Umbau zu einem Armenhause für arme, einheimische
Israeliten zu widmen.
Auf Ersuchen der Kultusgemeinde nimmt die Be¬
zirkshauptmannschaft eine Abgrenzung der Gemeinde¬
bezirke Teplitz und Soborten in der Weise vor, daß,
da die Städte Teplitz und Turn einander zugewachsen
sind, die Ortschaften rechts der Dux-Bodenbacher
Bahn und die Stadt Turn bis zum Flößbache zur
Teplitzer Kultusgemeinde gehören.
Das Jahr 1890 hatte das neue Kultusgesetz ge¬
bracht, welches eine Änderung der Gemeindestatuten
notwendig machte.
Unter dem am 17. November 1890 neu gewählten
Vorsteher Dr. Willner — Vertreter war Ed. Rindskopf,
Tempelvorsteher Philipp Spitz und M. T. Taussig —
wurde 1892 eine Vergrößerung des Friedhofsgrundes
durchgeführt, ein Teil davon für den angrenzenden
protestantischen Friedhof käuflich abgegeben, ein
Friedhofsfond gegründet und zur leichteren Beglei¬
chung des Grundpreises verkäufliche Familiengrüfte
vorgesehen.
Die Verhandlungen über den Verkauf des Sofien¬
bades, dessen Pacht seit Jahren Scheuer inne hatte,
für 30.000 fl. an die Stadtgemeinde sind vorderhand
resultatlos, da die Stadtgemeinde die Erhaltung der
isr. Schule abstoßen will.
Kantor Kohn wird von dem am 15. August 1893
neu eintretenden Siegfried Kulka aus Kolin in seinem
Amte als Vorbeter und Schächter unterstützt.
Im Laufe der Jahre hatten sich in der Nachbarstadt
Dux eine Anzahl jüdischer Familien angesiedelt und
sich unserer Kultusgemeinde angeschlossen. An den
Feiertagen war durch Moritz Freud, welcher durch
Jahrzehnte sich der Förderung des religiösen Lebens
in Dux warmherzig annahm, ein Privatgottesdienst
eingerichtet, endlich wird im Jahre 1894 ein Betlokal
im Liehmschen Hause gemietet und ein Tempelbau¬
verein dank dem Eintreten Freuds gegründet. Herr
Sternfeld, später Israel Rindskopf, Moritz Mandl und
Samuel Friedl wurden als Lehrer und Vorbeter in
Dux von der Teplitzer Kultusgemeinde angestellt.
Damit war in dieser Filialgemeinde für die religiösen
Bedürfnisse Sorge getragen, bis nach etwa 25 Jahren
mit dem Tode Freuds am 3. Februar 1924 der Gottes¬
dienst aufhörte, zumal der Plan eines Tempelbaues
in Dux nicht zur Ausführung gebracht wurde.
Das religiöse Leben in den jüdischen Familien von
Teplitz war vor 30 Jahren noch reger und gefestigter
als heute. Es berührt uns wehmütig, wenn wir hören,
daß damals noch weit über 100 Parteien den Wunsch
äußerten, zu Sukkoth den Lulab (den Palmzweig) mit
dem Esrog ins Haus gebrächt zu sehen, um in aller
Frühe den Segensspruch darüber sprechen zu können.
— Die Anteilnahme der Gemeindemitglieder an den
Vorgängen in der Gemeinde war eine herzliche.
So nahm die Gemeinde mit dem Vorstand gerne
Anlaß Sanitätsrat Dr. Hirsch zum 25 jährigen Jubi¬
läum seiner Tätigkeit im Badehospital den Dank aus¬
zusprechen, dem Festgottesdienste zur 50 jährigen Be¬
standesfeier des Lokalarmeninstitutes, dessen Rech¬
nungsführer Ernst Bechert seit dem Jahre 1890 war,
in der Synagoge beizuwohnen, den Vorbereitungen
zur feierlichen Begehung des 50 jährigen Regierungs¬
jubiläums des Kaisers, für welches der Vorstand
500 fl. als Fond ausgesetzt hatte, interessiert zu fol¬
gen und der Anstellung des Oberkantors Eugen Da¬
vidsons am 1. Juli 1894 ihre ganze Aufmerksamkeit
zuzuwenden.
