Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

zu einer Synagoge ausgestattet. Willkommen war die 
Überweisung von Tempeleinrichtungsstücken der ehe¬ 
maligen Gemeinde in Saar, die vier Saarer Juden 
Adolf Steiner, Leopold Steiner, Philipp Uli¬ 
mann und Markus Zentner durch eine Schen¬ 
kungsurkunde der Gemeinde K. überließen. Am 
9. Februar 1890 fand die feierliche Einweihung der 
Synagoge statt und gestaltete sich zu einer schönen 
Kundgebung jüdischen Geistes und religiöser Be¬ 
flissenheit der hiesigen Judenschaft und der aus den 
Nachbargemeinden zahlreich erschienenen Vertreter. 
Das erste Ziel des Vereines war die Errichtung eines 
eigenen israelitischen Friedhofs unweit des städ¬ 
tischen Zentralfriedhofs im Nordosten der Stadt, 
wozu schon 1883 die Stadtgemeinde eine Fläche von 
64 Quadratklaftern eines Gemeindegrundstücks unent¬ 
geltlich überlassen und der Verein bei der städtischen 
Sparkasse ein Darlehen von 600 Gulden aufgenom¬ 
men hatte. Am 29. August 1884 nahm der Saazer 
Rabbiner Dr. B ä r w a 1 di in Gegenwart vieler Ver¬ 
treter der Behörden, Ämter und Vereine und einer 
großen Menge sonstiger Teilnehmer und Neugieriger 
die Einweihung vor. In der außerordentlichen Haupt¬ 
versammlung vom 28. März 1885 wurde die von Fer¬ 
dinand Ledierer verfaßte Friedhofsordnung genehmigt. 
Darnach waren die Grabstellen in fortlaufender Reihe 
zu vergeben, doch war es auch gestattet, gegen eine 
vom Vorstande zu bemessende Gebühr sich einen Platz 
vorzubehalten. Jedes in den Verein neu eintretende 
Mitglied hatte zugunsten des Friedhoffonds einen 
Beitrag zu erlegen, der in jedem einzelnen Falle in 
der Höhe von 5 bis 20 Gulden festgesetzt wurdie; 
vom Jahre 1886 an war er einheitlich mit 10 Gulden 
bemessen. Als im Jahre 1907 dieser Friedhof keinen 
Raum mehr bot, widmete die Stadtvertretung neuer¬ 
dings unentgeltlich eine ebenfalls 64 Quadratklafter 
große Fläche desselben Grundstückes zur Erwei¬ 
terung, mit der das Auslangen bis zum Jahre 1926 
gefunden wurde, wo sämtliche Grabstellen belegt 
oder für künftige Benützung verkauft waren. Nach 
langen, jedoch ergebnislosen Verhandlungen mit be¬ 
nachbarten Grundbesitzern wurde mit der Stadt¬ 
gemeinde ein Übereinkommen getroffen, daß der 
Kultusgemeinde als konfessionelle Begräbnisstätte 
eine Abteilung in der Südostecke des Zentral¬ 
friedhofes überlassen und die Übertragung der 
Leichenkammer vom alten israelitischen Friedhof 
auf den überlassenen Platz bewilligt werde. Die 
allgemeine Friedhofsordnung sollte auch für diesen 
abgeteilten Teil in Geltung bleiben. Die Übergabe 
geschah im April 1926. Diesmal mußte die Kultus- 
gemeinde den Platz von der in finanzieller Bedrängnis 
sich befindenden Stadtgemeinde um den Betrag von 
10.000 Kc erwerben. Die Abgrenzung von der übrigen 
Friedhofsfläche durch einen Drahtzaun auf Mauer¬ 
sockel kostete 8500 Kc. Da auch auswärtige, der Kul¬ 
tusgemeinde nicht angehörige Juden auf dem alten 
Friedhof bestattet worden waren, zog man von jetzt 
an deren Angehörige zu einer Beitragsleistung heran, 
so oft Ausbesserungen am Mauerwerk notwendig 
waren. 
Am 11. Oktober 1885 legte Ferdinand L e d e r e r 
sein Amt als V. der K. G. nieder und es wurde ihm 
für seine unermüdliche Tätigkeit um den Verein von 
der Hauptversammlung einmütig der vollste Dank 
ausgesprochen. An seine Stelle trat der Kaufmann Sa¬ 
lomon Samuel und leitete den Verein vom 7. No¬ 
vember 1885 bis zum 26. Juni 1887, von diesem 
Tage bis zum 4. August 1893 tat es der Wirtschaftsbe- 
sitzer Eduard U 11 m a n n. 
