Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

rufen wurde. Von seinen erlassenen Tekkanot haben 
sich 5 erhalten, und zwar: 2, 14, 176, 200 und 204. 
Sein Bestreben war besonders darauf gerichtet, die 
materiellen Schwierigkeiten, dlie sich der jungen Ge¬ 
meinde in den Weg stellten, zu erleichtern. 
Von 1685 wirkten mit kleinen Unterbrechungen., 
soweit feststellbar, als Rabbiner: 1. Abraham Broda 
von 1690—1693. 2. Henoch ben Jakob (um 
1720). 3. Moses Cha s an (um 1723). 4. Rabbi J e- 
h u d a (um 1730). 5. Zebi Hirsch P i w o ni (um 
1734), Verfasser einer Selicha für Kuttenplan. 6. Je- 
huda Arje ben Jizchak Eljakum, gest. um 1763. 
7. Josef Krotoschin um 1770 (im Memorbuch). 
8. Abraham Meyer 1784. 9. Abraham Stern um 
1788. 10. Jehuda Arje Wohl, starb 1828. 11. Eleazar 
R o k e a c h, um 1830, begraben in Tachau. 12. Mi¬ 
chael Löbl Kohn 1836. 13. Daniel E h r m a n n 1843. 
14. Dr. Adam Wundefr, gegen 1847—1861, der zu¬ 
erst die deutsche Seelengedächtnisfeier einführte. 
15. Dr. Moritz Fein, gegen 1863—1866. Jeder von 
diesen Rabbinern hatte Neuordnungen getroffen, 
welche zum Teil in den Pinkas aufgenommen, 
zum Teil noch als Akten im Gemeindearchiv liegen 
dürften. 16. Samuel Popper 1869—1873. 17. 
Ignaz Holz er gegen 1874—1876. 18. Dr. Jakob 
R ei h s um 1888—1891. 19. Herrmann W e i n e r 
von 1895—1908. 20. Dr. Schalom 0 c h s e r, der 1910 
die Broschüre „Der Pinkas der Gemeinde Kuttenplan 6 
veröffentlichte. 21. Emil Klaub er um 1913. 22. 
Chaiin S c h a p i r a um 1914. 23. Josef S a g h e r 
um 1916. 24. Gabriel Gottlieb von 1919—1923, 
25. Alexander Stern von 1923—1928 und seit dem 
1. März 1929 Rb. Prof. Alfred Schapirnik. Er 
wirkte zuvor als Rb. und Religionslehrer in Kosolup, 
später in Schüttenhofen. Kam 1894 nach Prag, um 
sich weiteren theologischen und philosophischen Stu¬ 
dien zu widmen, wurde Schüler des Prager ORb. Dr. 
Ehrenfeld. Später ging er nach der Schweiz, dann 
nach Paris, um sich philologischen Studien zu wid¬ 
men. Nach Böhmen zurückgekehrt, widmete er sich 
dem Rabbinerstande. Außer verschiedenen Artikeln 
in den bis 1914 bekannten hebräischen Zeitungen 
„Hameliz44 und „Hazefira44 erschienen noch von ihm 
in hebräischer Sprache: „Chacham harve et hanolad44 
und „Eine entsetzliche Nacht", eine psychologische 
Studie aus dem hebräischen übersetzt. 
Bei dem großen Brande vom J. 1733, dem fast 
ganz K. zum Opfer fiel, hatten die Juden nicht zu 
leiden. Hievon berichtet der Pinkas, Seite 15 b), 92: 
„In der Nacht des 13. Ijar 5493 (1733) hatte der 
Herr mit uns Wunder getan und uns seine Gnade er¬ 
wiesen, es brach hier in K. ein großer Brand aus, der 
alles einäscherte; als aber das Feuer zur Judengasse 
kam, wandte sich der Wind und das Feuer über¬ 
sprang nach dem Süden, so daß unser Viertel gar 
keinen Schaden litt, deshalb haben wir es uns und 
unseren Nachkommen zur ewigen Pflicht gemacht, 
alljährlich an diesem Tage in der Synagoge nach Wie¬ 
derholung des Achtzehngebetes Selichoth zu zitieren., 
und zwar die Selicha, die uns unser damaliger Rb. 
Zebi Hirsch Piwoni zu diesem Zwecke verfaßt hat. 
Sie ist geordnet nach dem Alphabet und trägt den 
Namen des Verfassers. Sie fängt mit den Worlen an: 
,Ata Hael ascher assita niflaot lanu4 und schließt mit 
den Worten: ,Taarog elecha4.44 — Es ist bis jetzt nicht 
gelungen, diese Selicha aufzufinden. Die ganze Ge¬ 
meinde ist verpflichtet, an diesem Tage ins Bethaus 
zu gehen und den ganzen Tag zu fasten, Männer vom 
18. und Frauen vom 15. Lebensjahre an; ausgenom¬ 
men sind Wöchnerinnen, Kinderstillende und Kranke. 
