Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

Albert Bernard 
Tempel (Innenansicht) 
Josef Salz 
Diesen beiden Dokumenten liegt ein Akt bei, der 
folgenden Wortlaut hat: 
2lbra£)am Semarb au§ 9îaïolu§, rao^rt^aft in @t. bittet 
um ©rrotrfung einer neuen §aufterben)ilfigung. 
8Sorfteí)enbe§ mit bent §aufierbucf)e 
belegtes ©infcfjreiten ift i)ieramtê am 16. Qämter e. f. 
üft. ©. 194 pol eingereicht roorben. 
ß. !. be^iriSamt ©taab 
ant 25. fanner 1857. Üftupaum. 
Die eine Woche nach Einreichung um die Hausier¬ 
erlaubnis vorgelegten Wohlverhaltungszeugnisse der 
fremden Gemeinde beweisen, daß die Familie Bernard 
erst kurze Zeit in St. ansässig gewesen sein muß. 
4 Jahre später wird auch dem Josef Witt, dessen 
Nachkommen heute ebenfalls wie die Nachkommen 
Bernards in St. ansässig sind, Hausierer aus dem 
Dorfe Rakolus, ein Wohlverhaltungszeugnis ausge¬ 
stellt, in dem Witt als treu, fleißig, friedliebend, und 
mit gebührender Achtung den Behörden gegenüber 
geschildert wird. Das Haus „Witt44 in St. hat heute 
noch den Rufnamen „beim Samrldas Haus Bernard 
„beim Jele(r)66. Der Grabstein des „Samerl44 Witt ist 
einer der ältesten am Staaber Friedhof und noch in 
hebräischer Schrift gehalten, während die anderen 
Steine (mit Ausnahme von zweien) modern und mit 
lat. Schriftzeichen versehen sind. Diese drei alten 
Steine dürften von einem anderen alten Friedhofe 
(die Juden von St. begruben früher nach Piwana) hin¬ 
gebracht worden sein. 
Nach dem J. 1848 kam auch die Familie Salz nach 
St. und die bereits abgewanderte Familie Gut¬ 
freund. 
Wie erwähnt, begruben die Staaber Juden früher 
ihre Toten nach Piwana, auch nach anderen Ortschaf¬ 
ten mit Judenfriedhöfen, falls sie aus ihnen stammten. 
Seit dem J. 1906 besitzt das Staaber Judentum einen 
modernen, gutgehaltenen Friedhof, an der St. Straße 
gegen Holeischen, unweit des christl. Friedhofes, ge¬ 
legen. Um die Erwerbung dieses Friedhofes, wie über¬ 
haupt um die Organisation der Staaber Juden, hat 
sich besonders die Familie Salz größte Verdienste er¬ 
worben. So waren die früheren Vorsteher der K. G., 
die 1873 entstand, aus dem Salzschen Geschlechte her¬ 
vorgegangenen (H e r r m a n n Salz, Heinrich 
Salz, 1900 bis 1920). Gegenwärtig steht der Gemeinde 
Herr Josef Salz, Fabrikant in St., vor (seit 1920). 
Diese K. V. erwarben sich besondere Verdienste um 
die Beschaffung eines würdigen Tempels, sorgten für 
die Berufung von Rlg. und für die moderne Ausgestal¬ 
tung der J. G. Herr Wilhelm Salz ist als eigentlicher 
Gründer des Friedhofes anzusehen. Seiner Arbeit ist 
auch die Entstehung eines Wohltätigkeitsvereines zu 
verdanken. Weiters gründete er die Ch. K. und ist 
Obmann desselben. Aus der Familie Salz sind als wei- 
Rb. Moritz Bussgang 
tere wichtige Persönlichkeiten hervorzuheben: Der 
Gründer der ersten Böhm. Malzfabrik H. Joachim 
Salz; dann Dr. phil. Arthur Salz, ein hervorragender 
Nationalökonom, Dozent an der Universität Heidel¬ 
berg (als Verfasser verschiedener anerkannter wissen¬ 
schaftlicher Werke über Nationalökonomie); H. Wil¬ 
helm Salz als Gründer der durch H. Ludwig Salz zur 
größten und modernsten Ziegelfabrik Böhmens aus¬ 
gestalteten Salzschen Ziegeleien: die gegenwärtigen 
Repräsentanten der heimischen Malzindustrie, die H. 
Josef und Oskar Salz. 
Die Zahl der der Staaber K. G. angehörenden Ju¬ 
den betrug i. J. 1930 130 Seelen, davon 28 Steuer¬ 
zahler. Einnahmen und Ausgaben betragen jährlich 
über 12.000 Kc. Zur K. G. gehören der Ger. Bezirk 
Staab und Dobrzain mit Ausnahme der Stadt Nür- 
schan und einiger weniger Gemeinden. 
Nachdem vom J. 1862 angefangen einem jüdischen 
B. V. nur ein Bethaus zur Verfügung stand, konnte 
i. J. 1882 eine Synagoge erworben werden. Das ein¬ 
stöckige, schmucklose Haus enthält im ersten Stock 
einen würdigen Betraum (daneben einen zweiten, 
kleineren). Der Freundlichkeit des H, Rb. Bussgang 
verdanken wir die Besichtigung des Gotteshauses und 
einige wichtige Angaben. 
An kunsthistorisch wichtigen Gegenständen findet 
sich eigentlich wenig vor. Einige schöne, getriebene 
Messingwandleuchter ausgenommen, ist im Tempel 
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Staab 2
	        
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