Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

Prag in der Judenstadt Einiges sterben unter den 
Juden Inn der Judenstadt Ereignen hätte undt fast 
täglich Bis 25 Personen mit todt abgehen sollen, 
worauff zu besorgen die grosse Gefahr allermeistens 
untter unszeren Tuchmachern, unter ihnen Juden 
viel zu verrichten haben, bereits obhanden sein >würd. 
Daher diesem nach E. E. Rath —: Gemein-Eltisten 
und sambt denn Eltesten des Handwerks der Tuch¬ 
macher Bey gebracht Undt selbe Ermahnt womitt zur 
Verhüttung einigen Überkommens der Seuche (wahr¬ 
für unsz Gott gnedig Behütten soll) ein solches Ihrem 
mittmeistern, welche nach Prag zu fahren pflegen, 
anzeugen, damit sich selber Hütten undt alszo dahinn 
zu gehen, Enthalten sollen Es scheint, als ob Prager 
jüd. Kaufleute in R. mitunter behelligt wurden. 
Darauf deutet eine Zuschrift des Statthalters an den 
Hauptmann der Prager Altstadt hin, worin er ihn er¬ 
sucht, den dortigen Juden zu eröffnen, daß es der 
Reichenberger Obrigkeit freistehe, „die Unterhändler 
nach eigenem Gefallen an- und aufzunehmen, auch 
wiederumb abzuschaffen und damit die jüd. Tuch¬ 
händler in annehmung der Reichenberger Tücher sich 
nicht Jer (irre) machen lassen4414). Im gleichen Jahre 
(1719) scheint es auch zu Differenzen, über die aber 
nichts Näheres bekannt ist, zwischen den Tuch¬ 
machern und dem Prager Tuchhändler Jaitelles ge¬ 
kommen zu sein, denn der Statthalter erkundigte sich 
in derselben Zuschrift, ob nicht ein Kontrakt vorhan¬ 
den sei. Prager Juden betätigten sich aber auch als 
sogenannte Pesohoresmacher, d. h. Ausgleicher, die 
den R. Tuchmachern beim Verkauf ihrer Waren an 
die Hand gingen und Differenzen zwischen den Tuch¬ 
machern und ihren Kunden ausglichen15). 
Zwei hochinteressante Dokumente belehren uns 
über diese Art der Betätigung der Prager Juden. 
Im Friedländer Lehen IV, Landesarchiv (S. 1) 
findet sich „der Prager Juden und Peschores- 
macher Obligation und Reversdie Reichenberger 
Tuchmacher betreffend. „Demnach Titl. Herrn Johann 
Wenzel Graf von Gallas und endesunterschriebenen 
Prager Juden als sogenannten Peschoresmacher die 
gnäd. Erlaubnis mit obrigk. Verordnung getan, den 
Reichenberger Tuchmachern, welche von Zeit zu Zeit 
ihre Tücher u. Pey nach Prag zum Verkauf einführen, 
treulich an die Hand zu stehen und selbe ohne alle 
Falschheit zu vertreten; als tuen wir hiermit öffent¬ 
lich vor jedermann insonderheit aber, wo es von no¬ 
ten, Urkunden und bekennen vornämlich aber hoch¬ 
gedacht Ihro Hochreichsgräfl. Gd. dero Herrschaften 
Ämter und besagte Handwerk der Tuchmacher in R. 
