Volltext: Branntweinwirtschaft und Volksernährung [30]

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Trotz aller Kriegserfahrungen wird man demnach der Zukunft 
des landwirtschaftlichen Brennereigewerbes ein allzu ungünsti 
ges Horoskop nicht zu stellen brauchen. Auch weiterhin wird es lebens 
fähig bleiben. Das ist nur zu begrüßen. Denn wie man auch 
darüber denken mag, ob die Verwendung von Kartoffeln zur Brannt 
weinbereitung volkswirtschaftlich nützlich sei oder nicht, das einzelne 
Brennereigut ist in seiner ganzen Wirtschaftsführung darauf ein 
gerichtet und auch in seinem Ertragswert dadurch bestimmt. Eine 
Beseitigung der landwirtschaftlichen Brennereien würde daher für 
eine große Zahl von Betrieben eine Umwälzung zur Folge haben, die 
unausbleiblich zu schweren Erschütterungen führen müßte. Doch selbst 
wenn man einwenden will, daß das Schädigungen seien, die 
der einzelne für höhere Wohlfahrtszwecke zu tragen habe, so 
würde doch mit der Beseitigung der landwirtschaftlichen Brennereien 
ein Wirtschaftszweig der Landwirtschaft verloren gehen, der eine 
Bereicherung der Betriebsführung bildet. Die Brennereiwirtschaft 
trägt dazu bei, der Landwirtschaft die Einseitigkeit eines Saison 
gewerbes zu benehmen. Die Brennereien arbeiten in der für die C 
Feldarbeit toten Zeit und verhelfen damit der Betriebsführung zu 
einer besseren Arbeitsverteilung. Das ist ein Vorteil von hohem 
Werte, der vielleicht im einzelnen nicht genau zu wägen ist, dessen 
Fortfall sich aber doch ungünstig bemerkbar machen würde. 
Wahrscheinlich noch lebhafter als die bisher behandelten Ge 
genstände wird den Gesetzgeber und die öffentliche Meinung die 2 
Frage beschäftigen, ob die im Kriege geschaffene Organisation « 
der zentralisierten Erfassung des Branntweins in die z 
Friedenswirtschaft übernommen werden soll. Ihre Einrichtung be- § 
deutet im Vergleich zum früheren Friedenszustande insofern eine x 
Verbesserung, als nunmehr die gesamte Erzeugung zusammengeschlossen ; 
ist und die Spiritus-Zentrale zum Ausführungsorgan einer Reichs- s 
stelle geworden ist. Damit ist erstens der kräftevergeudende Kampf s 
zwischen der Spiritus-Zentrale und den Außenseitern aus der Welt « 
geschafft, und zweitens ist durch die Mitwirkung der Reichsstelle der 1 
Gefahr vorgebeugt, daß in der Politik der Spiritus-Zentrale ein- j 
seitige Interessen zur Herrschaft kommen können. 
Es wird auch zu erwägen sein, ob nicht noch ein Schritt 
weiter gegangen und die Branntweinwirtschaft zu einem Staats- i 
Monopol gemacht werden soll. Die ganze bisherige Entwicklung
	        
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