Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

bestimmte die Obrigkeit, daß die J. G. fiir den Fried¬ 
hof jährlich 13 fl. und für den Zaun 1 fi. 9 kr. und 
1 Denar (Pfennig) zu zahlen habe, welcher Betrag 
im J. 1746 in 52 fl. 45 kr. damaliger Währung umge¬ 
wandelt wurde. 
Es läßt sich annehmen, daß der bisherige Juden¬ 
friedhof bei Koblitz, welcher sieh nördlich von dem 
Fuhrwege zwischen den Dörfern Koblitz und Sepsch 
befand, damals aufgehoben wurde. Mehrere Grab 
steine wurden von ihm auf den Friedhof bei A. über¬ 
tragen. Die J. G. in Koblitz löste sich hauptsächlich 
durch Übersiedlung der wenigen dort befindlichen Ju¬ 
denfamilien auf. So ist nachgewiesen, daß der „Jude 
Notel Khoblitz", das war also Nathan aus dem Dorfe 
Koblitz, kurz darauf, im J. 1675 ein Haus in A. kaufte 
und mit Bewilligung der Obrigkeit dorthin übersie¬ 
delte. Heute sucht man vergeblich nach der Lage des 
ehemaligen Judenfriedhofes und des einen oder andern 
ehemaligen Judenhauses von Koblitz. 
Der jüd. Friedhof bei A. ist heute mit einer Stein¬ 
mauer umgeben und macht mit seiner Zeremonien¬ 
halle sowie seinen zum Teil schon sehr alten, zum Teil 
neuen modernen Grabsteinen und Denkmälern einen 
durchaus würdigen und ernsten Eindruck. Auf ihm 
ruhen die Überreste der ehemaligen Angehörigen der 
K. G. Ausoha aus den ältesten Zeiten bis in unsere 
Tage, unter andern aber auch einige Flüchtlinge aus 
Galizien, die während des letzten Krieges hier ihre 
Zuflucht gesucht hatten. 
* 
Aus dem 17. Jht. erfahren wir Ausführliches über 
die Juden der Stadt, ja es läßt sich sogar die Ge¬ 
schichte einzelner Judenhäuser verfolgen: 1675 kaufte 
der Jude Notel Khob'litz, wie schon erwähnt wurde, ein 
Haus in A. Dieser Jude Nathan hieß aber nicht Khob- 
litz, sondern hatte bisher in Koblitz gewohnt und trug 
durch seine Übersiedlung zur Auflösung der J. G, in 
Koblitz mit bei. 1751 ließen sich seine Nachkommen 
Jachim Notel, Simon Notel und Naftale Notel das 
Haus verschreiben. 1790 übernahm Samuel und Rosa 
Herischl, jetzt Fischer'sche Eheleute, das Haus. 1678 
verkaufte die Obrigkeit das Haus in der böhm. Vor¬ 
stadt neben Simon Bartl dem Juden Aron Enoch und 
seinem Weib Jentlin. 1751 wurde es Löbl Mo j ses zu¬ 
geschrieben. 1691 übernahm der Jude Abraham Schi¬ 
mon (Simon) das der J. G. gehörige ganz wüste Haus 
neben Christof Piller; dasselbe ging 1751 an Simon 
Mojses über. 1693 verkaufte die Jüdin Beisel ihr Haus 
in der böhm. Vorstadt neben Abraham Böhm der Ob¬ 
rigkeit 10). 
Da die Juden alle 14 Tage nur ein Rind oder 
4 kleine Tiere schlachten durften und sie bei ihrem 
damaligen strengen Leben keine anderen als rituell 
geschlachtete Tiere genießen wollten, gerieten sie 
öfters in Not. Sie wandten sich daher 1669 an die Ob¬ 
rigkeit mit der Bitte, öfter schlachten zu dürfen. Die 
Obrigkeit bewilligte ihnen am 22. Feber 1669, daß sie 
alle 7 Tage ein Rind oder 4 kleine Tiere schlachten 
dürfen. „Nach diesen 7 Tagen wird ihnen das Bürger¬ 
meisteramt erlauben, das noch fehlende Fleisch von 
den umliegenden Juden zu kaufen und bei Tage in 
ihre Wohnung zu bringen11).'4 Die christl. Fleischer 
beschwerten sich später, daß der jüd. Fleischer Faber 
mehr schlachte. Bei seiner Einvernahme erklärte er: 
„Wenn die Fleischhacker das beweisen, als tut er sich 
20 Reichstaler zu erlegen offerieren.46 Die Juden hat¬ 
ten ihren eigenen Fleischer, welcher seine Zunftgebüh¬ 
ren so zahlte wie die christl. Fleischer. In den letzten 
Jhzt. war es die Familie Fanta, welche dieses Gewerbe 
in ritueller Weise ausübte (Markus Fanta, Ludwig 
Fanta 12). 
