Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

der Höhe von 100 Gulden entrichten mögen, wozu 
sich aber die Witwe mit ihrem Sohne nicht verstehen 
wollte. Doch ließen sie durch den Mund ihres Bevoll¬ 
mächtigten Isak Brandeis, weil sie selbst der Trauer 
wegen dermalen nicht auf die Gasse gehen dürften, 
erklären, sie wollten, was das Judenrecht ihnen künf¬ 
tig auferlegen werde, dulden und von den demnächst 
einkommenden Geldern richtig machen. Aber Isak 
Sachs legte noch am selben Tage auf alle ausstehen¬ 
den Gelder des Verstorbenen die Hand, damit nichts 
davon der Witwe und den übrigen Erben ausgefolgt 
werde, ehe dem Judenrecht Genüge geschehen. Von 
ihm ist auch die Abschrift eines Briefes vom 26. Au- 
gust 1650 an einen Kaufmann in S. Annaberg erhal¬ 
ten, worin er sich „Isak Sachs oder Braunschweiger 
Jud6( unterschrieb. Er teilte seinem Geschäftsfreunde 
mit, daß er mitsamt den anderen Juden habe von K. 
wegziehen müssen, und trat ihm als Abschlagszahlung 
auf eine restliche Schuld eine Forderung von 6 Rchst., 
die von seinem Schwiegervater Feistl J. auf ihn über^ 
gegangen war, ab. 
Der Schwiegervater des Isak Brandeis, Isak der 
Ältere, scheint nur zeitweilig in K. wohnhaft gewesen 
zu sein, obwohl er unzähligemale hier, hauptsächlich 
in Geldsachen, vor Gericht stand; gewöhnlich heißt 
er Isak der Ältere Jud von Bielenz, einigemale, 1620, 
1628, 1633 und 1636, auch „von Eidlitz66. Durch 20 
Jahre von 1619 an läuft sein Name durch die Amtsbü¬ 
cher, zwischen dem 3. und 6. Mai 1639 ist er hier ge¬ 
storben; seine Gattin hieß Rachel, eine Tochter Egela, 
Söhne werden zwei genannt: Sambson, in dessen Ab¬ 
wesenheit er 1636 und 1637 Schuldengelder für ihn 
einhob, und ein jüngerer Sohn Joseph. Ein Kaadner 
Schloßhofbesitzer hatte 1626 von Isak d. Ä. 250 
Schock Geldes geliehen; als er 1631 starb, wollte sich 
Isak an seiner Verlassenschaft schadlos halten, doch 
konnte er seine Ansprüche nicht durchsetzen und hin¬ 
terließ die Notwendigkeit, durch einen langwierigen 
Prozeß die Schuld einzutreiben, seinen Erben, welche 
erst 1648 durch ein Apellationsurteil zu ihrem Ziele 
gelangten. 
Der Rechtsanwalt, der ihre Sache vertrat, war der 
kaisl. Notar Jakob Otto, der Ahnherr der Kaadner 
Patrizierfamilie Otto von Ottlilienfeld, der für seine 
„in dieser kundbaren vieljährigen Aktion aufgewen¬ 
dete viele Mühe und labores66 in allem von den Juden 
nur 50 Rchst. „Ergötzlichkeit66 berechnete; er wurde 
aber von dem einen Teile der Erben mit seiner For¬ 
derung an den anderen verwiesen und es ist nicht zu 
ersehen, ob ihm in der Folge das Honorar ausgezahlt 
wurde. 
Isak J. von Eidlitz wußte es beim Kaiser Ferdinand Ii. 
durchzusetzen, daß dieser unterm 3. Feber 1628 
an die Städte Brüx, Komotau, Kaaden, das Stift 
Ossek, die Grafen Paul Michna und Hans Hrsan ein 
offenes Patent erließ, daß dem genannten Isak bei 
der Eintreibung seiner Schulden alle erforderliche 
Hilfe zuteil werde, damit er sich „wegen abgeschla¬ 
gener iustitia'6 nicht wieder mit Recht beschweren 
könne. Er fand aber die anbefohlene Unterstützung 
nicht, weshalb die Böhmische Kammer am 20. April 
1630 den Obrigkeiten genannter Städte und Herr¬ 
schaften den kaisl. Auftrag in Erinnerung brachte. 
