Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

dikt, Markus Rosenfeld, Salomon Kann, Rachl Ro¬ 
senbaum, Jacob Lederer, Kaim Lederer, Salomon 
Benedikt, Delle, Joachim Pleier, Abraham Schwalb, 
Markus Mayer, Low Beer, Gottlieb Benedikt, David 
Mosser, Israel Ullmann, Karoline Lederer, Simon 
Strauß, Salomon Mayer, Sara Offner und Benedikt 
der jüngere, Moses Singer, Philippine Rosenfeld mit 
ihrem Mann (!), Margarethe Fischer, Bermann Be¬ 
nedikt, Bernard Schwalb, Lazar Mosser „mit Bewil¬ 
ligung ganzjährig44. 
Trotz alledem trieben die Juden als Kurgäste ge¬ 
meldet ihren Handel ruhig weiter, so daß am 5. No¬ 
vember 1834 die Anzeige erstattet wurde, daß die 
Juden, obwohl sie nur als Kurgäste angemeldet er¬ 
scheinen, „demohngeachtet ihren Hausierhandel mit 
Ausnahme des Lazar Mosser, welchem die Bewilli¬ 
gung zur Traiteurnahrung auch für den Winter er- 
theilt wurde, hierorts ununterbrochen betreiben4'. 
Am 27. Januar 1835 kam eine neue Kundmachung, 
K. zu räumen „für alle sich hierorts aufhaltenden 
Israeliten mit Ausnahme des Traiteurs Lazar Moser44. 
Sofort reagierten die Betroffenen mit einer Flut von 
Gesuchen, aber nicht an die Stadt, sondern ans Kreis¬ 
amt. Die Gesuche machten immer ihren Weg zum 
Karlsbader Magistrat, dessen Antwort stets die 
gleichlautende war: Hinweis auf das Privilegium vom 
J. 1499, das die Lichtenstädter Juden seit 1799 im¬ 
mer wieder zu umgehen trachten, so daß der Ma¬ 
gistrat Jahr für Jahr einschreiten müsse. 
Das J. 1836 verläuft etwas ruhiger, wenn es auch 
nicht an einzelnen Ausweisungen fehlt. Aber am 
9. Dezember des J. 1836 müssen wieder 14 Juden 
den Ausweisungsbefehl erhalten und am 10. Januar 
1837 klagt Marktaufseher Riedl in bewegten Wor¬ 
ten, daß „nichtsdestoweniger alle verzeichneten Glie¬ 
der dieser Judenfamilien Tag täglich auf den Gas¬ 
sen herumziehen und so auf diese Art der an sie er¬ 
lassenen Verordnung spotten und der Polizeyaufsieht 
ins Gesicht lachen44. Ebenso ist der Kurgebrauch wie 
immer nur Deckmantel. „Bei den benannten Um¬ 
trieben der Juden und dem Einverständnisse jener 
Bewohner Karlsbads, bei welchen sich diese einge- 
miethet haben, ist es nicht möglich, die sämtlichen 
Juden einer strengeren Kontrolle zu unterziehen, 
wenn nicht durch anderweitige Maßregeln ihrem Ein¬ 
schleichen Schranken gesetzt wird.44 
Die Jahre 1838 und 1839 bilden den Höhepunkt 
in diesem so einförmigen und doch so entsetzlichen 
Kleinkrieg. 
Am 4. Januar werden 11 Juden als stabil in K. 
wohnhaft gemeldet. Diesmal ging der Magistrat et¬ 
was milder vor. Der Polizeiwachtmeister Markgraf 
wurde beauftragt, zu eruieren, ob unter den Juden, 
die Aufenthaltsbewilligung haben, deren Familien 
aber Karlsbad räumen müssen, nicht auch kleine 
Kinder wären, die füglich von ihren Eltern nicht 
getrennt werden dürften. Am 10. Februar meldet 
Markgraf, es sei nicht der Fall. Der Wilhelmine Be¬ 
nedikt, deren Kind später erkrankte, wurde der Auf¬ 
enthalt bis 1. April bewilligt, dem Moses Löwenstein 
ebenfalls aus demselben Grunde; auch der Sophie 
Kohn, die von einem toten Kinde entbunden wurde. 
