Geschichte der Juden in Soborten.
Bearbeitet von
Rh. I. Hilel Herzl, Soborten.
Am Fuße des Erzgebirges, unmittelbar anschlie¬
ßend an Turn-Teplitz (c. Trnovany), von der deut¬
schen Grenze nur wenige Kilometer entfernt, liegt
die rund 2000 Seelen zählende Ortschaft Soborten
(c. Sobëdruhy). Einst ausschließlich von Ju¬
den bewohnt, bildet heute der jüd. Teil der Be¬
völkerung nicht mehr als 3V2% (70 Seelen), der al¬
lein wohl kaum mehr als selbständige K. G. bestan¬
den hätte, wenn nicht ein großer Teil der nahen In¬
dustriestadt Turn-Teplitz und die Umgebung von
30 polit. Gemeinden, darunter einige Städte von den
Bezirken Aussig, Brüx, Dux der K. G. S. zugeteilt
worden wären.
In alter Zeit betrachteten sich die Juden von Bo¬
denbach, Tetschen, Brüx und Leipa in religiöser Be¬
ziehung der Gemeinde S. angehörend und wurden
auch zum Teile hier beerdigt. Nach der Verordnung
des Min. f. K. u. U. v. 10. März 1893, Z. 1021, ge¬
hören zum Sprengel der K. G. S. nachstehende Ort¬
schaften: Aus dem Ger.-Bez. Dux die Ortsgemein¬
den: Bruch, Fleyh, Georgendorf, Klostergrab, Ossegg
und von der Ortsgemeinde Janegg die Katastralge-
meinden: Hegeholz, Krinsdorf, Strahl und Werns¬
dorf.
Aus dem Ger.-Bez. Te plitz die Ortsgemeinden:
Dreihunken, Eichwald, Graupen, Grünwald!, Kosten,
Moldau, Nicklasberg, Obergraupen, Rosenthal, Ser¬
bitz, Soborten, Tischau, Voitsdorf, Weißkirchlitz,
Zinnwald, Zuckmantl und von der Ortsgemeinde
Turn der Teil links des Flößbaches.
Aus dem Ger.-Bez. Karbitz die Ortsgemeinden:
Hohenstein, Karbitz, Modlan und Schönfeld.
Mit dieser Grenzbestimmung ist eine interessante
Tatsache zu verzeichnen, die niedergeschrieben zu
werden verdient. Als im J. 1892 der seinerzeitige
Vorstand der K. G. S. die Parkstraße als Grenze des
Gemeindesprengeis vorgeschlagen hatte, meinte der
damalige Bezirkshauptmann in Teplitz, daß eine
Straße mit der Zeit verbaut werden könne und emp¬
fahl den durch Turn fließenden Flößbach als
natürliche Grenze zwischen der Sobortener und Tep-
litzer K. G. festzulegen. Einige Jahre später wurde
aber der Flößbach zugedeckt und nur mehr wenige
Leute können sich an den Lauf des Baches erinnern,
während die Parkstraße unverändert blieb.
Ein Rückblick in die Vergangenheit dieser K. G.
oder richtiger des jüdischen Ortes S. ist ganz trüb
und verworren. Alle Aufzeichnungen aus der frühe¬
ren Zeit fehlen.
Der Tempel soll um das Jahr 1500 ein Raub der
Flammen geworden sein, die sowohl das Gebäude als
auch alle darin vorhandenen Aufzeichnungen ver¬
nichteten. Die Bewohner wurden obdachlos und wan¬
derten aus. Ein Versuch, die Geschichte der Ge¬
meinde S. von ihren Anfängen zu erforschen, mußte
selbst von heimischen Geschichtsforschern bald auf¬
gegeben werden, bis es vielleicht einmal nach Sich¬
tung und Ordnung des Fürst Clary sehen Archives in
Teplitz möglich sein wird, Licht in die Geschichte
der Vergangenheit von S. zu bringen.
Der älteste urkundliche Nachweis über den Ort S.
stammt aus dem J. 1334, obwohl die Ansiedlung schon
viel früher bestanden haben muß. Die genaue Zeit
der Gründung bezw. der Vorgründung läßt sich bei
keinem Orte in dieser Gegend feststellen. Der Name
Soborten (der Sage nach von „Sobor", Versamm¬
lungsruf) berechtigt zur Annahme, daß die ersten
Häuser von Sorben (Wenden), die nach der Völker¬
wanderung im 7. oder 8. Jht. das Gebiet von Kaaden
bis weit über Töplitz (Teplica) besiedelten, errichtet
wurden. (Univ.-Prof. Dr. Schwarz im Prager Arch,
f. slaw. Philologie.)
In welchem Jahre oder in welchem Jht. sich die
ersten Juden in S. ansiedelten, läßt sich nicht mehr
genau feststellen. Aus älterer Zeit ist uns nur der
Tempel und der Friedhof auf dem sogenannten „Ju¬
denberg44, der aber heute bereits im Orte liegt, der
Überlieferung nach bekannt. Während der erste höl¬
zerne Tempel, der um das J. 1500 mit allen Erinne¬
rungen niederbrannte, an einer anderen Stelle ge¬
standen haben soll als der gegenwärtige, ist der Platz
des Friedhofes derselbe geblieben. Der älteste ent¬
zifferbare Grabstein Nr. 90 stammt aus dem J. 1669
(Jeruchim Katz aus S.). Eine beträchtliche Anzahl
von Grabsteinen stammt aus den nachfolgenden
Jhztn. Grabsteine von Verstorbenen aus Dresden,
Berlin, Hamburg, Eidlitz, Böhm. Leipa, Bodenbach
usw. sind ebenfalls verzeichnet. In Dresden war die
Bestattung von Juden bis 1751 untersagt und wur¬
den daher größtenteils nach S. gebracht.
Vom jüdischen Leben in S. im 16. Jht. bis zum J.
1618 findet sich keine Spur. Eine einzige kurze No¬
tiz im Johnschen Jahrbuch, Bd. III, lautet: „Zu S.
bestanden sich jüdische Familien 67, worunter keine
einzige, die vor dem Normaljahre 1618 bestanden
wäre, und auch keine einzige von diesen erst nach
dem Normal jähre 1618 angekommenen einen kayser-
licheîi Konsens hatte.66 Diese kurze Nachricht läßt
mit Sicherheit den Schluß ziehen, daß bereits gegen
Ende des 16. Jhts. in S. eine größere Judengemeinde
bestand. Eine weitere Nachricht aus dem J. 1724
(John, Jahrbuch, a. a. St.: „Den 22. Hornung 1733
wurde Bericht an das Kreisamt erstattet: ,Das sich
in der Stadt Teplitz 66 Paar und in S. 73 Paar zu¬
sammen 139 Paar Juden auf der Herrschaft Teplitz
befinden.4 44) besagt, daß es in diesem Jahre 300 Ju¬
den in S. gab.
Die jüdische Gemeinde in S. stand also der Tep-
litzer Judengemeinde an Größe nicht nach, nur schei¬
nen die hiesigen Juden weniger bodenständig ge¬
wesen zu sein. (Vgl. Wanie, Gesch. du Juden in Tep¬
litz.) Diese Ansicht wird durch den Mangel schrift¬
licher Aufzeichnungen nur noch bekräftigt.
13 Jahre später finden wir in den Johnschen Jahr¬
büchern die Vorsteher der J. G. angeführt:
„Mittels Dekretes v. 15. Nov. 1737 wurden fol¬
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Soborten 1