1715 wiederholten sich die Beschwerden der christl. 
Fleischer, auch die christl. Handelstreibenden klagten 
die Juden an, „daß sie ein und das andre in Handel 
ganz an sich gezogen haben44, „daß sie ganz frei in der 
Stadt hausieren und dem armen Bürger sein Stückel 
Brot vom Maule nehmen44. Wegen dieser Beschwerden 
erkundigte sich das Kreisamt in Leitmeritz beim Ma¬ 
gistrate der Stadt, wie die Juden leben, womit sie sich 
beschäftigten und wie sie ihre Privilegien hielten. Das 
Bürgermeisteramt gab am 28. Juni 1715 folgenden 
Bericht an das Kreisamt: 
„Antwort, wie die Juden ihre Artikel 
halten: 
ad 1: daß keinmal über 8 Paar Eheleute dagewesen; 
ad 2: wollen wir nicht ¿weifein, daß sie ihre Schul¬ 
digkeit der gnädigen Herrschaft abführen; 
ad 3: bei Zeiten unserer Vorfahren war es in usu, 
daß sie ihre Rh. vorstellten, ob aber anjetzo geschieht, 
ist uns unwissend; 
ad 4: weil ihnen verboten, nicht mehr geschieht; 
ad 5: wohnen alle in ihre Wohnungen, wo sie vor¬ 
her gewohnt; 
ad 6: von andern Judenhäusern nichts zu merken, 
nur einer, namens ZalJ.em . . . 
ad 7: wird bei Friedenszeiten nicht observiert; 
ad 8: die Juden behalten ihre Stellen beisammen; 
in der Woche feil zu halten, wird nicht gestattet; 
ad 9: dieser Punkt ist niemalen gehalten worden: 
ad 10: mit Tuch zu handeln, wird nicht gestattet, 
wohl aber mit Wolle; 
ad 11: sie führen den Zoll ab; 
ad 12: dieser Punkt ist niemalen gehalten worden; 
ad 13: daß sie mit Eisen gehandelt hätten, wird nicht 
zugelassen; 
ad 14: ist nach dato keine Klage vorgekommen; 
ad 15: es ist zwar vor einem Jahre vom Politzer 
Kirchendiebstahl etwas hier verkauft worden, doch 
der Dieb bald eingezogen und sonst niemals etwas ge¬ 
hört worden; 
ad 16: bis dato kaufen sie wenig oder gar nichts ein; 
ad 17: diesen Punkt halten sie nicht, dieweilen 
ihnen Handel und Wandel per patentes erlaubt; 
ad 18: soviel den Rat betrifft, wird von Ungehor¬ 
sam nichts gespürt, jedoch Privatbürger dürfen ihnen 
nicht viel sagen oder dutzen, wenn sie nicht wollen 
wiederum gedutzt oder verklagt werden 13). 
Am 11. August 1732 wurde ein Jude von einem 
Badergesellen bei der sogenannten Kreuzmühle ange¬ 
griffen, welcher ihm sein Bündel entführen wollte und 
ihn sehr verprügelte. Der Badergeselle wurde vom 
Stadtgerichte mit 1 fl. 30 Kreuzer damaligen Geldes 
bestraft14). 
Im J. 1758 saß im Gefängnisse des Zwingers beim 
böhm. Tore ein zum Tode verurteilter Jude Hantschi 
Salomon, von we'lchem es unterm 1. Mai d. J. heißt: 
„Es ist das anher gelangte Todesurteil des hier in¬ 
sitzenden jüd. Deliquenten Hantschi Salomon dem¬ 
selben vorgelesen und nachdem derselbe um Gnade 
gebeten, als ist, womit der Rechtsfreund (Rechtsan¬ 
walt) Herr Franz Wrany ein solches petito beim hoch- 
löblichen k. k. Appellationstribunal gehörig vorbringe, 
resolviert worden.44 Warum dieser Jude zum Tode ver¬ 
urteilt war, ob er aus A. stammte und ob er begnadigt 
wurde, darüber konnten keine Akten gefunden wer¬ 
den15). 
Durch eine Entscheidung des Prager Appellations¬ 
gerichtes vom 26. Juli 1723 war anerkannt worden, 
„daß der Auschaer Magistrat in gerichtlichen jüd. Sa¬ 
chen zu entscheiden habe und nicht die Obrigkeit16) .44 
15 
Auscha 3
	        
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