Die Gründung des Gemeindebundes, zu welcher
eine Delegation des Kultusvorstandes nach Prag ent¬
sendet wurde, am 13. Juni 1895, erweckte frohe
Hoffnungen auf die Förderung jüdischen Lebens
auch in Teplitz.
Das neue Gemeindestatut war 1896 genehmigt wor¬
den und die erste Wahl nach seinen Statuten brachte
Moritz Taussig die Ehrenstelle des ersten Synagogen¬
vorstehers, der aber kurz darnach 1896 verschieden
ist und in einem Ehrengrab beigesetzt wurde. Hein¬
rich Nettel war der erste, Leopold Kusiener der zweite
Synagogenvorsteher geworden.
Dr. Emil Stein übernahm 1906 die Führung der Ge¬
meinde, Dr. Carl Kraus war sein Stellvertreter.
Um die Verwaltung der Gemeinde zu intensivieren,
wurden Sektionen begründet. Eine Tempelbau-,
Armen- und Finanzsektion, je eine für Rechtsangele¬
genheiten, die Verwaltung des Armenhauses; die Tal¬
mud Thora, Synagoge, Stiftungen, die Realitäten¬
verwaltung ; die Synagoge und der Religions¬
unterricht in Dux werden mit je einer Sektion be¬
dacht. Das Armenwesen, das seit jeher einen nicht
unbedeutenden Teil der Gemeindearbeit und der Aus¬
gaben in Anspruch nimmt und dessen Zentralisie¬
rungsbestreben in früherer Zeit wir schon kennen
lernten, sollte wieder einmal auf Antrag Georg
Blumbergs vereinigt werden. Diese Versuche reichen
bis in die neueste Zeit39).
Unsere Gemeinde, deren Seelenzahl zusehends
wuchs, konnte vor allem an den Feiertagen seit lan¬
gem auch in der neuen Synagoge nicht mehr Platz
finden. Deshalb wurde für die folgenden Jahre im
Kursalon (Kaiserbad) an den hohen Feiertagen ein
Filialgottesdienst eingerichtet, bei welchem ein Kan¬
didat auch die Predigten hielt.
Man mußte auch daran denken, den Andächtigen
den Aufenthalt in der Synagoge während der kalten
Jahreszeit erträglicher zu gestalten. Nach vielen Ver¬
handlungen mit Fachleuten und in der Ratsstube
wurde im Jahre 1905 die Beheizung des Tempels
mittels Dampf durch die Firma Fianz Wagner in
Eger um 10.437 K durchgeführt.
Zur Deckung dieser großen Ausgaben und der
gleichzeitig notwendigen Einsetzung von Doppel¬
fenstern wurde bei der Bank Perutz und Söhne in
Teplitz eine schwebende Schuld von 20.000 K auf¬
genommen, außerdem übernimmt die Gemeinde die
Garantie für ein vom Tempelverein aufgenommenes
Darlehen in gleicher Höhe bei derselben Bank, wel¬
ches zur Deckung der Kosten für die Ausmalung des
Tempels dienen sollte. Denn der Tempelverein hatte
unter dem Vorsitze seines damaligen Obmannes Ernst
Bechert im Einverständnis mit dem Gemeindevorstand
nach vielen mühevollen Unterhandlungen, Sitzungen
und Versuchen schließlich diese Arbeit der Firma
Weygand und Thümel um den Betrag von 27.000 K
übertragen, nachdem eine farbige Skizze vom k. k.
Baurat Stiassny, Architekt Rudolf mit anderen Fach¬
leuten begutachtet und empfohlen worden war.
Das Gotteshaus war durch diesen schönen Farben¬
schmuck eine noch würdigere Andachtstätte ge¬
worden. Die stimmungsvolle, reiche Bemalung der
Innenräume wurde gehoben durch die Bekleidung der
Wände vom Fußboden 85 cm hoch mit rötlichen
Marmorplatten, das Gestühle des Tempels erhielt
neuen Anstrich, das Orgelgehäuse, die Beleuchtungs¬
körper und Luster wurden reich vergoldet, und die
Beleuchtung der hochragenden Kuppel sollte die
Verschönerung der Synagoge krönen. Leider mußte
diese Absicht wegen der mangelnden Tragfähigkeit
des Kuppelgewölbes aufgegeben werden und wurde
erst in neuerer Zeit ausgeführt. Der Tempelverein
hat sich durch diese großartige Leistung ein dauern¬
des Andenken gesichert. Bald darauf dienten die
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