1749 schon auf 297 fi. gestiegen (oder hinauf gesteigert
worden) und sie sagt in ihrem „Dominikal-Bekenntnis'"
von 1749 von der Neuerner Judenschaft, „daß diese so
arm sei, daß sie vielmahlen den ganzen Zins mit grö߬
ter Gewalt zusammenzubringen nicht vermögen kön¬
nen", so daß diese Schutzgelder demnach eine „un¬
gewisse RubrikÄS in ihrem Einbekenntnis seien. Die
Herrschaft verlangte auch eine Befristigung für die
Abfuhr der königlichen Steuer, da die Juden sonst
außer Landes müßten.
Die Neuerner Judengemeinde leistete, wenn auch
in größter Not, dennooh immer ihre Abgaben.
Sie hatte aber öfter Ursache, sich gegen Über¬
griffe der obrigkeitlichen Beamten zu wehren; so
im J. 1767, als diese das Schutz- oder Kopf-, auch
„Koppengeld" genannt, auch von solchen alten Vätern
einforderten, die ihre Wirtschaft bereits an selbst
zwei Söhne übergeben hatten. Auf die erste Vorstel¬
lung hin blieb der Bistritzer Graf Palm-Gundelfingen,
der in Regensburg seinen Wohnsitz hatte, dabei, daß
jeder solche alte Hausvater das Koppengeld weiter zu
zahlen habe. Erst auf eine neue Bitte bewilligte der
Graf in Gnaden, daß „wenn ein alt abgelebter jüdi¬
scher Vater seinem Sohne sein Haus übergibt und von
dem Seinigen lebt oder vom Sohne ernährt wird und
dabei keine Handelschaft treibtvon dem persönli¬
chen Schutzgelde befreit sein solle.
Zwei Jahre später gab es Anstände mit dem
Fleischkreuzerpächter. Die gesamte Juden¬
schaft der Herrschaft Bistritz wandte sich mit bitte¬
ren Klagen gegen dessen Plackereien. Sie bat den
Grafen, er möge den Fleischkreuzer wieder wie früher
durch seine Beamten einheben lassen. Der Graf ging
nicht drauf ein; er ließ aber die Bittsteller versichern,
daß er sie gegen die „besagten Zudringlichkeiten des
jetzigen gehässigen Pächters" durch Abschluß eines
neuen „billigen" Pachtvertrages schützen lassen wolle.
Im selben J. beschwerte sich der Kürschner Mathes
Schmelzbach in N. gegen einen Neuerner Juden, der
ihm angeblich ins Handwerk pfusche und er bat,
es möge diesem die Kürschnerei verboten werden. Die
Obrigkeit aber erwiederte dem Meister: „Der Jude
treibt nur Handelschaft; wenn der Beschwerdeführer
guten Vorrat haben und wohl arbeiten wird, kann es
ihm im Verkauf keineswegs fehlen
In den üblen Hungerjahren von 1771 und 1772
war auch die Neuerner Judenschaft wirtschaftlich
schlecht daran und mehrere ihrer Mitglieder fielen
wegen ihrer Rückstände an Schutzgeldern in Schul¬
denarrest. Da suchte Moyses Abraham, der Juden¬
richter von N., beim Grafen um Nachsicht an und bat
ihn, die Neuerner Juden in Anbetracht der harten
Zeiten aus dem Arreste zu entlassen. Es wären ihnen
„leidentliche Termine" zu machen und den Juden
Elias und Isak Hahn wäre das ihnen aufgeschlagene
Schutzgeld von 6 fl. in Gnaden nachzusehen. Das
hatte den Erfolg, daß die Schuldner sogleich aus dem
Arrest entlassen und ihnen Fristen bewilligt wurden.
Doch wurde dem Judenrichter bei eigener Haftung
aufgetragen, die Schuldner zur Zahlung anzuhalten.
Auch die Schutzgelder der Brüder Hahn wurden wie¬
der auf den alten Betrag herabgesetzt. Trotzdem konn¬
ten die armen Leute, von der allgemeinen Not schwer
betroffen, wieder nicht zahlen, es drohte fast der ge¬
samten Neuerner Judenschaft der Schuldarrest. Da
baten sie in herzzerreißendem Tone, es möchten ihnen
„in Anbetracht der mühseligen Zeit weitsichtigere
Termine ausgemacht werden". Graf Palm, der zu je¬
ner Zeit gerade in Bistritz weilte, ließ sich rühren und
gab der Neuerner Judenschaft am 14. November 1772
den Trost: „Es wird bedauert, daß sie sich wie alle
andern Landesinwohner bei dermaligen schweren
Zeiten hart ernähren; es wird untersucht werden*5).
