Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

Der von den Juden abzulegende Eid sowie das Ver¬ 
fahren bei Ablegung desselben war im J. 1625 fest¬ 
gelegt worden17). 
* 
Infolge der gegen die Juden im J. 1745 gerichteten 
Stimmung waren im Frühjahre auch die Judenhäuser 
in A. geplündert worden und es hatten sich folgende 
Personen vor dem Kreisgerichte in Leitmeritz zu ver¬ 
antworten: am 26. August 1745 die Strahl Vrone, An¬ 
dreas Sahratka, Franziska Duckin, Baltzer Christel, 
die obere Färberin, die Korn Eva samt ihrer Schnur18), 
die Zazilia Obstin und die Marie Kettnerin; am 30. 
August 1745 der oberen Färberin Tochter, der Korn 
Eva ihr Sohn, Josef Obst, Anton Kühnel, Josef Abso- 
lon und Josef Galle. Der letztere war nur während der 
jüd. Plünderung in A. und nach der Plünderung nach 
Leipa abgegangen; am 22. September 1745 der Stadt¬ 
richter und sein Mensch19), die alte Frau Primator, 
Andreas Wächter, die zwei Töchter des Heinrich Mi¬ 
chel und sein Sohn, Anna Maria, des Josef Laurum 
Weib, Anton Müller, das Weib des Josef Absolon, seine 
Schwiegermutter Polixena und Christof Sembsch20). 
Während der Kriege, welche Maria Theresia führte, 
waren sowohl österreichische wie feindliche Truppen 
in A. gewesen, welchen Lebensmittel und Bedarfsarti¬ 
kel geliefert werden mußten. Hiebei spielte das von 
dem kaisl. Obersten Franz Freiherr von der Trenck 
geführte Korps Panduren, welches auf seinem Mar¬ 
sche von L. aus in Auscha übernachtete, den Juden 
besonders arg mit, weswegen der Vorsteher der J. G., 
Isak Mojses, im Namen der J. G. das Ansuchen ein¬ 
brachte „wegen der von der Graf Trenckischen Miliz 
erlittenen Räubereien und Plünderungen, weil solcher 
Schaden nach dem Inhalt einer kgl. Patentalverord- 
nung von dem Damnifizierten 21) und dessen hinter- 
lassenen Mitteln soll ersetzt werden44. Da diese Pandu¬ 
ren überall wie Mordbrenner gewütet hatten, wurde 
Trenck im J. 1746 zu lebenslänglicher Gefangenschaft 
auf den Spielberg bei Brünn gebracht, wo er 1749 
starb 22). 
* 
Im J. 1745 lebten folgende acht Judenfamilien in 
A.: Isak Mojses mit seinem Weibe, drei Knaben und 
einem Mädchen, zwei Knechten und zwei Mägden, 
dessen Haus 1400 fl. Wert hatte; Löbl Mojses mit sei¬ 
nem Weibe, 1 Knaben, 2 Mädchen und einer Dienst¬ 
magd, dessen Haus 400 fl. Wert hatte; Mojses Hersehl 
mit seinem Weib und 2 Dienstmägden, dessen Haus 
1000 fl. Wert hatte; Joachim Zällem mit seinem Weibe, 
1 Knaben und 1 Dienstmädchen, dessen Haus 2000 fl. 
Wert hatte; Nottel Naftaly mit seinem Weibe, 1 Kna¬ 
ben und 1 Mädchen und 2 Knechten, dessen Haus 
600 fl. Wert hatte; Joachim Nottel mit seinem Weibe, 
1 Mädchen und 1 Knechte, dessen Haus 600 fl. Wert 
hatte, sowie Josef Mojses mit 2 Knechten und 1 Magd, 
welcher in dem zweiten, dem Mojses Hersehl gehö¬ 
rigen Hause wohnte, welches 600 fl. Wert hatte. 
Außerdem lebte der geduldete (tolerierte) Jude Wolf 
Bachoffen, d. h. der Jude Wolf aus Bakov, mit seinem 
Weibe, 1 Knaben und 2 Mädchen in der Stadt. 
Am 11. August 1755 suchte der Auschaer Jude und 
Schnittwarenhändler Mausch Lew an, daß er an Jahr¬ 
märkten mit seiner Krambude gleich der erste nach 
den Christen zu stehen komme, was ihm auch bewil¬ 
ligt wurde 23). 
Die hervorragendste Person der damaligen J. G. in 
A. war Isak Mojses. Während des siebenjähr. Krieges 
von 1756—1763 hatte die Stadt einzelne Lieferungen, 
die sie an die Truppen machen mußte, dem Juden 
Isak Mojses übergeben. Am 6. Juni 1760 beschwerte 
er sich, daß er mit dem Heupreise der zuerst geführ¬ 
ten 200 Zentner nicht bestehen könne, sondern 80 fl. 
