Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

J. 1783 ersucht die Gemeinde um die Bauerlaubnis 
einer steinernen, man will sie auf der Brandstelle 
des Häuschens, das vordem Mandl Wolf Löbl be¬ 
sessen, zwischen dem Hause des soeben verstorbenen 
Richters Joachim Jakob (XII) und der sogenannten 
herrschaftlichen Gerberei (XIV) mit dem Gärtchen 
9Vz X 6V2 Klafter. Der Oberamtmann Friedl mit den 
Beamten: Burggraf Fr. X. Rieger, Kornschreiber Jo¬ 
sef Anton Seegert, Kontributionseinnehmer Frana 
Domecka zeigten am 14. Mai d. J. nach kommissio- 
neller Besichtigung dem Grafen an, daß sie den Ort 
geeignet befunden: am Ende der Judengasse, von 
allen Christenhäusern entfernt, und die Schule läßt 
sich dort nach dem alttestamentlichen Gesetz gegen 
Sonnenaufgang bauen. Die Fenster darin werden nie¬ 
mandem Anlaß zur Beschwerde geben, daß er im 
Sinne der kais. kön. Stadtrechte durch den Ausblick 
daraus belästigt werde. Mändl Wolf Lebl gibt den 
Platz her, da er sich anderswo in der Judengasse mit 
obrigkeitlicher Bewilligung ein Häuschen aufgebaut 
hat. Die Beamten meinen, man solle der jüdischen 
Gemeinde folgendes Material beistellen: Mauer- und 
Wölbziegeln à 6 fi. das Tausend, den Dach,tram zu 
1% fl., den Wandtram zu 48 kr., Sparrenholz zu 
24 kr. Der Graf gab seine Einwilligung mit Dekret 
dd. Neuhaus den 24. Mai 1783. 
In den Kriegisläuften verarmten die „einheimi¬ 
schen44 Juden, während die „über Land arbeitenden"4 
reich, staunend reich wurden durch Militärlieferun¬ 
gen, wie man aus der napoleonischen Zeit an Rot¬ 
schild u. a. beobachten kann. Im J. 1804 setzte das 
Chudenitzer Amt dem Juden Jakob Brumm! einen 
Kurator wegen einer Schuld von 77 fl. 25% kr. 
Steuern zahlten die Juden seit jeher nicht gerne; im 
Hinblick auf verschiedene Privilegien hielten sie sich 
auch hierin für exempt. Verzeichnis der bis Ende 
Jänner 1806 unbeglichenen k. k. Giebigkeiten, welche 
die Seh. Gemeinde ohne weitere Mahnung unter so¬ 
fortiger Exekution am 30. Dez. 1809 abführen sollte. 
Susanna Fürthin 673 fi. IV2 kr.; Wolf Fürth 78'51/i; 
Moses Fürth 89*57; Salomon Sicher 63*31 V2; Wolf 
Sicher 19*6, desselben Rückstand an Einkommen 
Steuer 36 fl. und Hausklassensteuer 8*51; Jakob 
Brumml 56*18, bücherlich versicherter Rückstand 
77*25%; Johann Brumml 6*—; Lazar Bloch 2 — ; Sa¬ 
lomon Abraham Bloch 3*48; Salomon Weil 0*45; Mar¬ 
kus Fleischer 9*32; Isaak Weil 3'041/^; Phil. Kohn 
7*7%; Moisés Leederer 1*52%; Wolf Brumml 17*30, 
— Klassensteuerrückstand für das Jahr 1803 . . 1*19, 
— für das Jahr 1804.. 516; Vermögenssteuer für 
das Jahr 1804.. 2*11^4; Abraham Bloch 0; Salomon 
Bloch 1*30; dem Phil. Bloch bis 24. Jänner nachge¬ 
sehen; Jak. Bloch 3'—; Jak. Schnurmacher9). Ähn¬ 
lich stand es mit einer ganzen Reihe Juden des 
„Schwihauer Bezirkes44. Dem Abraham Bloch gab der 
Stadtrichter Johann Bayer unterm Siegel dd. 28. Sep¬ 
tember 1806 das Zeugnis, „daß er wirklich ein alters¬ 
gebeugter armer Jude, der k. k. Abgaben weder für 
das laufende noch für das künftige Jahr zu zahlen 
vermag44. Der Schwihauer „Bezirks44-Richter Philipp 
Kohner schrieb vollends: „Abraham Bloch ist ein 
elender, kranker Bettler . . .44 Bayer und Kohner be¬ 
dienen .sich natürlich der deutschen Sprache. Auch 
zur Abzahlung der vom Staate ausgegebenen und 
entwerteten Bankozettel im Kriege mußten die Juden 
nachträglich im J. 1820 beitragen, z. B. Salomon 
Sicher 12 fl. 40% kr. 
