Zur älteren Geschichte der Teplitzer
Jucleiigemeinde.
Teplitz ist eine alte Wohnstätte der Juden. Da die
ältere Geschichte unserer Gemeinde mehrmals dar¬
gestellt ist2), sei nur kurz erwähnt, daß die alte An¬
dachtstätte schon um 1550 bestand 3), daß sie nach
einer alten Überlieferung* von 18 Hausvätern erbaut
worden sei3), daß um die gleiche Zeit ein Friedhof
hinter dem heutigen Theater lag, der im J. 1669 von
der Grundobrigkeit gesperrt wurde, daß sicherlich
auch ein rituelles Bad schon damals vorhanden war;
denn die Tatsache, daß Schwenkfeld t in seiner Be¬
schreibung der Thermae Theplicenses 1607 die Juden¬
tages, nach welchem Juden nur dort wohnen durften,
wo sie bereits 1618 seßhaft waren, wurden sie in Dux,
Komotau, Karlsbad, Eger, Saaz, Bilin, Brüx, Kloster-
grab, Graupen, Karbitz, Trebnitz, Leitmeritz, Tet-
schen, Kamnitz, Bensen und an anderen Orten nicht
geduldet (Rosenzweig, Gedenkbuch) und deshalb
bildete Teplitz die Insel im Meere der Heimatlosig¬
keit. So wird auch die Bitte der Teplitzer Bürger¬
schaft 1667 an die fürstliche Herrschaft um Aus¬
weisung der Juden bis auf 100 verständlicher0).
Erst im 18. Jahrhundert beginnt die Geschichte der
Gemeinde für uns klarere Gestalt anzunehmen, füh-
das Streben nach Angleichung in Sprache und Ge-
bahren an ihre christliche Umgebung. Mehr und mehr
dringt mit zunehmender Bildung die deutsche Sprache
in die Judengasse und in die Gemeindestube ein.
Die Gemeindeberatungen sind allerdings ein klarer
Beweis dafür, daß bei allem Bildungsstreben der Ju¬
den dennoch das religiöse Leben die herrschende
Rolle inne hatte. Den Aufgaben, welche Religion und
Kultus, Ritualinstitutionen und die Obsorge für ihre
Erhaltung der Gemeinde aufbürdeten, gelten in erster
Reihe die Beratungen der führenden Persönlichkeiten.
Die Aufbringung der zur Erhaltung der Gemeinde
notwendigen Mittel, die Erfüllung finanzieller Ver¬
pflichtungen gegen Herrschaft, Stadt und die Be¬
amten und Angestellten der Gemeinde bilden immer
wieder den Mittelpunkt der Beratungen.
Einige Einrichtungen religiöser Art oder solche zu
wirtschaftlichen Zwecken bildeten durch lange Jahr¬
zehnte eine starkbegehrte Einnahmsquelle für die
Gemeinde wie für die Pächter.
Das rituelle Bad, das Schächtrecht, der Fleisch¬
verkauf (der Fleischpardon), der Gemeindebackofen,
und die Aschengrube der Judengasse wurden durch
Versteigerung dem Meistbietenden verliehen.
Doch auch in diesen engen Kreis der Teplitzer Ju¬
dengasse dringen zuweilen die Wellen der großen Er¬
eignisse der Welt und auch in der Beratungsstube der
Judengemeinde finden Kriegsgeschehnisse, Teuerung,
Einquartierungen und Kontributionen ihr Echo. Er¬
eignisse politischer Art und Verwaltungsmaßnahmen
der Regierungen beeinflussen auch die Judenschaft
in ihrer Stellung zur Außenwelt und in ihrem ge¬
meindepolitischen Leben.
Der Tod bedeutender Männer der Gemeinde, die
Einführung geistlicher und weltlicher maßgebender
Persönlichkeiten ins Amt, Ereignisse in der Juden¬
gasse und im Tempel, die allmähliche Einbürgerung
und bürgerliche Gleichstellung der Juden spiegeln
sich in vielen Berichten. Daneben sind tausend
kleine, uns kleinlich anmutende Dinge des Alltags¬
lebens und der Gemeinde Gegenstand der Beratun¬
gen; aber auch der Charakter unserer Stadt als einer
Stadt der Thermen und als Ort wachsender In¬
dustrie, das Aufblühen der Stadt und der Juden¬
gemeinde in ihr, das Eindringen eines großzügigeren
Lebens, das Verweilen hoher Persönlichkeiten in
den Mauern von Teplitz und nicht zuletzt das un¬
aufhaltbare Eindringen neuzeitlichen Denkens in den
Kreis des religiösen Lebens, in Synagoge, Schule und
Haus, die Reform des Gottesdienstes durch Orgel,
Chor, deutsche Predigt, das alles schafft mit den
wachsenden humanitären Aufgaben der Gemeinde
eine Fülle ernster, nicht immer leichterfüllbarer
Arbeit, welche der Gemeinde und ihren Führern
obliegt.
bäder nicht erwähnt, ist kein Gegenbeweis4). Wie
Synagoge und Friedhof, so gehörte das rituelle Bad
zu den Kultuseinrichtungen der Gemeinde. (Auch in
den Statuten der gegenwärtigen Gemeinde ist der
Bestand eines rituellen Bades vorgesehen.)
Zweifellos war schon in früher Zeit für Arme und
kranke einheimische und fremde Juden gesorgt und
vielleicht gab es auch schon ein Spital, denn in spä¬
terer Zeit wird von diesen Einrichtungen als von
selbstverständlichen Dingen gesprochen.
Die Gemeinde war von geistlichen und weltlichen
Führern geleitet, und führte bis zur Mitte des 19.
Jahrhunderts natürlich ein streng religiöses Leben,
bis die neue Zeit auch in die Judengassen ihren Ein¬
zug hielt.
Teplitz erlangte im 17. Jahrhundert, nach dem
30 jährigen Kriege, für die Juden eine große Be¬
deutung, weil es die Zuflucht vieler Ausgewiesenen
wurde.
Nach dem Ausnahmsgesetze des böhmischen Land