Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Erster Band. (1,1917)

Die Schlacht an den masurischen Seen 
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brachte. Als am 10. September Rennenkampfs Rückzugsbefehl eintraf, 
war die Verstrickung so eng, daß die Russen sich nur mit großen Opfern 
freimachen und in der Richtung auf Insterburg enteilen konnten. 
Am 12. September focht das I. Reservekorps schon mit der 72. In¬ 
fanteriebrigade bei Tutschen und Groß-Tullen nordöstlich von Gumbinnen, 
und am 13. September schlug General v. Below sein Hauptquartier bereits 
in Willuhnen, nordwestlich von Schirwindt, dicht an der russischen Grenze auf. 
Die Königsberger Hauptreserve hatte bis zum 10. September bei Labiau 
und Tapiau an der Deime gefochten. Als auch hier der Rückzug der Russen 
begann, bekam sie den abziehenden Feind am 12. September noch einmal 
bei Tilsit zu fassen. Die russische Besatzung von Tilsit hatte gegen Norden 
Front gemacht, um die von dem See her erwarteten Flankenunternehmungen 
abzuwehren, und fühlte sich nun im Rücken gepackt. Nach kurzem Wider¬ 
stand siüchtete alles, was nicht die Waffen streckte, aus der Stadt, die drei 
Wochen russisches Regiment ertragen hatte. In Auflösung eilte die Armee 
Rennenkampf über Insterburg—Gumbinnen und Tilsit der Grenze zu. Von 
Infanterie, Artillerie und Kavallerie verfolgt, erreichte sie unter fortgesetzten 
Kämpfen und Verlusten das rettende Kowno. Auf dem Schlachtfeld und 
auf der Flucht fielen 30000 Gefangene und 150 Geschütze in die Lände 
der Sieger; die blutigen Verluste lassen sich auf 40000 Mann schätzen. 
Während der letzten Verzweiflungskämpse des umfaßten russischen 
Flügels, der zwischen den Seen, der Nominte und der Angerapp erdrückt 
wurde, versuchte die Grodnoer Reservearmee immer wieder Entsatz zu bringen 
und bei Lyck und Marggrabowa in den Rücken der deutschen Armee einzu¬ 
brechen. Am 11. September erneuerte der tatkräftige Führer dieser russischen 
Kampfgruppe seine Angriffe mit verstärkter Wucht. Die 3. Reservedivision 
v. Morgen und die Landwehrdivision v. d. Goltz sahen sich genötigt, das 
letzte Gewehr in die Feuerlinie zu bringen, um dem Andrang zu wehren. 
Die Russen griffen todesmutig an, waren aber trotz ihrer Überzahl dem in 
jeder Beziehung höherstehenden Gegner nicht gewachsen. Gewitter zogen 
über die Wälder, schwere Regengüsse gingen nieder^ Nebel verdeckten die 
Aussicht und machten die Tätigkeit der Flieger zunichte. Der preußischen 
Landwehr ging das Wasser in den Schützengräben bis über die Knie, doch 
hielt sie unerschütterlich aus. In der letzten Not wurde die Feste Boyen bei 
Lötzen um Unterstützung ersticht. Ein paar Besatzungskompagnien war alles, 
was dort aufgeboten werden konnte. Als der Pfiff der Lokomotive ertönte, 
die diese schwache Unterstützung heranbrachte, brachen die Russen den Kampf 
ab. Feuernd gingen sie am 13. September auf Offowiez und Suwalki zurück, 
Ihr Flankenstoß war abgewehrt und zudem gegenstandslos geworden, 
denn die Hauptmasse der Njemenarmee wälzte sich schon flüchtend über 
Gumbinnen und Tilsit nach Kowno und Wilna. Die Bobr- und Njemen- 
festungen öffneten ihre. Tore und nahmen die geschlagenen Truppen auf.
	        
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