Einige Zeit später wandte sich Isak abermals nach 
Wien, schilderte, wie er in der jüngst vergangenen 
Rebellionszeit nicht allein durch die Mansfelder räu¬ 
berischen Haufen beraubt und ausgeplündert, von 
Haus und Hof vertrieben, seither mit großen Gaben, 
Kontributionen und Steuern beladen und erst neulich 
wieder von dem sächsischen Volk ranzioniert wurde, 
worüber er ins äußerste Verderben und unwieder¬ 
bringlichen Schaden geriet. Weil er aber trotzdem zu 
seinem ausstehenden Gelde bis heute nicht kommen 
konnte und die Gefahr bestehe, daß er samt den Sei¬ 
nen auf Anstiften seiner Schuldner, um sich des lästi¬ 
gen Mahners zu entledigen, auf die Länge zu K. nicht 
mehr geduldet werden möchte, so bat er, durch ein 
neues offenes Patent den betreffenden Obrigkeiten 
die zuvor schon anbefohlene iustitia und Förderung 
noch einmal zur Pflicht zu machen, und weil er we¬ 
gen seines hohen Alters und steten Krankseins nicht 
mehr reisen könne, der Stadt K. allen Ernstes und ge¬ 
messen anzubefehlen, daß er so lange als andere 
allda wohnende Juden samt seinem Weibe, Kindern 
und Tochtermännern hier gelitten und geschützt 
werde. Der Kaiser willfahrte seiner Bitte und bedeu¬ 
tete mit der Entschließung vom 4. Juii 1633 durch 
die Statthalter dem Rate von K., daß er den Isak 
d. Ä. J. von Eidlitz auf Grund der kaisl. der gesam¬ 
ten Judenschaft erteilten Privilegien noch länger in 
seinen Mauern dulde. 
1635 verhandelte Isak d. Ä. mit der Witwe eines 
Kaadner Gutsbesitzers wegen 400 Schock, die er 
ihrem Gemahl bei dessen Lebzeiten geliehen, und 
konnte sich über die Art der Rückerstattung mit ihr 
einigen; bloß die Zinsen wollte die Witwe als allzu 
hoch berechnet nicht anerkennen, aber Isak berief 
sich auf das kaisl. Patent und bestand mit Erfolg auf 
der Anerkennung des Judenzinses. Im Frühjahr 1636 
saß er in der Fronfeste in K. wegen der Hehlerei sei¬ 
nes Sohnes Sambson, der einen aus der Kirche von 
Jechnitz gestohlenen Kelch angekauft hatte, und 
mußte am 17. März 1637 85 Gulden baren Geldes an 
die Jechnitzer Kirche erlegen. Im J. 1630 war ihm 
wegen einer Forderung von 63 Schock, die ihm der 
Schuhmacher Hans Turtsch nicht hatte bezahlen kön¬ 
nen, dessen Haus im „Süßen Loch66 (heute N. C. 108 
in der Süßengasse) überlassen worden, es solange zu 
bewohnen, bis die Schuld! beglichen wäre. Da aber das 
nicht bewohnte Haus baufällig geworden war, wen¬ 
dete er, um es bewohnbar zu machen, 37 Schock für 
Bauherstellungen auf. Erst im J. 1650, nachdem Hans 
Turtsch und schon früher Isak d. Ä. gestorben waren 
und das Haus verkauft werden sollte, erhoben Isaks 
Erben eine Mehrforderung, weil die Einäscherung des 
Hauses bei der großen Feuersbrunst des J. 1635 neue 
Ausbesserungen und¡ Ausladen verursacht hätte. Der 
Rat aber entschied, daß die Erben sich mit 63 + 37 = 
100 Schock begnügen müßten, deren Empfang auch 
Isak Brandeis und Joseph Eidlitz am 18. August 1656 
bestätigten. 
Joseph Eidlitz, vermutlich der jüngste Sohn Isaks 
d. Ä., hatte dem Rittmeister Johann Schurz „zu seiner 
Notwendigkeit66 anfangs 1650 12 rhein. Gulden vor¬ 
gestreckt, die dieser in 110 Tagen zurückzuzahlen ge 
lobte. Allein er ließ sich jedes Jahr deshalb mahnen 
und klagen und versprach immer, unfehlbar in 4 Wo¬ 
chen alles richtig zu machen. Endlich am 14. März 
1653 bekannte Joseph J. vor Gericht, daß er die 12 
Gulden erhalten habe. Und Johann Schurz war eine 
der angesehensten Persönlichkeiten jener Zeit. 
In den J. 1635 bis 1650 ist öfter auch von Salomon 
Aron J. allhier die Rede. Er war von Lichtenstadt ein¬ 
gewandert, wo er mit seinem Bruder Lazarus Aron 
noch im Februar 1634 wohnhaft gewesen. Nachdem 
am 11. Juli 1635 fast die ganze Stadt K. durch eine 
„Generalfeuersbrunst66 in Asche gelegt worden und 
Jammer und Elend in allen Gassen herrschte, schritt 
Salomon Aron, dar ob unbekümmert, gleich am näch¬ 
sten Tage durch die noch rauchenden Häuserzeilen 
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Kaaden 6
	        
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