Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Erster Band. (1,1917)

Die ersten Kämpfe in Ostpreußen 
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Verbindung mit der Armee, die General Samsonow bei Warschau zu- 
sammenzog, aufrechterhalten. Dort wurden das I., XIII., XV., das XXIII. 
und VI. Korps als 2. Armee im Mündungswinkel von Weichsel und Narew 
versammelt und auf den Pariser Notschrei hin zu einer Vorbewegung be¬ 
stimmt, die der strategischen Linie Warschau—Mlawa folgen, bei Soldau 
und Neidenburg die Südgrenze Ostpreußens überschreiten und auf Osterode 
und Allenstein ins Lerz der Provinz eindringen sollte. 
Der Plan Nikolais war vortrefflich. Es war ein konzentrischer An- 
griff, der je nach den Maßnahmen des Gegners abgewandelt werden konnte. 
Stellten sich die schwachen deutschen Streitkräfte, die sich die oberste deutsche 
Leeresleitung für den östlichen Kriegsschauplatz abgespart hatte, zwischen 
Alle und Ailgerapp zum Kampf, so konnten sie wie zwischen zwei Mühl¬ 
steinen zermalmt werden. Wichen sie hingegen nach Königsberg aus, so 
mußten sie mit der Festung in die Land des Belagerers fallen. Da die 
1. Armee allein 6 Korps und 6 Reservedivisionen zählte, so war im Falle 
eines Rückzugs der deutschen Ostarmee auf Königsberg die 2. Armee in 
der Lage, gegen die Weichsellinie vorzugehen und dem „Marsch auf Berlin" 
die Bahn zu bereiten, ohne sich der Bedrohung durch die Thorner Flanken¬ 
stellung auszusetzen. 
Der Aufmarsch der russischen Armeen vollzog sich hinter einem dichten 
und undurchdringlichen Schleier von Grenztruppen und Kosaken. Die Welt 
horchte angestrengt nach Westen, wo die ersten Kriegswochen durch die 
Eroberung Lüttichs, die Kämpfe im Elsaß und den sichtbar sich vorbereitenden 
Zusammenprall weit ausgespannter Leere mit dramatischer Spannung 
und Bewegung erfüllt wurden. Dort schien sich rasch und sicher das Schicksal 
zu entscheiden. Die strategischen Operationen, die die Österreicher über 
Kielee an die Opatowka und über den San nach Krasnik und Zamosc führten, 
wo die ersten großen Schlachten des Ostens geschlagen wurden, waren weit 
weniger sichtbar. 1 Der Widerhall dieser Kämpfe klang dumpf und verworren 
aus umwölkter Ferne. ( Nur Wien und Angarn wußten, was dort auf dem 
Spiel stand. Osterreich-Angarns Lauptstreitkräfte lagen vom 25. August 
bis 11. September in erschöpfendem Ringen mit dem großen Einfallsheere 
der Russen, nachdem die Zeit vom 2. bis 21. August mit Raufereien der 
Deckungstruppen ausgefüllt worden war. 
Äber dem nordöstlichen Kriegsschauplatz aber lag nahezu vollständiges 
Schweigen. 
Die ersten Kämpfe in Ostpreußen 
Die ersten Augusttage gingen ins Land, ohne daß die seit Jahren an- 
gedrohte Sintflut ungezählter russischer Schwadronen und Sotnien sich 
über Ostpreußen ergossen hätte. Nur das Geplänkel litauischer Dragoner und
	        
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