Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

Geschichte der Juden in Eidlitz. 
Bearbeitet von 
Rb. Prof. Dr. Emil Krakauer, Komotau. 
A Is im J. 1421 die Stadt Komotau von den Hus- 
siten in Sturm genommen und beinahe alle Juden, 
die sich in der Stadt befanden, ermordet wurden, 
sprangen die Juden und Jüdinnen in der Stadt, 
denen Gnade verheißen wurde, wenn sie sich taufen 
ließen, freiwillig in die Flammen. Ob diese Juden 
nur bloß eine Zuflucht in der Stadt gesucht hatten 
oder in Komotau selbst wohnhaft waren, ist nicht 
gesagt: Daß sie gerade von weitem anher geflohen 
sein sollten, ist nicht wohl anzunehmen. Wenn sich 
im J. 1517 die Stadt Komotau das Privilegium ver¬ 
schaffte, daß kein Jude bei ihnen nimmermehr woh¬ 
nen, noch häuslich sitzen soll, so läßt dies sehr wohl 
die Annahme zu, daß früher wirklich Juden in Ko¬ 
motau seßhaft gewesen waren, und daß — nach 1517 
— die Juden in die nähere Umgebung, also auch 
nach Eidlitz gezogen sind, 
An den Herren von Hassenstein scheinen die Juden 
geneigte Gönner besessen zu haben, weil wir zu ihren 
Zeiten in Orten ihrer Besitzungen, z. B. in Kürbitz, 
Juden finden, wo später keine vorkommen. 
Im J. 1602 wird uns ein Jud Bräunl, Samson und 
Samuel, genannt. Letzterer hatte das Haus Kautzner 
gekauft, trat es ihm aber (1608) als Brandstatt wie¬ 
der ab, da er nicht Willens war, solches zu erbauen. 
Auch ein Jud Essig wird um diese Zeit erwähnt. Im 
J. 1604 zahlten die Juden in E. 36 Sch. und die 23 
jiid. Häusler daselbst 3 Schock 50 Groschen, dann 
die zwei Juden in Kürbitz 5 Schock 30 Groschen an 
die kgl. Kammer. 
Am 6. Mai 1694 erteilte laut einer im Prager jüd. 
Museum befindlichen Urkunde „Ernsth Karl Hrzan, 
des herzogl. röm. Reichs, Graff von Harass, Herr 
auf Eidlitz, der o Röm. Kays. Maj. wirklicher Käm¬ 
merer für sich und seine Successores den Consens zur 
Erbauung einer Judenschul in Eidlitz und dass solch 
neuerbaute Schul der Judenschaft verbleiben solle.66 
Sie scheinen also vordem ihren Gottesdienst in 
einem Privathause gehabt zu haben, da nicht anzu¬ 
nehmen ist, daß ihnen früher durch die Obrigkeit 
eine eigene Synagoge, die Eigentum der Obrigkeit 
war, erbaut worden ist. Da sie diese Schul- und Rab¬ 
binerswohnung auf eigene Unkosten erbaut hatten 
und in Bau halten mußten, blieben beide im J. 1727 
auch zinsfrei. Mit dem J. 1694 beginnt auch das 
älteste (bis 1824 laufende) Eidlitzer Synagogenbuch 
Nr. 1, welches die Verschreibung der einzelnen Sitze 
enthält. 
Mit dem J. 1727 trat eine bedeutende Veränderung 
in den Verhältnissen der Eidlitzer Juden ein. Es be¬ 
standen damals 15 Häuser mit 24 Wirten. Dieselben 
waren: Jakob Veit, Markus Barbierer, Fried¬ 
rich Salomon, Moisés Postelberg, Isak Lam- 
mei, Moisés L ö w 1, David Isaak, Hirschl Abra¬ 
ham, Koppl V e i t h, Lüwl Schneider, Saul S a- 
1 o m o n, Hirschl L a m m e 1, Moisés Glaser, Mar¬ 
kus Hirsche 1, Lüwl Benjamin, Hirschl S a 1 o- 
m o n, Elias Adam, Markus Koppel, Veith J o- 
s e p h, David Lichtenstat, Wolf Jakob, Da¬ 
vid Moisés, Jakob David und Israel Koppel. 