Eine interessante Lektüre bieten die Judenmatri- 
ken. Sie wurden vom Pfarrer geführt; sie haben sich 
teilweise erhalten, u. zw. die der Eheschließungen 
vom 1. Jänner 1825 bis zum 28. März 1860, die Ge- 
burtenmatrik bis zum 8. April 1862, die Sterbematrik 
bis zum 7. April 1862. 
Der Pfarrer übergab daher am 16. September 1865 
mit dem Gefühle sichtlicher Erleichterung die Matri¬ 
kenführung auf Befehl der Bezirkshauptmannschaft 
in Klattau dem Juden, Lehrer Leopold W o 1 f n e 1 
aus Sch. 
Aus den Matriken lassen sich auch einige Namen 
der jüd. Lehrer und Rb. in Sch. festhalten: 
1825 Philipp Kohner, Bezirksrabbiner (VII), 
ging als Kreisrabbiner nach Pilsen. 
1835 Augustin Kafka, Bezirksrabbiner (I), ge¬ 
storben zu Pilsen am 16. Mai 1870, 78 Jahre alt. 
Zirka 1815—1825 der Lehrer Isaak Schnur¬ 
macher, nach ihm 1825 sein Sohn B e r n a r d 
Schnurmacher, Lehrer, gestorben am 21. November 
1836 im Alter von 46 Jahren an der Cholera. 
1836 Lehrer Samuel Mandel bäum. 
1843 Rb. Lazar Fürth. 
1860 Rb. Simon Fürth. 
1862 Rgl. Daniel Gottlieb. 
1866 der alte „Rebbe44 Fürth. 
1909 Rb. Siegfried Bret. 
Die isr. Religionsgenossenschaft hatte im J- 1891 
in Sch. eine selbständige Privatschule mit deutscher 
Unterrichtssprache. In die allgemeine Volksschule gin¬ 
gen keine jüdischen Kinder. Die Privatschule wurde 
von den Schulkindern der jüdischen Schulsprengel 
Sch., Dolan, Jezow, Brzeskowitz, Przedslaw und 
Kbell besucht. Den Religionsunterricht erteilte der 
Orts- oder Bezirks- oder Hauslehrer (Bocher), falls 
er vom Rb. dazu bevollmächtigt war, den deutschen 
Unterricht an einer der Hauptschulen genossen hatte 
und (bis zum J. 1867) vom Diözesen-Schuloberauf- 
seher für fähig erkannt worden war. Am 3. Oktober 
1893 wurde die Schwihauer Privatschule aufgelassen 
und die 13 jüdischen Kinder traten an die Volks¬ 
schule über. 
Die Judenzinse an die Herrschaft nahmen im J. 
1848 ein Ende und wurden in den Jahren 1852—1854 
abgelöst. Ihr letztes vorhandenes Verzeichnis stammt 
aus dem J. 1834. 
Zum Schlüsse sei ein Verzeichnis der Bewohner der 
Judenhäuser in der Judengasse zu Sch. angeführt, wie 
es der verstorbene Pfarrer Fr. Zeman in dem Buch 
über Sch. auf S. 479 zusammengestellt hat. 
Nr. 199 (I) bei Chajnebl. Im J. 1706 Andreas 
Helm; 1716 der Gastwirt Georg Marsálek; 1738 Wen¬ 
zel Marsálek, Seifensieder; im J. 1765 kaufte die 
Herrschaft die Brandstelle, erbaute die Lohgerberei 
und verpachtete sie an Adam Fürth; 1769—1789 Für¬ 
thin Susanna, Witwe; 1827 Lambert Fürth; 1858 
starb Joachim Kohn, 76 Jahre alt; 1842—1854 Salo¬ 
mon Kohn, Gattin Judith (Jetti) Pereies aus Prasch- 
no-Augezd. Nach ihnen Fr. Burda, Tischler, 1897 
erbt sein Sohn Fr. Burda d. J. 
Nr. 200 (II), der von altersher sogenannte Pedal- 
(Bedal-)Hof. Im J. 1734 Mathes Vávra, Weber aus 
Porici; 1773 kaufte es die Witwe Susanna nach dem 
verst. Adam Fürth. Sie brannte ab, baute im J. 1782 
wieder auf, 1789 wirtschaftet sie noch; 1820 Moses 
Fürth, Gattin Anna; 1850 Efraim Fürth, gest. 1851; 
1850 Salomon Weil, Gattin Marianna geb. Brüll aus 
Neu-Sedlischt; 1887 Wenzel Hura; 1896 Andreas To- 
másek. 
Nr. 201 (III) bei Hermann, altes Judenhaus, schon 
seit 1693; 1729 Wolf Pinkas, 1782 Wolf Pinkas d. J.; 
1798 Salamon Sicher, Gattin Mona Lewi aus Lettin; 
1823 Joachim Löwi; 1845 Salomon und Daniel Sicher; 
èvihov 5 
346 
Schwihau 5
	        
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