Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

1848 kommt der Jude B. Spitzer aus Navzil nach G., 
kauft hier 2 Häuser und betreibt eine Branntwein¬ 
brennerei. 
1852. In diesem J. ereignete sich zum ersten Male 
ein Trauerfall in G. Es verstirbt hier der k. k. Militär¬ 
arzt Heinrich Schulhof, der hier nur vorübergehend 
geweilt haben soll. 
1856 läßt sich Daniel Mendel aus Jungbunzlau nie¬ 
der und eröffnet ein Spezereigeschäft, 
1859 kommt S. S. Neumann aus Grünwald nach G. 
1864 begründet Josef Pam aus Abtsdorf eine Ge- 
mischtwarenhandlnug. Er ist der erste Jude, der in G. 
getraut wurde, und zwar im gleichen Jahre im alten 
Schießhause. Die Braut war Theresia Lustig. 
1866 begründet J. H. Jeiteles die noch heute weit 
bekannte Firma. Ebenso eröffnet S. M. Hock aus Prag 
ein Glasgeschäft. 
Der erste Gottesdienst in G. wurde in der Wohnung 
des Spitzer, Hauptstr. 10, abgehalten, dann 5 Jahre 
lang in der Wohnung des S. Lustig. Dabei fungierte 
Moses Poiiak aus Tannwald als Vorbeter. S. Lustig 
war Leiter, 2. Vorbeter und Schochet. 
1870. Das Jahr 1870 hat besondere Wichtigkeit. 
Am 16. Juni bildet sich ein Komitee zur Gründung 
eines Kultusvereines unter der Leitung von Dr. Her¬ 
mann Adler. 
1872. Am 1. September 1872 wurde der isr. Kultus¬ 
verein behördlich genehmigt. Obmann desselben 
wurde JUDr. Hermann Adler. Zum Vorbeter wurden 
C. Lederer und S. Lustig gewählt. Zu den hohen Feier¬ 
tagen dieses Jahres wurde ein Prediger aus Breslau 
nach G. berufen. 
1872 bis 1874. In diesen Jahren wurde der Gottes¬ 
dienst im alten Schießhause abgehalten. 
1874. Außer den obgenannten Vorbetern fungiert 
auch Wallerstein als Vorbeter. 
1875 wurde zur Abhaltung des Gottesdienst ein Lo¬ 
kal im Gasthaus zum silbernen Mond gemietet. In 
dieses Jahr fällt auch zum ersten Mal die Aufnahme 
eines Kantors. 
1876 bis 1892. In diesen Jahren wurde der Gottes¬ 
dienst im Saale des Fleischers Bergmann, Josef Straße, 
abgehalten, manchmal im Saale des Gasthofs Geling. 
1877. In diesem Jahre zählte die Judenschaft von 
G. bereits 50 Familien. In diesem Jahre wurde Herrn 
Daniel Mendel die Vorsteherschaft übertragen, die er 
bis zu seinem, am 26. April 1911 erfolgten Tode aus¬ 
übte. Dem Vorstand der Gemeinde gehörten an J. Pam 
und S. S. Neumann. Statt des letzteren fungierte spä¬ 
ter Emanuel Lederer, und zwar seit 
1878, wo er das Amt eines Matrikenführers über¬ 
nahm. 
1878. Am 20. September tritt als erster Rb. Phillip 
L e d e r e r aus Marienbad sein Amt an, in dem er 
bis zum 1. Mai 1882 verbleibt. 
1882. Bis dahin war Reichenberg Begräbnisort für 
die Gablonzer Juden. Nun wurde von Notar Narowetz 
ein Grundstück in der Hochstraße gekauft und da¬ 
selbst der israel. Friedhof angelegt, und alsbald, am 
17. November die Witwe Elisabeth Weiseies aus Prag 
beerdigt. 
Am 1. September des gleichen Jahres übernimmt Rb. 
J. H. Schwarz sein Amt, das er bis Feber 1890 ausübt. 
1883. In diesem Jahre wurde die Ch. K. gegründet. 
Ihr erster Vorsteher war Emanuél Lederer. Ihm folg¬ 
ten im Laufe der Jahre: Adolf Fried, Carl Schlesinger 
und Simon Fischel, der derzeit (1928) dieses Ehren¬ 
amt versieht. 
1885 wird der Israel. Frauenverein begründet. 
1890. Vom Feber dieses Jahres bis zum 1. Septem- 
Gablonz 2 1 
ber 1892 blieb G. ohne Rb. Unterdessen wurde der 
Religionsunterricht vom Lehrer J. Czerwinka aus 
Reichenau erteilt. 
1891. Das Anwachsen der Judenschaft ermöglicht 
es derselben am 1. November den Beschluß zum Baue 
eines Tempels zu fassen, der 
Tempel (Außenansicht) 
1892 in die Tat umgesetzt wurde. Am 10. April 1892 
wurde feierlich der Grundstein zum Gotteshause ge¬ 
legt. Die Pläne waren vom k, k. Baurat Wilhelm 
Stiasny entworfen worden. Der Baumeister war 
Franz Kaudela. Die Baukosten beliefen sich auf 
60.000 F'l. Der Obmann des Bauausschusses war S. 
Lustig. Der Tempel hatte 160 Sitze für Männer und 
126 Frauensitze. 
Neben dem bisherigen K. V. Daniel Mendel fungiert 
nun Emanuel Lederer als Tempel Vorsteher bis zu sei¬ 
nem Ableben am 7. Feber 1914. 
rjEmanuel Lederer Rb. Dr. Hermann Baneth 
Am 1. September dieses Jahres übernimmt Herr Dr. 
Hermann Baneth aus Lipto St. Miklos sein Amt 
als Rb., das er mit einer unbeirrbaren Rechtlich¬ 
keit bis zu seinem Tode am 26. Oktober 1926 ver¬ 
sehen sollte. Gleichzeitig mit ihm tritt Kt. S. Geirin- 
ger sein Amt an. Den neuen Funktionären war es ver¬ 
gönnt am 27. September 1922 die feierliche Weihe des 
Tempels zu vollziehen.
	        
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