Im Alter von 70 Jahren starb am 3. Jänner 1889 
Alois Schneider und seine Gattin Julie, geb. Stein, 
folgte ihm am 3. Juli 1891 in den Tod. Aus ihrer Ehe 
waren 8 Kinder hervorgegangen, darunter drei 
Söhne: Dr. Philipp Schneider, Advokat in Budweis, 
Dr. Leopold Schneider, praktischer Arzt in Aussig, 
beide schon verstorben, und David Schneider, Gro߬ 
kaufmann in K. 
Am 1. Oktober 1885 war für den Rlgl. Veit B ö h m, 
der seine Stelle gekündigt hatte, Jakob Hartman n 
aus Muttersdorf unter 17 Bewerbern zum Rlgl. be¬ 
stellt worden. In den beiden Schuljahren 1884/5 und 
1885/6 erteilte der Rb. Josef Weiss in Eidlitz aus¬ 
hilfsweise privaten Religionsunterricht am Kaadner 
Obergymnasium. Vom Schuljahre 1886/7 an wurde 
Jakob Hartmann vom Min. für Kultus und Unter¬ 
richt mit dem öffentlichen Religionsunterricht betraut 
und versah ihn bis zu seinem Tode. Auch seine beiden 
Nachfolger, die Rabbiner Abeles und Schulhof, 
erhielten diese Betrauung, während vom Schuljahr 
1894/5 an diese Betrauung nicht mehr erfolgte und der 
Unterricht am Gymnasium vom jeweiligen Rabbiner 
privatim gegeben wurde. 
Am 22. Juli 1890 verschied plötzlch an Herz¬ 
schlag der Religionslehrer Jakob Hartmann. Sein 
Begräbnis, das am 25. August stattfand, war eine den 
Verstorbenen hoch ehrende Trauerkundgebung, da 
Vertreter aller staatlichen und politischen Ämter, der 
katholischen Geistlichkeit, aller Schulanstalten und 
sonst eine große Menschenmenge dem Sarge folgte, 
dem Rabbiner Josef Weiss aus Eidlitz voranschritt. 
Zum Nachfolger Hartmanns wurde Rabbiner Josef 
Abeles in Wolin am 14. August 1890 gewählt; die 
Dauer seiner Wirksamkeit in Kaaden erreichte jedoch 
nicht einmal die Jahresfrist und vom 1. August dieses 
Jahres an versah der Rb. Markus Schulhof, bisher 
in G ö r k a n, die Seelsorge in der K. G. 
Nach fast neunjährigem Bestände wandelte sich 
der K. V. in eine K. G. um, was schon seit Juli 1890 
angestrebt, aber erst mit dem am 24. März 1892 erfolg¬ 
ten Eintritte David Schneiders, des Sohnes des Weg¬ 
bereiters der Juden in Kaaden, in den Verein zielbe¬ 
wußt betrieben und zum erfolgreichen Ende geführt 
wurde, indem mit Erlaß des Min. für Kultus und Un¬ 
terricht vom 10. März 1893 K. zum Sitz der J. K. G. 
für die Gerichtsbezirke Kaaden und Preßnitz und die 
Ortschaften des Duppauer Gerichtsbezirkes Hermers¬ 
dorf, Olleschau, Petersdorf, Saar, Sebeltitz und 
Turtsch erklärt wurde. Die junge Gemeinde hielt ihre 
erste feierliche Versammlung am 4. August 1893 im 
Hotel Austria ab, in der David Schneider zum K. V. 
gewählt wurde. Zu den 23 den Kultusbeitrag leisten¬ 
den Mitgliedern des Kultusvereines traten nunmehr 
noch 25 neue Mitglieder ein, so daß der K. G. in ihrem 
ersten Bestand jähr 48 steuernde Mitglieder angehör¬ 
ten. 
Im J. 1894 begann man den Plan zur Erbauung 
eines eigenen Gemeindehauses mit einem Betsaal und 
Wohnungen für den Rabbiner und Tempeldiener zu er¬ 
örtern, und beschloß 1896, hiefür einen Höchstbetrag 
von 9560 Gulden auszusetzen. Die Ausführung des 
Baues übernahm der Kaadner Baumeister Hubert 
T i p p m a n n. Im Jänner 1900 war der Bau in wür¬ 
diger Form fertiggestellt und am 6. Februar erfolgte 
die feierliche Einweihung. 
Einen Tempeldiener anzustellen, beschloß man erst 
im September 1895. Die Stelle versah vom 2. August 
1896 an Nathan F rankl aus Weitentrebetitsch län¬ 
ger als 28 Jahre gewissenhaft. 
Er erlag am 17. November 1924, 67 Jahre alt, plötz¬ 
lich einem Schlagflusse. Frankl war der einzige be¬ 
Kadañ 15 
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Kaaden Í5
	        
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