Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

Orgelklängen ein Einleitungsgebet mit mächtig tönen¬ 
der Stimme, worauf Ortsrb. Popper das „Ewige Licht66 
entzündete und dazu das Weihegebet sprach. Es er¬ 
folgte die Eröffnung der prachtvoll ausstaffierten 
Bundeslade, aus welchen die priesterlichen Funktio¬ 
näre die reichgeschmückten Gesetzrollen hoben 
und damit unter feierlichem Chorgesang den Tempel¬ 
raum umkreisten. — Nach diesem Zeremoniell bestieg 
f 
Tempel (Außenansicht) 
Herr Rb. Dr. Ziegler aus Karlsbad die Kanzel zur 
Festpredigt. In einer kunstvoll gefügten Rede charak¬ 
terisierte der Redner das Verlangen der jüdischen Ge¬ 
meinden, ein würdiges Haus zum Dienste des Herrn 
zu erbauen. Nach Festgesängen des Okt. Tiger, be- 
Tempel (Innenansicht) 
gleitet von Chor und Orgel, schloß die gottesdienst¬ 
liche Feier. 
Über Antrag des K. V. Max Gottlieb konstituierte 
sich am 17. Dezember 1893 ein Tempelchorverein 
und wurden die Vereinsstatuten zur behördlichen Ge¬ 
nehmigung an die h. Statthalterei geleitet. — Am 
18. Mai 1896 (Schabuot) wurde die dem verstorbenen 
Herrn Albert Weissl testamentarisch gewidmete Ge¬ 
setzesrolle feierlich eingeweiht. Bei diesem Anlasse 
spendete Herr Julius Weissl hiezu das silberne Gerät 
und Herr Anton Weissl einen namhaften Geldbetrag. 
— Am 12. September 1896 beehrte der Statthalter 
von Böhmen, Se. Exz. Graf Coudenhove, unser Gottes¬ 
haus mit seinem Besuche. 
Eger 6 1 * 
Zufolge eines Gemeindebeschlusses wurde ein Rab¬ 
binerkonkurs ausgeschrieben, worauf sich 42 Petenten 
meldeten. Bei der am 8. November 1896 stattgefun¬ 
denen Sitzung wurde Dr. Emanuel Schwartz zum 
Rb. gewählt und der 1. April 1897 als Antrittstermin 
bestimmt. — Ein Akt der Toleranz soll zum ewigen 
Andenken verzeichnet werden: Der ehemalige Präsi¬ 
dent dies Egerer k. k. Kreisgerichtes, Herr Rudolf 
Englisch, ein glaubenstreuer Katholik, hatte der hie¬ 
sigen K. G. zur Anschaffung einer neuen Ampel für 
das „Ewige Licht" der hiesigen Synagoge eine ent¬ 
sprechende Spende angewiesen. 
Über Anregung mehrerer Gemeindemitglieder wurde 
die im J. 1874 gegründete Ch. K., die nach und nach 
verfallen war, reorganisiert. Die Proponenten arbei¬ 
teten auf Basis des alten Statutes mit Zuhilfenahme 
der Statuten anderer ähnlicher Wohltätigkeitsvereine 
ein neues Statut aus, welches nach Fertigstellung vor 
den Versammelten absatzweise vorgelesen und der 
politischen Behörde zur Bestätigung vorgelegt wurde. 
Die günstige Erledigung der Behörde erfolgte binnen 
einiger Monate. 
Das proponierende Komitee berief sodann für den 
1. Juli die konstituierende Versammlung ein, in wel¬ 
cher vor Beginn des Wahlaktes Herr Rb. Dr. Emanuel 
Schwartz die edle Tendenz der Ch. K. beleuch¬ 
tete. Es wurden gewählt: 
Herr Eduard L ö w y als Obmann, Wilhelm Herr¬ 
mann als Obmannstellvertreter, Heinrich Spitz 
als Kassier, Hugo Karpeles als Schriftführer, Da¬ 
vid Kohn als 1. Beirat und Anton Weissl als 
2. Beirat. 
Die hiesige Ch. K. wirkt bis auf den heutigen Tag 
in segensreicher Weise sowohl auf religiösem als auf 
humanitärem Gebiet. 
Herr Rb. Dr. Schwartz erhielt die Berufung in 
gleicher Eigenschaft nach Prag und bei der am 11. Fe- 
ber 1906 vorgenommenen Seelsorgerwahl wurde Herr 
Dr. Prossnitz aus Mähr.-Schönberg als Rb. beru¬ 
fen. — Herr Rb. S. Popper, der 33 Jahre in der Ege¬ 
rer K. G. wirkte und zu ihrer Entwicklung Ersprie߬ 
liches leistete, entsagte, infolge hohen Alters, seinem 
Amt. Am 30. April 1906 wurde der Konkurs eines 
OKt. und Rgl. ausgeschrieben. Um diese Stelle bewar¬ 
ben sich 40 Petenten. In der Sitzung des verstärkten 
Vorstandes am 28. Juni wurde Herr Okt. Armin 
Wilkowitsch aus Gewitsch in Mähren gewählt. 
Am 1. September d. J. fand zu Ehren des aus dem 
Amte scheidenden Rb. S. Popper im Egerer Tempel 
ein besonders feierlicher Gottesdienst statt, bei wel¬ 
chem Herr Rb. Dr. Emil Prossnitz die verdienst¬ 
volle Tätigkeit des Scheidenden in einer schwung¬ 
vollen Predigt würdigte. Den Gottesdienst zelebrierte 
der Okt. Armin Wilkowitsch als Antriittsfunktion mit 
verstärktem gemischten Chor und Orgelbegleitung. —- 
In der Wohnung überreichte der K. V. unter Führung 
des Vorstehers, Herrn Jakob Zuckermann, dem Herrn 
Rb. Popper eine Huldigungsadresse samt Ehren¬ 
geschenk. 
Im Juni 1906 wurde hier bei den Erdarbeiten zur 
Kanalisierung der Schmeykalstraße eine größere An 
zahl jüdischer Grabsteine mit zum Teil gut erhaltenen 
hebräischen Inschriften, aus dem 14. Jht. stammend, 
aufgefunden. Der älteste der bisher ausgegrabenen 
Steine stammt aus dem J. 1330, ist also nahezu 600 
Jahre alt. Wie die Steine dahin gekommen waren, ist 
leicht zu verstehen: Bekanntlich besaß E. einstmals 
eine starke J. G., die am sogenannten Judenhof der 
Brudergasse einen Friedhof und eine Synagoge hatte.
	        
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