Schaden habe; auch habe er die verlangten 70 Zentner 
Mehl nicht in das Lobositzer, sondern in das Aussiger 
Militärmagazin führen müssen, daher er mehr Fuhr- 
lohn zahlen mußte. Es wurden ihm von der Stadt 30 fl. 
ersetzt. Am 17. November 1760 hatte er 150 Zentner 
Heu in das Militärmagazin nach Dresden zu führen. 
Am 19. Jänner 1762 beschwerte er sich beim Magi¬ 
strate, daß „der Jude Löbl mit Hitzung der Butter und 
Heizung seines Blechofens sehr gefährlich mit dem 
Feuer umgehe, wovon durch die blecherne Röhre zum 
öftern aus seiner Wohnung die hellen Flammen auf¬ 
steigen". Am 1. Mai 1763 war ihm der Tabakpacht 
für die Stadt gegeben worden. Es war ihm zu diesem 
Zwecke das kleine Gemeindestübel 24) gegen einen 
jährlichen Pacht von 40 fl. überlassen worden mit dem 
Vorbehalt, daß er „an Sonn- und Feiertagen den Ta¬ 
bakhandel weder in eigener Person noch durch einen 
anderen Juden, sondern nur durch einen christl. Sub¬ 
stituten frequentieren dürfe 25)44. 
Am 21. August 1765 brannte der größte Teil der 
Stadt ab, dabei auch der böhm. Torturm, die Frohn- 
feste, das Rathaus und die Schule. Auch die städtische 
Waage war zugrunde gegangen, ein großer Verlust we¬ 
gen des Handels und der Märkte. Da war es der Jude 
Mausch, welcher zuerst das Ansuchen einbrachte, „wo¬ 
mit die Wag wiederum von der löbl. Gemeinde aufge¬ 
richtet würde, weil andurch das Comer cium gesperrt 
würde". 
Als über kaisl. Verordnung im J. 1770 die Numme- 
rierung der Häuser eingeführt wurde, erhielten ge¬ 
sondert von den mit arabischen Ziffern bezeichneten 
christl. Häusern die nach dem Judenprivilegium zu¬ 
lässigen 8 Häuser der Judenstadt in A. die römischen 
Nummern I bis VIII. Bei der Übernahme dieser Häu¬ 
ser hatten die Juden wie die Christen bürgerliche 
Taxen zu zahlen: „Arn 2. Jänner 1778 hat der Jude 
Mojses Samuel sein Nachbarrecht mit 2 Schock er¬ 
legt.44 „Anno 1778 hat der Aron Wolff sein Nachbar- 
recht erlegt mit 2 Schock usw. 2t/). 
* 
Im J. 1789 war das Vermögen der J. G. aufgenom¬ 
men worden, welches umfaßte: „Ein ganz von Holz 
gebautes Gemeindehäusel in der Länge von zwei Klaf¬ 
ter 4 Fuß, in der Breite von 1 Klafter 4 Fuß, beste¬ 
hend in einem Vorhaus und kleinem Zimmer, so der 
jüd. Schulmeister bewohnt, in einem Werte von 1000 
fl., eine Baustelle, wo sonst der Tempel gestanden, 
welcher durch den 1773er Brand eingestürzt, für 30 fl.; 
der daran liegende in 216 Quadratklafter bestehende 
Hopfengarten, bei welchem auch die Judentauche be¬ 
findlich ist, für 150 fl.; der jüd. Friedhof ist obrig¬ 
keitlich und die Judenschaft zahlt an die Obrigkeit 
jährlich Grundzins.44 
Am 22. August 1794 brachte die J. G. bei der Stadt 
A. die Bitte vor, ihr zum Neubau ihrer Synagoge einige 
Steine aus dem städtischen Steinbruche unentgeltlich 
zu verabfolgen. Es war das der Steinbruch, welcher 
heute „beim Schießhause" heißt. Die Stadt kam ihnen 
entgegen und beschloß: ,.Da der Steinbruch verpach¬ 
tet istj wird die Judenschaft dem Steinbruchpächter 
nur die Halbscheit und zwar von jedem Schock Steine 
15 Kreuzer zu zahlen haben." So wurde der neue Tem¬ 
pel im J. 1794 erbaut. Im J. 1851 ließ der damalige 
K. V. Herr Benjamin Schwarz das Gotteshaus durch 
den stilvollen Vorbau vergrößern, wie auch die breite 
Stiege von der Gasse herunter und die Pflasterung 
des breiten Zuganges herstellen, da bisher das Regen- 
Auscha 4 
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