letzten Jahrzehntes
ein über das andere Mal erfahren, mochte es sich um marok¬
kanische Fragen handeln oder um orientalische, um den Wunsch
nach eigenen deutschen Kohlenstationen für Schiffe, sei es hier
oder dort, immer trat die Tripleentente geschloffen auf, immer
hieß es, ganz Europa müsse sich den deutschen Weltherrschafts¬
plänen geschloffen widersetzen. Die Seele dieser anti-
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