Unter den Mitgliedern der Neuerner Judenschaft
hat es seit jeher immer einige ganz besonders hervor¬
ragende Männer gegeben, die viel für ihre Gemeinde
Tempel (Außenansicht)
und für die wirtschaftliche Hebung der Stadt getan
haben.
Aus dem 18. Jht. möchte ich Abraham L ö b 1 nen¬
nen, der uns 1734 und noch 1742 als Landesdelegier¬
ter des Pilsner Kreises genannt wird und der in enge¬
rer Geschäftsverbindung mit dem Grafen Palm auf
Bistritz stand, der sich mit Geldaushilfen an Löbls Ge¬
schäften beteiligte.
Aus neuerer Zeit: Herr Med. Dr. Benedikt Fede¬
rer in N. war nicht nur ein ausgezeichneter Arzt,
sondern auch in seiner langjährigen Tätigkeit als
Stadtverordneter ein Förderer des Fortschrittes, wes¬
halb ihn die Stadt zu ihrem Ehrenbürger ernannte.
Dr. Federer war unvermählt geblieben. Was den sonst
sehr schmiegsamen kleinen Mann mit dem kurzen
braunen Vollbart das meiste Ansehen verschaffte, das
war sein wiederholtes Auftreten als Redner. Seine Re¬
den waren ungemein geistvoll und sprühten von trok-
kenem Witz. Er starb am 14. Oktober 1902 in N., 72
Jahre alt.
Rb. Max Reiser war 1839 in Hausbrunn, Bezirk
Malacka, Komitat Preßburg, geboren. Er war in N.
vom J. 1876 bis zu seinem am 5. Jänner 1913 erfolg¬
ten Tode Rb. in N. Er hielt wiederholt Vorträge im
Lehrerverein des Bezirkes N. und war auch literarisch
tätig. Er schrieb die 3 Bücher: „Rätsel66 in hebräischer
Sprache und Schrift mit deutscher Übersetzung für
Lehrende und Lernende in Schule und Haus; „Rabbi-
nische Weisheit" — eine Sammlung talmudischer
Sentenzen, Gespräche, Maximen und Erzählungen
für Schule und Haus; „Biedermänner" — das Leben
und Aufstieg und der Aufstieg frommer und geehrter
Männer. —
In seiner Gemeinde war er ein musterhafter Seel¬
sorger, Jugendbildner und Erzieher. Viel Mühe gab er
sich mit der Heranbildung von Schülern für den
Tempelchor. Rb. Reiser genoß großes Ansehen in sei¬
ner Gemeinde, in der er immer und mit großem
Erfolg für Ruhe und Frieden und die Pflege aller Tu¬
genden wirkte.
Im J. 1895 gründete Herr Wilhelm E k s t e i n aus
Wien in N. eine Fabriksunternehmung, die bald euro¬
päischen Ruf erlangte, die Schleiferei optischer Gläser
Wilhelm Ekstein & Co. Sie nahm bald großen Auf¬
schwung und hatte starken Einfluß auf die Hebung
des Wohlstandes der Bevölkerung und der Häuser¬
zahl N., so daß man sagen kann, daß mit der Gründung
seiner Fabrik der Aufschwung N. beginnt. Herr Wil¬
helm Ekstein war seinen Arbeitern ein väterlicher
Freund, als erster Stadtrat wirkte er für den Fort¬
schritt in der Gemeinde. In Anerkennung seiner Ver¬
dienste ernannte ihn diese zu ihrem Ehrenbürger. Er
gründete mit seiner Frau die Wilhelm und Regine Ek-
stein-Armenstiftung in N. Er starb am 17. Juli 1925 in
N. im Alter von 73 Jahren.
Im J. 1929 starb in der Blüte seines Mannesalters
Herr Wilhelm Katz, Dampfmühlenbesitzer in N., ein
Mann, der während des Krieges Adjutant des 11. In¬
fanterieregimentes in Gyula war und in dieser einflu߬
reichen Stellung seinen Landsleuten unendlich viel Gu¬
tes getan hatte. Viele von diesen verdanken ihm, daß
sie heute noch leben. In der Gemeinde nahm er sich
vor allem des städtischen Elektrizitätswerkes an, daß
er voll Weitblick und Unternehmerfreude durch die
Erwerbung des Bistritzer Kraftwerkes, den Anschluß
an die Überlandzentrale und durch den Ausbau des
ganzen Licht- und Kraftnetzes von Gleich- auf Wech¬
selstrom großzügig erweiterte, ohne die Gemeinde
dadurch zu belasten. So hat er deren Wohlstand um
Vieles gehoben. Wilhelm Katz war aber nicht nur ein
guter Kaufmann, sondern auch ein allseitig gebildeter
Mensch, ein Freund von Kunst und Schrifttum.
Er war das Urbild eines kräftigen und gesunden,
immer heiteren Menschen; aber der unerbittliche
Tod hat ihn mitten aus seinem lebendigen Schaffen
gerissen.
Tempel (Innenansicht)
Neuern 9
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