Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

hransky genannt, überführen. Er gab darüber samt 
seiner Frau eine verbindliche Erklärung vor dem be¬ 
eidigten Syndikus Johann Wächtler und dem Nach¬ 
bar Nikolaus Hrudicka ab. Diese Ausdauer brachte 
dem Gerber Adam die erwarteten Früchte. Am 
27. Juli 1764 erhielt das Chudenirtzer Amt die gräf¬ 
liche Verordnung, das Marsáleksehe Haus für eine 
herrschaftliche Gerberei anzukaufen, die modern ein¬ 
gerichtet und dem Juden A. Fürth zum emphyteuti- 
schen Besitz (Erbpacht) überlassen werden sollte. 
Außer der Steuern und Gaben (gegen 34 fl.) soll er 
einen von Jahr zu Jahr zu vereinbarenden Zins zah¬ 
len und der Kontrakt soll nach Umbau des Hauses 
mindestens 10 Jahre dauern. Der Jude nahm die Be¬ 
dingungen an, erfüllte sie, und als er von der Herr¬ 
schaft die nötigen Baumaterialien erhielt, baute er 
das Haus selbst um und richtete darin eine Gerberei 
(eigentlich mehr Lager- als Betriebstätte, dazu hielt 
er sich einen jüdischen Unterpächter) und einen 
Kaufladen ein. Als er dann im J. 1769 starb, ver¬ 
machte er das Haus seiner Witwe Susanna, welche den 
Woll- und Federhandel fortsetzte. Sie brannte im J. 
1773 ab, baute aber wieder auf und wirtschaftete 
weiter. Von der Gerberei und vom Lederschnitt ent¬ 
richtete Fürth der Herrschaft jährlich 100 bis 160 fl. 
Im J. 1771, am 1. Jänner verkaufte die Herrschaft 
die dem Swobodaschen Hause gegenüberliegende Pot¬ 
taschenhütte samt der Aschenkammer, samt einem 
9V2 Klafter langen und 6V2 Klafter breiten Gärtchen 
für 230 fl. und einen Jahreszins von 15 fl. dem Mänl 
Wolf Lebl5). 
Dagegen untersagte im J. 1770 der Grundherr den 
Juden die Viehschlachtung, der großen Unreinlich- 
keit halber, mit der sie das Fleischerhandwerk be¬ 
trieben. Sie wehrten sich freilich mit der Behauptung, 
die Christen machten es auch nicht besser und ihr 
Fleischverschleiß komme mehr für die Juden als die 
Christen in Betracht. Sie zeigten einen Brief weiland 
Fr. M. Czernins für den Juden Sig. Lebl vor, kraft 
dessen ihm und seinen Erben und Nachkommen das 
Schlachtrecht eingeräumt wurde, und baten, bei ihrem 
Gewerbe gelassen zu werden, sie würden wie bisher 
50 fl. von den Fleischbänken, 18 Pfund Inselt und 
5 fl. von den Rindzungen entrichten. Darauf erfolgte 
die Resolution, die beiderseitigen Fleischer sollten 
sich binnen sechs Wochen freundschaftlich verglei¬ 
chen, wenn nicht, solle es beim alten bleiben, denn 
was dem Juden unrein sei, sei dem Christen rein 
(wohl Anspielung an das Schweinefleisch). 
Im J. 1773 brannte die ganze Judengasse samt 
Schule und Synagoge ab. Die Stadt schaffte darauf 
eine zweite Spritze und andere Feuerlöschrequisiten 
um den Betrag von 158 fl. 5 kr. an. Die Juden erklär¬ 
ten, nichts dazu beizutragen, sie hätten kein Geld. Die 
Gemeinde legte es dem Oberamtmann zur Entschei¬ 
dung vor und dieser erkannte am 10. Juli 1779 für 
recht und billig, daß die Juden die Hälfte der Un¬ 
kosten im Betrage von 79 fl. 2x/2 kr. auf sich nähmen. 