An Hausgenossen zählte man 26. Die Häuser hatten 
bisher die Juden unter Zins genossen. Selbe waren 
Eigentum der Obrigkeit, die auch alle Reparaturen 
vorzunehmen hatte. Es hatte sich nun herausgestellt, 
daß letztere auf die von den Juden fast alle Jahre 
mehrer beschehende Verwüstungen nahmhaft gestie¬ 
gen waren, also daß, wenn die Ausgabe von dem ent¬ 
richtenden Zins abgeschlagen, ein Geringes zum Ge¬ 
nuß übrig bleibe. Dadurch fand sich nun der Fürst 
Auersperg bewogen, diese Häuser den oben genann¬ 
ten Wirten umsonst samt der Schul- und Rabbiner¬ 
wohnung (die keinen Zins entrichteten) und dem 
Judenspital samt dem Wasserlauf (welches die 
Obrigkeit unterhalten tut und von diesen letzten bei¬ 
den den Zins in das Rentamt laufet) erblich zu über¬ 
geben und darüber ein ordentliches Grundbuch (um 
diesen Haupt- und gleichfalls eines jeden Hauswirtes 
Privatkontrakt darin einzuverleiben) einzurichten. 
Dagegen sind aber selbe verpflichtet, diese Häuser 
künftig auf ihre eigenen Unkosten allezeit zu repa¬ 
rieren, oder — wo erforderlich — neu zu bauen. 
Doch dürfen sie kein Haus nicht übermäßig in die 
Höhe und nicht im geringsten in die Breite und 
Länge, ohne Vorbewußt der Obrigkeit, bei einer 
Strafe von 50 Talern erweitern. Mit des Amtes Vor¬ 
bewußt kann jeder sein Haus auch erblich vermachen 
oder verkaufen. Auch wird ihnen erlaubt, wofern aus 
denen in E. bestehenden Familien jemand sein Kind 
verheiraten möchte, daß derselbe über die jetzige 
Zahl, die sonst nicht vermehrt werden darf, noch da¬ 
selbst als ein Hausgenosse verbleibe, doch sein ordent¬ 
liches Schutzgeld über das jetzige Geldquantum an 
die Obrigkeit entrichte. Den Zins samt Schutzgeld, 
haben die sämtlichen Juden, wie bisher gebräuchlich 
gewesen, halbjährig an das Rentamt zu entrichten, 
ohne daß sie wegen Häusern, die sie etwa eingehen 
lassen, oder zur Ersparung von Reparierungskosten 
abbrechen, einen Abzug machen dürfen. Der bisher 
laufende Zins und Schutzgeld, von dem der Rb.? 
Schulmeister, Schächter und Spitalmann frei ist, 
macht halbjährig (zu Georgi und zu Galli) 194 fi. 
30 kr., von Spital- und Wasserlauf 6 f 1., von Ko¬ 
scherwein zu St. Galli ganzjährig 10 kr., für die aus 
der Eidlitzer Floß zu nehmen obligierte 31 Schrä¬ 
gen (à 4 fi.) weiches Holz halbjährig 62 fl. Für die 
richtige Einzahlung haben sie solidarisch zu haften. 
Die durch Feuer Verunglückten werden durch zwei 
Jahre von der Entrichtung des Zinses frei erklärt. 
Über diesen Punkt war mit dem damaligen Prima¬ 
tor Moisés Löbl und mit zwei Deputierten der jüd. 
Gemeinde Isaak Läml und David Moisés verhandelt 
worden. Der Hauptkontrakt ward ddo. Wien am 
23. April 1727 ausgestellt. Von selbem scheint auch 
eine Ausfertigung auf Pergament den Juden ausge- 
tìidlitz 1
	        
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