Weil der Hausbesitz die ruhigste Grundlage
für die Sicherung des Aufenthaltes im Orte und für
die Zukunft der Unternehmung und der ganzen Fa¬
milie war, und weil dieser Besitz nicht für Geld —
etwa durch den Ankauf bürgerlicher Häuser und
Grundstücke — vermehrt werden konnte, hüteten
ihn seine Inhaber aufs sorgfältigste. Ein solches
kleines, enges Judenhaus im abgelegenen Winkel
oder in einer schmutzigen Gasse (wie in Tachau)
stand unter den Juden viel höher im Preis als ein
schöner Bauernhof mit 50 Joch Grund. Man bedenke
nur die hohen jährlichen Schutzgelder, die in N. ge¬
zahlt wurden! Für 15 Gulden bekam man um 1700
drei schöne Kühe. Um auf jeden Fall das Haus sicher¬
zustellen, — auch gegen geschäftliche Verluste —,
bürgerte sich der Brauch ein, daß die Juden ihren
Frauen hohe Beträge unter dem Titel der Morgen¬
gabe auf die Häuser verschrieben und diese Beträge
auch grundbücherlich einverleiben ließen. Als Bei¬
spiel erwähne ich hier zwei solche Verträge, die beide
am 16. Oktober 1766 in N. geschlossen worden waren.
Da verheiratete Schmulla Abraham seiner Frau Esterl
einen Betrag von 400 Schock Groschen oder 450 fl.
rheinischer Währung als Morgengabe. Die Frau ver¬
wahrte sich dem entgegen wider jede Haftung für
etwaige Verpflichtungen ihres Mannes. Denselben
Betrag und die nämliche Bedingung finden wir im
Vertrage zwischen Naton Schmulla und seiner Frau
Heugüttl, Tochter des Hayumb Johl von Oberneuern.
Schon lange vor der Erlassung des für die Rechts¬
verhältnisse der Juden in der ersten Hälfte des vori¬
gen Jhts. grundlegenden Judensystemalpatentes vom
3. August 1797 war die Anzahl der Schutzjuden, die
eine Obrigkeit auf ihren Gütern haben durfte, vom
Staate eingeschränkt worden, zuletzt durch ein Patent
vom 1. März 1788. Es wurde da für die einzelnen
Herrschaften eine gewisse Höchstzahl bestimmt, die
nicht überschritten werden durfte und es wurde auch
von den Juden selbst auf die Einhaltung dieses Nume¬
rus clausus gesehen, vor allem aus Geschäftseifer. In
N. ereignete sich im J. 1781 der Fall, daß gleich zwei
Geschäftsleute von der beschränkten Zahl abgestri¬
chen werden konnten, als David Hann im Dorfe
Lautschim (auf dem Gute Wihorschau) ein Häuschen
erwarb und dessen Bruder Simon Hann das Brannt¬
wein- und das Flußhaus zu Miletitz in Pacht nahm,
so daß nun beide in fremdem Schutz standen. Über
Einschreiten der Neuerner J. G. verfügte das Amt
Bistritz, die beiden Brüder Hann hätten binnen drei
Tagen nicht nur N., sondern auch das ganze Bistritzer
Herrschaftsgebiet zu räumen, widrigens Zwangmittel
angewendet würden. So wurde, wie die Obrigkeit in
ihren Ausweisungsgründen sagte,, „der Nahnmgstrieb
der übrigen Schutzjuden nicht geschwächt'***).
Das kaiserliche Judensystemalpatent vom 3. Au¬
gust 1797 brachte endlich die Zahl der Judenfamilien
auf den einzelnen Herrsch alten und im ganzen Lande
Böhmen in feste Ordnung. Es wurde da. bestimmt, wie
viele jüdische Männer sich verehelichen und eine
Familie gründen durften, wenn sie nicht einem be¬
stimmten Gewerbe oblagen oder einem bestimmten
Stande angehörten. Die Staatsverwaltung verfolgte
dabei die wohlmeinende Absicht, die Juden von
ihrem „lediglich demi Handel gewidmeten, jede
schwerere Arbeit fliehenden unstäten Leben abzu¬
lenkenDarum erlaubte sie außerhalb der festge¬
setzten Familienzahl nur solchen Juden das Heiraten,
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