Am selben Tage ließen die Herren den Lambert, den 
Sohn der verwitweten Fürthin, wegen des Verdachtes 
einsperren, daß er mit Christenfrauen verkehre. Die 
Witwe verteidigt ihn und klagt, daß durch iseine Ver- 
arrestierung ihre ganze Familie bemakelt sei. Der 
Chudenitzer Salomon, der Oberamtmann Friedl, un¬ 
tersuchte die ganze Angelegenheit sorgsam und genau 
und ließ dann den Arrestanten frei, es sei beiderseits 
ohne Schaden und Nachteil. Damals führte der Stadt¬ 
rat wiederum bei ihm Beschwerde darüber (zum 
ersten Male am 21. Juli 1777), daß sich ihnen die Ju¬ 
den wieder in die Christenhäuser auf Quartier ein¬ 
schleichen, er möge ihre Verordnung bestätigen, Ju¬ 
den, welche in der Stadt kein eigenes Haus besitzen, 
sollen sich anderswohin begeben. Es sei stark zu be¬ 
sorgen, die christliche Jugend könne durch irgend¬ 
einen jüdischen Irrtum angesteckt werden. Die ganze 
Gemeinde habe sich heute (2. Jänner 1780) beim 
Bürgermeisteramte darüber aufgebracht und gefor¬ 
dert, die Juden sollten von da vertrieben werden, sie 
gäben Ärgernis, sie verleiteten die Kinder zum Scha¬ 
chern und Mausen, es würden ihrer in Sch. immer 
mehr und mehr . . . Dagegen beschworen sich wieder 
nach Ostern d. J. die Juden nach Chudenitz, daß an 
ihren Gebetstagen nicht bloß christliches Jungvolk, 
sondern auch Erwachsene beiderlei Geschlechts in 
ihre Versammlung in die Synagoge eindringen, sich 
ärgerniserregend benehmen, sie im Gebete stören und 
ihre Sprache nachäffen und sie verspotten. Friedl 
dürfte auf diese Beschwerden nicht geantwortet ha¬ 
ben. Erst am 19. September 1787 zitiert er den Juden 
und dem Magistrat das ganze Toleranzpatent mit dem 
Auftrag, die Bürgerschaft zu belehren, daß niemand 
bei seiner Religionsübung gestört werden dürfe, und 
daß er Juden und Christen, namentlich ungezogene 
Kinder strenge bestrafen werde, falls sie sich noch 
einmal eines solchen Vergehens schuldig machen soll¬ 
ten. Im J. 1783 erhielten die Juden die Bewilligung 
zum Baue einer neuen Synagoge. Auf die (dritte) Be¬ 
schwerde der Gemeinde, die Juden kauften unter¬ 
schiedliche in die Stadt gebrachte Viktualien auf und 
verkauften sie dann zu einem höheren Preis, gab er 
den Bescheid, die Christen sollten sich zusammentun 
und auch zeitig einkaufen; bisher hätten sie lieber 
durch Zuwarten die Preise drücken wollen, bis ihnen 
ein andrer die Lebensmittel weggekauft hätte, Ge¬ 
schäft sei im Grunde Klugheit, — und die könne er 
den Schwihauern aus Chudenitz nicht schicken. Aus 
den weitern Klagen der Stadt geht hervor, daß schon 
seit dem J. 1720 keine Wochenmärkte in der Stadt 
abgehalten wurden. 
Die letzte Konskription der Schwihauer Juden be¬ 
sitzen wir aus dem J. 1782. 
I. gehört der Susanne Fürthin, der Witwe nach Ad. 
Fürth (gest. 1769). Sie handelt mit Wolle und Federn. 
II. gehört derselben Witwe, es wohnt jedoch der 
Dienstschreiber Simon Benjamin darin; es ist nicht 
ausgebaut. 
III. Samuel Daniel, der Schwiegersohn des Be¬ 
sitzers Pinkas Wolf, gegenwärtig Pächters der Brannt¬ 
weinbrennerei und des Branntweinhauses zu Neuhaus. 
Er handelt in unterschiedlicher Schnittware und Ge¬ 
würz, zahlt 20 fl. Schutzgeld; 37 Jahre alt. 
IV. gehört dem Mayer Fürth in Prag, jetzt unbe¬ 
wohnt; Schutzgeld zahlt er 20 fl. Es gehörte vormals 
dem Sal. Götzl, dann seit 1745 dem Adam Fürth. 
V. Salomon Wotitz, schlachtet, zahlt 9 fl. Schutz¬ 
geld; 41 Jahre alt. Bei seiner Familie wohnt die 
Witwe nach dem verst. Jos. Brumml, zahlt 3 fl. 
Schutzgeld. 
VI. Lebl Brumml, 53 Jahre, handelt mit Kauf- 
mannsware. Schutzgeld 9 fl. 
VII. Salomon Hönig, 58 Jahre, hat ein Leder- und 
Federgeschäft, zahlt 12 fl. Schutzgeld. Im J. 1745 
wohnten in diesem Hause zwei Familien: Joachim 
Lebl und Mojses Salomon. 
VIII. Witwe nach Hersehl Brumml, 45 Jahre, hat 
ein Lederlager, handelt aber nur schwach; sie zahlt 
daher bloß 4 fl. Schutzgeld. Vormals wohnte hier 
Sigmund Abraham, nach ihm sein Sohn Sigmund 
Brumml und wiederum der Sohn Hersehl Brumml. 
Bei ihr wohnt in Miete Joachim Foule, Witwer, seines 
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