Albert Bernard
Tempel (Innenansicht)
Josef Salz
Diesen beiden Dokumenten liegt ein Akt bei, der
folgenden Wortlaut hat:
2lbra£)am Semarb au§ 9îaïolu§, rao^rt^aft in @t. bittet
um ©rrotrfung einer neuen §aufterben)ilfigung.
8Sorfteí)enbe§ mit bent §aufierbucf)e
belegtes ©infcfjreiten ift i)ieramtê am 16. Qämter e. f.
üft. ©. 194 pol eingereicht roorben.
ß. !. be^iriSamt ©taab
ant 25. fanner 1857. Üftupaum.
Die eine Woche nach Einreichung um die Hausier¬
erlaubnis vorgelegten Wohlverhaltungszeugnisse der
fremden Gemeinde beweisen, daß die Familie Bernard
erst kurze Zeit in St. ansässig gewesen sein muß.
4 Jahre später wird auch dem Josef Witt, dessen
Nachkommen heute ebenfalls wie die Nachkommen
Bernards in St. ansässig sind, Hausierer aus dem
Dorfe Rakolus, ein Wohlverhaltungszeugnis ausge¬
stellt, in dem Witt als treu, fleißig, friedliebend, und
mit gebührender Achtung den Behörden gegenüber
geschildert wird. Das Haus „Witt44 in St. hat heute
noch den Rufnamen „beim Samrldas Haus Bernard
„beim Jele(r)66. Der Grabstein des „Samerl44 Witt ist
einer der ältesten am Staaber Friedhof und noch in
hebräischer Schrift gehalten, während die anderen
Steine (mit Ausnahme von zweien) modern und mit
lat. Schriftzeichen versehen sind. Diese drei alten
Steine dürften von einem anderen alten Friedhofe
(die Juden von St. begruben früher nach Piwana) hin¬
gebracht worden sein.
Nach dem J. 1848 kam auch die Familie Salz nach
St. und die bereits abgewanderte Familie Gut¬
freund.
Wie erwähnt, begruben die Staaber Juden früher
ihre Toten nach Piwana, auch nach anderen Ortschaf¬
ten mit Judenfriedhöfen, falls sie aus ihnen stammten.
Seit dem J. 1906 besitzt das Staaber Judentum einen
modernen, gutgehaltenen Friedhof, an der St. Straße
gegen Holeischen, unweit des christl. Friedhofes, ge¬
legen. Um die Erwerbung dieses Friedhofes, wie über¬
haupt um die Organisation der Staaber Juden, hat
sich besonders die Familie Salz größte Verdienste er¬
worben. So waren die früheren Vorsteher der K. G.,
die 1873 entstand, aus dem Salzschen Geschlechte her¬
vorgegangenen (H e r r m a n n Salz, Heinrich
Salz, 1900 bis 1920). Gegenwärtig steht der Gemeinde
Herr Josef Salz, Fabrikant in St., vor (seit 1920).
Diese K. V. erwarben sich besondere Verdienste um
die Beschaffung eines würdigen Tempels, sorgten für
die Berufung von Rlg. und für die moderne Ausgestal¬
tung der J. G. Herr Wilhelm Salz ist als eigentlicher
Gründer des Friedhofes anzusehen. Seiner Arbeit ist
auch die Entstehung eines Wohltätigkeitsvereines zu
verdanken. Weiters gründete er die Ch. K. und ist
Obmann desselben. Aus der Familie Salz sind als wei-
Rb. Moritz Bussgang
tere wichtige Persönlichkeiten hervorzuheben: Der
Gründer der ersten Böhm. Malzfabrik H. Joachim
Salz; dann Dr. phil. Arthur Salz, ein hervorragender
Nationalökonom, Dozent an der Universität Heidel¬
berg (als Verfasser verschiedener anerkannter wissen¬
schaftlicher Werke über Nationalökonomie); H. Wil¬
helm Salz als Gründer der durch H. Ludwig Salz zur
größten und modernsten Ziegelfabrik Böhmens aus¬
gestalteten Salzschen Ziegeleien: die gegenwärtigen
Repräsentanten der heimischen Malzindustrie, die H.
Josef und Oskar Salz.
Die Zahl der der Staaber K. G. angehörenden Ju¬
den betrug i. J. 1930 130 Seelen, davon 28 Steuer¬
zahler. Einnahmen und Ausgaben betragen jährlich
über 12.000 Kc. Zur K. G. gehören der Ger. Bezirk
Staab und Dobrzain mit Ausnahme der Stadt Nür-
schan und einiger weniger Gemeinden.
Nachdem vom J. 1862 angefangen einem jüdischen
B. V. nur ein Bethaus zur Verfügung stand, konnte
i. J. 1882 eine Synagoge erworben werden. Das ein¬
stöckige, schmucklose Haus enthält im ersten Stock
einen würdigen Betraum (daneben einen zweiten,
kleineren). Der Freundlichkeit des H, Rb. Bussgang
verdanken wir die Besichtigung des Gotteshauses und
einige wichtige Angaben.
An kunsthistorisch wichtigen Gegenständen findet
sich eigentlich wenig vor. Einige schöne, getriebene
Messingwandleuchter ausgenommen, ist im Tempel
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Staab 2