bei unseres Vermögens, es mag bestehen in was Mit¬ 
teln es immer möge, aufrichtig versprochen und an¬ 
geloben, das wir solchen Handl mit besagten Tuch¬ 
machern getreulich, ehrlich und aufrichtig pflegen, 
besonders aber ihre Reisen nach Prag, sobald sie all- 
hier ihre Ware auspacken oder wann es ihnen ge¬ 
legen also gleich ihre Tücher und Pay in billigen und 
zur Zeit gänzig Kauf behandeln, also gleich baar Be¬ 
zahlung an gangbarer unverfälschte Müntz oder mit 
guter ihnen anständigen Wolle wans 
ihnen beliebt, oder anderen Sachen völlig notieren, 
auch die Tücher sie mögen nun kern oder 1 Siegler, 
2 oder 3 Siegler sein nach deme selbigen von denen 
dasigen Beschaumeistern für tauglich erkannt und 
besiegelt worden. Däfern aber selbige wieder uns 
Ein oder andern Vordrießliche Einwendung oder 
Klagen zu führen mögen, solche bei den H'O ch gräf¬ 
lichen Hausmeister zu Prag in unserer Ab¬ 
wesenheit anbringen und nachdem er selbte ihre 
hochgräfl. Gn. würde referiret und dero Erkenntnis 
darüber erhoben haben, und welcher Obrigkeit Aus¬ 
spruch wir und jederzeit gehorsam halten und regu¬ 
lieren wollen, besagte Tuchmachern vor die abge¬ 
kauften Tücher und Pay richtige Raitung tun und 
wann hierin einige Irrtum zum Schaden der Meister 
vorfallen sollte, ihm zur Ausführung der Sachen ein 
sechswöchentlichen Termin verstatten, im Fall sie 
aber solchen Termin verschliefen, ihretwegen keine 
fernere Verantwortung auf uns behalten und können 
wie wir dann auch weiter dahin erklären, wenn sie 
Tuchmacher hin und her im Tandelmarkt oder an¬ 
deren Orten in Prag andern Juden mit unseren Vor¬ 
bewußt ihre Tücher oder Pay auf weitere Bezahlung 
creditieren, das restierende Geld zur bestimmten und 
pactierten Zeit ordentlich einzufordern, ihn es einzu¬ 
händigen und hierunter allerhand Vorteil zu ver¬ 
hüten und weil die Tuchmacher da und d orten 
einen freien Wolleinkauf haben, auch 
die dergleichen bei anderen Juden und Handelsleuten 
ohne unseren Wissen und Willen einzulassen befugt 
sein, also können wir ihnen in diesem Fall, wenn sol¬ 
cher ohne unser Wissen und Willen geschieht, dafür 
nicht gutstehen, wann sie aber die Wolle mit u n- 
ser Wissen und Willen erkaufen soll¬ 
ten, wo wird uns allermaßen obliegen, daß sie bei 
Vorfallung die gnädig ausgesetzte Strafe damit keines¬ 
wegs verlustig werden, maßen auch wann die Tuch¬ 
macher einige Tücher oder Pay in unser Hände oder 
Verwahrung auf Borg verkauft hier ließen, so wollen 
wir solchen nach auch schuldig sein, hierüber fleißig 
Obsicht zu haben und nie einige ereignete Verrich¬ 
tung derselben was Namen auch haben möchte und 
unsere Nachlässigkeit oder Unvorsichtigkeit in den 
allergeringsten darbei beschuldigt werden könnten. 
Und obwohl es vor diesen wahrgenommen worden, 
daß einige Tuchmacher anstatt der guten Tücher nur 
lauter sogenannte Plautzn, Kotzn und sozusagen die 
liederlichste Waren of termal verfertigt, womit nicht 
allein die Kaufleut übel bewahret sondern auch da¬ 
durch ihr Gewerk ruinieret, weil aber nun mehro ihro 
hochgräfl. Gn. der gnädigste Graf und Herr zur fer¬ 
neren Verhütung dergleichen liederlichen Waren, 
dero Reichenberger Tuchmachern un¬ 
längst eine neue Instruction einge- 
r icht, und vorgeschrieben, vermittelst welcher ihnen 
die innerliche und äußerliche Güte, M a a ß und Ge¬ 
wicht wie auch die Länge, Breite und Schwere aller 
und jeder Reichenberger Tuchsorten eigentlich, aus¬ 
gesetzt und anbefohlen worden. Als wie der gehorsam 
zur Vorsicht, daß hochgedachte ihro hochgräfl. Gn. 
bei dieser Instruction hinfür o zu allen Zeithen be- 
ständige Obsicht auf scharfe Inspektion durch dero 
Herrn Beamte in Gnaden halten lassen werden; wie 
wir uns dann auch hiermit verbinden hierinfalls kei¬ 
nen Tuchmacher nicht nachzustehen, sondern lieder¬ 
lich machende Tücher, wann selbe hereinkommen 
«sollten, weg zu nehmen und wohlgedachten Herrn 
Hausmeister einzunehmen und ihm selbe Einhändi¬ 
gen. Da wir dann diesen nach allen einen unpar¬ 
teiischen Anspruch hierüber erwarten und solchen 
auch Befolg wollen, dies um alles treulich und auf¬ 
richtig zu halten, thun wir samt all unser Vermög, 
und zwar in specia mit unser eigentüml. Häuser, Han¬ 
delswaren activ und Schuld zum Unterpfand und 
wahren Bürgerschaft einsetzen, auch nebst Verlust 
unserer Dienste und alsbaldiger Erlegung Hundert 
Dukaten Strafe hochgedacht ihro hochgräfl. Gn. uns 
freiwillig unterworfen, vor wider uns keines Recht 
Indulten Appelation weder general noch special Pri¬ 
vilegium und Freiheiten oder sonsten Jüdische Rechte 
schützen sollen können, der allen Juden wir uns hier¬ 
mit freiwillig begeben und uns hierinfalls einzig und 
Reichenberg 16 
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