Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

g e r (s. Gesch. d. Juden in Saaz, a. a. 0.) das Amt 
eines Rb. und leitenden Lehrers an der jüd. priv. 
Volksschule in N. an. Doch das Stündlein dieser 
Schule hatte bereits geschlagen. Schon seit Jahren 
agitierten cechisch-jiidische Mitglieder der Neuhauser 
jüdischen Gemeinde gegen den Bestand der deutschen 
Schule in der cechischen Stadt. Dazu kam, daß die 
Zahl der Schüler von Jahr zu Jahr sich verminderte, 
so daß sie in den Schuljahren 1907/08 und 1908/09 
nur noch 20 betrug, wovon bloß 10 jüdische Kinder 
waren, während 29 jüdische Kinder die cechische 
Volks- und Bürgerschule besuchten. Die jüdische 
Privatschule wurde daher mit Ende des Schuljahres 
Rb. Jakob Utitz 
Rb. Dr. Michael Rachmutli 
1908/09 aufgelassen. Nach Abgang Dr. Schwengers 
(1911) wurde Jakob Utitz, bis dahin Rb. in Brand¬ 
eis a./E., zum Rb. in N. gewählt. Dieser starb am 
14. Juni 1915 und als dessen Nachfolger wirkt in N. 
seit Ende 1915 als Prediger Rb. und Religionslehrer 
Dr. Michael Rachmut h. Er wirkte vorher als 
Rb., Pred. und Religionslehrer in den K. G. in Waid¬ 
hofen a„ T.1899—1902, Schüttenhofen 1902—1915 und 
seit 1915 in N. und in Teltsch (Mähren). Er schrieb: 
„Die Juden in Nordafrika von den ältesten Zeiten 
bis zur Invasion der Araber(644 der gew. Zeit¬ 
rechnung) Breslau 1906. Abdruck aus Frankel. Grätz- 
schen Monatsschrift f. Gesch. u. Wiss. d. Judent., 
50. Jhg., 1906, Heft 1/2. Ferner schrieb er in deut¬ 
scher Sprache das im Staatsverlag in Prag in cech. 
Übersetzung von Prof. Dr. G. Weiner und Prof. Dr. 
O. Kraus erschienene Lehrbuch für die höheren 
Klassen der Mittelschulen: Rachmuth-Weiner ; Uceb- 
nice zidovskych dëjin a liter atury pro vyssi tridy 
strednich skol. Dil 1. Ve státnim knihosklade v Praze 
1919 und: Rachmuth-W einer-Kr aus: Ucebnice zidov¬ 
skych dëjin a liter atury pro vyssi tridy strednich skol. 
Dil 11. Státni nakladatelstvi v Praze 1922. Der I. Teil 
dieses Lehrbuches erschien 1927 in slowakischer 
Sprache übersetzt von Eugen Rosenak im Verlage 
S. Machold in Bañská Bystrica. 
Als K. V. wirkten seit 1848 in N.: Ignatz B o b e 1 e 
ca. 1846—1869, Gustav B o b e 1 e 1869—1873, Sa¬ 
muel Kaufried 1873—?, S. Dubsky bis 1885, 
Leopold Fleischer 1885—1905, Sigmund Sin¬ 
ger 1905—1908, Salomon K o h n 1908—1911. 
Seit 1911 wirkt bis zum heutigen Tage als K. V. 
segensreich Kommerzialrat Sigmund S i n- 
g e r. Geboren am 21. November 1858 in Piesling in 
Mähren, gründete er im J. ]888 in N. eine Strumpf¬ 
warenfabrik, die heute unter der Firma „Böhmisch - 
Mährische Strumpfwarenfabrik44 in N. und Doubrová 
680 Arbeiter beschäftigt. Kommerzialrat Singer ist 
Mitglied der Repräsentanz der Landesjudenschaft in 
Böhmen, des Obersten Rates der jüd. Kultusgemeinde¬ 
verbände in Böhmen, Mähren und Schlesien, des Vor¬ 
standes des cech.-jüdischen Kultusgemeindeverbandes 
und anderer humanitärer und kultureller Vereine und 
Korporationen. Als dessen Stellvertreter im Vorstande 
der Neuhauser jüd. Kultusgemeinde wirkt R a t 
Eduard Herrmann. 
Auf ein halbes Jht. blickt bereits die Neuhauser 
„Ch. K.4' zurück, deren konstituierende Generalver¬ 
sammlung am 17. April 1881 stattfand. Als dessen 
Vorstand wurden gewählt: Rb. Leopold T h o r s c h, 
M. Lieblich, Emanuel B r a b e t z und Samuel 
K o h n. Gegenwärtig wirkt als Obmann Leopold 
Fleischner. 
Älter als die Ch. K. ist der Neuhauser jüd. Frauen¬ 
verein, welchem in den letzten Jahren als Präsiden¬ 
tinnen vorstanden: Frau Mathilde Singer 1898 bis 
1918, Frau Marie Fanti 1919—1926, Frau Hermine 
Herrmann seit 1926. 
* 
In welchem Ausmaße die Neuhauser Juden in 
der Gegenwart zur Entwicklung der Industrie in der 
industriearmen Stadt beitragen, zeigt folgendes Ver¬ 
zeichnis de!r im J. 1930 lin N. bestehenden jüd. 
industriellen Unternehmungen. 
1. Böhmisch-Mährische Strickwarenfabrik in N. 
und Doubrava. Inhaber Komm. Rat Sigmund Singer, 
Gegr. 1888, beschäftigt 680 Arbeiter und Beamte. 
2. Eduard Herrmann, Kartoffelstärke- und Syrup- 
fabrik, verarbeitet jährlich im Durchschnitt 400 
Waggon Kartoffel. 
3. Brill & Schwarz, Seidenwarenfabrik, gegründet 
1894, beschäftigt 250 Arbeiter. 
4. M. Stein, Dampfsäge, gegründet 1865. 
5. M. Schulz, Likörfabrik, Weinhandel und 
Fruchtpresserei. Gegründet 1898, beschäftigt 30 Ar¬ 
beiter. 
6. Julius Zimmer, Wäsche- und Schürzeiifabrik. 
Gegr. 1897, beschäftigt 100 Arbeiter. 
7. Gebrüder Freund, Wäsche-, Schürzen- und 
Blusenfabrik. Gegr. 1890, beschäftigt 80 Arbeiter. 
8. „Trio", Textil und Konfektion, G. m. b. H. 
Gegr. 1819. Inhaber Rudolf Reich, Arnold Fleischner 
und Pauline Flaschner. 
9. Lederer & Benes, Erzeugung von Damenwäsche 
und Brautausstattung. Gegr. Ì893. 
10. „Siko44, Metallwarenfabrik und Gießerei, G. m. 
b. H. Gegr. 1924, Inhaber Ernst Singer und Ing. 
Viktor Kohner. 
11. „Lunetta46, Metallwarenfabrik, Inhaber Ing. 
Walter Kohner. 
12. P. Stampf, Maschinenziegelei mit Dampfbetrieb, 
beschäftigt 40 Arbeiter. 
Jindrichùv Hradec 5 29* 
451 
Neuhaus 5
	        
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