Am 16. Februar werden wieder 10 Juden beauf¬ 
tragt, die Stadt binnen 48 Stunden zu verlassen. Am 
3. März waren sie aber noch immer da. 
Ende Oktober hub der Tanz von vorne an. Dies¬ 
mal erging auch eine Kurrende an die Ärzte, „sie 
wollen bei Ausstellung der Krankheitszeugnisse für 
jene israelitischen Individuen, die sich außer der 
Kurzeit und unter dem Yorwande hier aufhalten, als 
brauchten sie die hiesigen Heilquellen, mit größter 
Strenge und Gewissenhaftigkeit vorgehen und jeden 
dieser Patienten nach Entlassung aus der ärztlichen 
Behandlung anher namhaft machen. Hierdurch allein 
wird man in den Stand gesetzt, die sich außer der 
Kurzeit unbefugt und zahlreich hier aufhaltenden 
Israeliten (dermalen 71) der gesetzlichen Anordnung 
nach von hier wegzuweisen'4. Der Magistrat forderte 
ferner, daß das Zeugnis nur ein in Karlsbad prakti¬ 
zierender Arzt ausstelle, daß ferner in dem Zeugnis 
gesagt werde, welchen Brunnen der Betreffende zu 
trinken habe und wie lange er bleiben müsse. So¬ 
dann forderte der Magistrat die einzelnen Bürger 
auf, ihre Judenparteien zu delogieren, bei 10 fl. 
Strafe. Trotzdem enthält das Verzeichnis vom 30. Ok¬ 
tober noch 9 Juden, die sich unbefugt in der Stadt 
aufhielten. Nun erhielt die Polizeimannschaft den 
Auftrag, der schärfsten Wachsamkeit sich zu be¬ 
fleißen, da die Juden besonders unter dem Vorwand, 
zu hausieren, länger in Karlsbad bleiben. Sollte ein 
Arzt das Zeugnis erteilen, der eine oder andere dürfe 
das Zimmer nicht verlassen, muß er erklären, wann 
er transportabel sein dürfte. 
Am 3. November erging abermals ein Erlaß an alle 
Israeliten und die Bürger, daß jeder von diesen, der 
einen unbefugt hausierenden, oder einen Hausierer, 
der sein Warenlager in K. habe, anzeigt, ein Dritteil 
des Strafbetrages zur Belohnung erhalte. Auch nach 
Schlackenwerth ergeht eine Zuschrift an das Direk¬ 
torialamt, die Juden von Lichtenstadt aufmerksam 
zu machen, daß sie in K. keine Handelsgeschäfte be¬ 
treiben dürfen. 
Die letzte Vertreibung der Juden aus K. kann trotz 
ihrer dreijährigen Dauer, sie zog sich von 1853 bis 
1855 hin, nur als kurze Unterbrechung der immer 
stärker zunehmenden Einwanderung der Juden an¬ 
gesehen werden. Aus der ganzen Umgebung wan¬ 
derten, vorläufig die wohlhabenderen, Juden nach 
Ke Die Folge war bald das Verlangen, eine eigene 
Gemeinde bilden zu dürfen, mit eigenem Friedhof 
und eigenem Bethaus. So ging denn am 22. Feber 
1864 an das Bezirksamt in K. ein Gesuch ab. 
Auf Grund der Rückäußerung der Stadt hat die 
Statthalterei das Gesuch der Karlsbader Judenschaft 
abschlägig beschieden. Darauf reichten die gewähl¬ 
ten Vertreter der Judenschaft eine neue Eingabe am 
13. Juni 1864 bei der Statthalterei ein. 
Das Gesuch war unterschrieben von: Simon Bene¬ 
dikt, Bernard Schwalb, Lazar Moser, Salomon Knöp¬ 
felmacher, Gottlieb Lederer, Gottlieb Mayer, Ber¬ 
mann Benedict, Isai Löbl und Daniel Hirsch. 
Alle Bemühungen zur Errichtung der Filialge¬ 
meinde scheiterten teils an dem Streben der K. Ju¬ 
den, eine gewisse Selbständigkeit und Unabhängig¬ 
keit doch durchzusetzen, teils an dem Wunsch der 
Lichtenstädter, die zahlkräftigen K. nicht zu ver¬ 
lieren. Infolge dessen reichen die K. im Mai 1868 
abermals ein ausführliches Gesuch bei der Statthal¬ 
terei ein um Bewilligung, eine eigene Gemeinde zu 
gründen, welches am 23. August 1868 von der Statt¬ 
halterei einen abschlägigen Bescheid sandte. 
Am 7. November 1868 rekurrieren die Vertreter 
der K. Judenschaft gegen diese Entscheidung der 
Statthalterei an das Ministerium. 
Lange mußten die K. Juden auf die Erledigung 
ihres Rekurses warten. Erst am 13. Februar 1869 
wurde der Bescheid von der Bezirkshauptmannschaft 
unterschrieben und alsbald den Vertretern der Ju¬ 
denschaft zugestellt. Es war der Sieg auf allen Li¬ 
nien: 
Karl. Vary 4 
258 
Karlsbad 4
	        
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