Selbst solche, dlie unterwegs sind, müssen fasten. Fällt 
dieser Fasttag auf einen Samstag, dann wird er auf 
den folgenden Sonntag verschoben. Auch diesen Fast¬ 
tag hat der Synagogendiener am vorhergehenden Sab¬ 
bat zu Mincha zu verkünden. 
Der Grabstein für Leib Hönig (auch Löbl) und 
seine Frau Bessl, aus schwarzem Gestein in stark de¬ 
fektem Zustande, steht auf dem alten Kuttenplaner 
Friedhofe an der Westmauer gegenüber dem Ein¬ 
gange. Er ist auch der Stifter des Rabbinerlegates 
für ewige Zeiten, wovon das Gehalt des jeweiligen 
Rb. bestritten wird. 
Die meisten Kuttenplaner Juden, denen es nicht 
immer gut ging, befaßten sich mit Handel. So ist im 
kath. Kirchenrechenbuch von K., S. 4, zu lesen: „Der 
Jude Schlambl allhier ist der verstorbenen Marga¬ 
retha Merz 5 fl. 30 kr. schuldig geblieben und der 
Klara Kaiserin vor verkauftes Schaf 5 fl., welchen 
Betrag die Betreffenden dem hiesigen lieben Gottes¬ 
hause legiert. (Anno 1721.) Die Schuldner aber 
brauchten 4 Jahre, um diesen Betrag ratenweise zu 
bezahlen.46 
Anno 1771/72 kommt vor die bei dem löbl. Gottes¬ 
haus vorgefundenen alten Schatzgelder, somit Gut¬ 
befund ihrer Hochwürden Vicari dem Juden Benja¬ 
min Israel in Dürrmaul, versilbert worden in Emp¬ 
fang 82 fl. 40 kr. 1790 kaufte die Kirche, vermög 
Konto der Kuttenplaner Jüdin Löwensteinerin, Kir¬ 
chenspitzen im Betrage von 3 fl. 10 kr. Die Löwen¬ 
steine waren bekannte Kürschner in K. und gehör¬ 
ten der Planer Zunft dieses Gewerbes an. Auch einen 
Pferdehändler finden wir in dem Kirchenrechen- 
buche, wo es auf Seite 4 heißt: „Der wohl Ehrwür¬ 
dige, nunmehr sei. verstorbene Pfarrherr zu Schittar- 
sehen H. Josef Johann Postner (früher hier Kaplan) 
hat diesem lieben Gotteshaus zu K. bei dem Jakob 
Moyses Juden, wegen eines Pferdes schuldig verblie¬ 
ben, zwanzig ein Gulden legiert. Hiervon er Jud Ja¬ 
kob Moyses im September anno 1718 per Abschlag 
erlegt 5 fl., Lichtmess anno 1719 5 fl. und so geht 
diese Abzahlung weiter bis zum J. 1724. 
Dem Kuttenplaner Juden Lazar Low verpachtete 
Graf Franz Wenzèl von Sinzendorf 1770 das herr¬ 
schaftliche Bürgergebräu in Plan, das Faß zu 10 fl. 
Der Pächter konnte aber infolge steigender Getreide¬ 
preise den Vertrag nicht einhalten, so daß er in ganz 
kurzer Zeit bedeutenden Schaden erlitt. Auf Bitten 
des Pächters wurde der Vertrag gelöst. 
Am 31. Mai 1871 übergab der kath. Pfarrer die 
bisher von ihm geführten jüdischen Matrikenbücher 
dem israel. Lehrer. Die älteste Matrik datiert vom J. 
1784. Geburts-, Trauungs- und Sterbematrik in einem 
Buche. 
Der ebenso humane wie offenbar gewaltige Graf 
Sigismund von Haimhausen erteilte seinen Schutz¬ 
juden im J. 1756 die Erlaubnis zum Bau einer mas¬ 
siven S}*iagoge, welche bereits 1759 vollendet war. 
Diese Synagoge bildete den Stolz der Kuttenplaner 
Juden. Man kann diese, offenbar den Landesgesetzen 
widersprechende Erlaubnis, wohl als Beweis für das 
Ansehen dieses Schutzherren gelten lassen, dessen an 
josefinische Toleranz grenzende hohe Gesinnung für 
jene Zeiten wohl als einzigartig bezeichnet werden 
kann. Dem unbekannten Meister dieses originellen 
Baues ist auch die katholische Kirche des Ortes zu¬ 
zuschreiben. (Grotte, Synagogen.) 
Aus dem J. 1756 stammt auch der schon früher 
zitierte Pinkas der Gemeinde, der sich noch heute im 
Besitze der K. G. befindet und den Titel „Pinkas 
Hajaschan44, d. h. der alte Pinkas, führt. Es handelt 
sich um die Umschrift eines schon viel früher vor¬ 
handenen Buches der alten jüdischen Siedlung, in 
welchem alle Verordnungen, Entscheidungen und! Er¬ 
lässe der amtierenden Rabbiner eingetragen wurden. 
Chodová Planá 3 22 
33* 
Kuttenpian 3
	        
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