Volltext: Branntweinwirtschaft und Volksernährung [30]

Die Verarbeitung von Zuckerrüben zu Spiritus hat ers, i» 
der Kriegszeit größeren Umfang angenommen. Vorher wurde das 
dadurch verhindert, daß die Zuckerrüben nicht zu den Früchten ge 
hörten, die in landwirtschaftlichen Brennereien verarbeitet werden 
durften. Technisch ist die Zuckerrübe ein durchaus geeigneter Roh 
stoff für die Branntweingewinnung. Zwar ist die Spiritus-Ausbeute 
geringer als bei Kartoffeln (von 5 Ztr. Zuckerrüben wird durchschnitt 
lich nur so viel gewonnen wie von 4 Ztr. Kartoffeln), doch ist der 
Hektarertrag mehr als doppelt so groß und der Preis bedeutend 
niedriger. Auch die Rübenschlempe hat ausgezeichnete Eigenschaften. 
Indes ist die Rübenverarbeitung hintangehalten worden, um die Zucker 
gewinnung nicht zu beeinträchtigen. Ohne Frage wird man auch nach 
dem Kriege gerade auf Grund der gemachten Erfahrungen, die den 
breiten Volksschichten zum Bewußtsein gebracht haben, ein wie 
wertvolles Nahrungsmittel Zucker ist, eine reichliche Zuckererzeugung 
wünschen müssen. Die Aufnahmefähigkeit der deutschen Bevölkerung 
für Zucker hat sich als so steigerungsfähig erwiesen, daß es als sehr 
wohl möglich erscheint, die gesamte deutsche Zuckererzeugung der 
heimischen Nahrungsmittel-Versorgung nutzbar zu machen, zumal noch 
Jahre vergehen werden, ehe diese Erzeugung wieder auf die frühere 
Höhe gebracht sein wird. Wenn freilich wieder der Zustand eintreten 
sollte, daß nahezu die Hälfte des Zuckers ausgeführt werden muß, 
dann stände vom Standpunkte der Ernährungswirtschaft aus der 
Verarbeitung der Zuckerrüben zu Branntwein eigentlich nichts im 
Wege. Es iväre zu erwägen, ob, unter diesem Gesichtswinkel be 
trachtet, es nicht vorteilhafter sei, für den heimischen Bedarf Zucker 
rüben in Branntwein undFutterschlempe zu verwandeln, als Zucker 
an das -Ausland abzugeben. 
Melasse wurde im Frieden bis auf verhältnismäßig kleine 
Mengen, die gebrannt wurden, auf Zucker verarbeitet oder als 
Futtermittel benutzt?) Gerade als Futtermittel hat die Melasse im 
Kriege gute Dienste geleistet. Es spricht alles dafür, sie dieser Be 
stimmung zu erhalten. Wenn im Betriebsjahre 1916/17 davon ab 
gewichen und Melasse in großen Mengen zu Branntwein verarbeitet 
worden ist, geschah es, weil die Notlage dazu zwang. In Zukunft 
wird ihre Hauptaufgabe darin bestehen müssen, dem in Deutschland 
herrschenden großen Mangel an inländischen Kraftfuttermitteln auf 
zuhelfen. 
9 Vgl. Ludwig Wilkening, Die Herstellung von Spiritus aas 
Melasse und Guano! aus Melasseschlempe. Hannover 1916.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.