Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

Während dieser Zeit wirkten in der J. G. folgende 
Lehrer: Ozias Rosenwasser (1794—1798), Ra¬ 
phael K o h n e r (1798—1800), Salomon Lobi Bloch 
(1800—1807), Nehemias Singer in Prostibor (1807 
bis 1811), Moses Spitz in Darimischlag übersiedelte 
1811 nach Lukawitz, Markus Epstein in Prostibor 
(1816), Abraham Weiskopf (1816—1820), Salo¬ 
mon F r a n c k (1820), Gabriel Franck (1825), 
Salomon Hartmann (1832). 
Für das Jahr 1840 wurden neue Judenrna triken 
eingeführt, welche vom 1. November 1839 beginnen. 
Wir finden darin folgende Judenfamilien: Salomon 
Steiner Nr. XV, Abraham Fischer Nr. II, Ezechiel 
Raumann Nr. IX, Joachim Steiner Nr. IX, Nehemias 
Weil, Moses Sperber Nr. XIII, Moses Raumann, Sam- 
son Weiner Nr. II, Jakob Auer, Dr. Leopold Wölfler, 
Kopetzen, Josef Grünhut, Pfeifenmacher in Darm¬ 
schlag, Seligmann Eckstein in Darmschlag Nr. 6, 
David Eckstein in Prostibor Nr. 26, Benedikt Hof¬ 
mann in Prostibor Nr. 36, Isaak Eckstein Nr. II, 
Ezechiel Raumann Nr. XI, Isaak Lederer Nr. X, Be¬ 
nedikt Wudel Nr. IX, Salomon Weiner Nr. X, Abra¬ 
ham Fischer in Prostibo?, Löbl Schwarz, Fleisch¬ 
hauer, Lazar Schwarz, Hausierer, Samuel Steiner in 
Darmschlag, Elias Hecht in Darmschlag, Emanuel Hof¬ 
mann, Bauernhofpächter in Darmschlag, Abraham 
Steiner, Hausierer im Darmschlag, Ozias Israel, Israel 
Raumann, Ozias Steiner, Fleischhauer, Moses Lederer, 
Abraham Habermann Nr. XV, Isak Steiner, Hausierer 
in Prostibor, Wolf Steiner Nr. X, Simon Steiner Nr. 
46, Josef Eckstein Nr. 15, Wilhelm Steiner, Jakob 
Lurie in Prostibor. 
Als Lehrer werden genannt: Kohner Steiner, 
Familiant und Schutzjude Nr. XI, Lehrer und Matri¬ 
kenführer (1840), Josua Goldstein, jüdischer 
Lehrer in Darmschlag (1844), Aron Garten- 
zäun, jüdischer Lehrer in Prostibor (1853—1859), 
gebürtig aus Deschenitz, Pilsner Kreis, I g n a z Ro¬ 
senbaum, jüdischer Lehrer in D., gebürtig aus 
Schönlind, Bezirk Eger, Jakob B ä u m 1, Lehrer in D., 
gebürtig aus Leskau (1854). Im J. 1849 gab es in D. 
42 Familien mit 266 Seelen. (Kohn, p. 408.) 
Die Häuser der Juden waren mit den römischen 
Ziffern I—XV bezeichnet. Nr. XII war ihr Gemeinde¬ 
haus, Nr. VI die Synagoge, die am 16. Mai 1878 mit 
den benachbarten Häusern Nr. V, 12, 13 u. 14 durch 
Blitzschlag eingeäschert wurde. Die Synagoge war 
ganz aus Holz gebaut und mit schönen Malereien ge¬ 
schmückt. Sie wurde nicht mehr aufgebaut, weshalb 
die Synagoge für die wenigen noch vorhandenen 
Judenfamilien in Nr. XII untergebracht wurde. Die 
Judenhäuser wurden nach und nach an Christen ver¬ 
kauft, während die Juden selbst in verschiedene 
Städte Böhmens, nach Wien, Deutschland und Ame¬ 
rika auswanderten. Das Gemeindehaus der Juden 
Nr. XII wurde im Jahre 1895 ebenfalls verkauft. 
Der letzte jüdische Lehrer war Anspach Da¬ 
vid Witko, der im Jahre 1895 nach dem Verkaufe 
der Synagoge die Gemeinde verließ. Die letzte im 
'Hause Nr. 57 ansässige Judenfamilie Wilhelm 
Steiner verkaufte im Jahre 1909 das Haus und 
das Geschäft dem Kaufmanne Joisef Amann aus Wald¬ 
heim und übersiedelte nach Tachau. 
Gegenwärtig ist von der ehemaligen J. G. nur der 
alte Judenfriedhof übriggeblieben. Derselbe 
liegt am Westabhange des 484 m hohen Berges 
Weißerstein mit schöner Fernsicht auf die Sieben¬ 
berge und den nördlichen Böhmerwald. Er ist 23 a 
groß, wurde 1801 neu angelegt und i. J. 1905 erwei¬ 
tert. Gegenwärtig werden noch Juden aus den Dör¬ 
fern Nedraschitz, Koistelzen, Hochsemlowitz, Mirschi- 
kau, Darmschlag und Prostibor bestattet, früher auch 
aus den Städten Kladrau und Mies. Von den vielen 
Ruhestätten seien erwähnt: David E k s t e i n, Rab¬ 
biner, gestorben 81 Jahre alt am 21. November 1892. 
— Benedikt Hofmann aus Prostibor, gestor¬ 
ben am 10. Juli 1890, 88 Jahre alt. — Leopold 
W ö 1 f 1 e r, praktischer Arzt in Kopetzen, geboren 
am 29. März 1806, gestorben am 6. Jänner 1889 im 
83. Jahre seines Gott und Menschen wohlgefälligen 
Lebens, im 52. Jahre seines aufopfernden ärztlichen 
Wirkens. Trost und Rat den Unglücklichen und 
Armen, Hilfe und Hoffnung den Kranken zu bringen, 
war seine Lebensaufgabe. — Siegmund Wölf¬ 
ler, Bankier, geboren am 2. Feber 1839 in Kopetzen, 
gestorben am 12. Juli 1913 in Wien. — Jakob 
B ä u m 1, Lehrer, geboren in Leskau am 27. April 
1806, gestorben in Kladrau am 17. August 1894. — 
Jakob Lurie aus Prostibor, gestorben am 6. No¬ 
vember 1912 im 67. Lebensjahre. Er war der letzte 
Vorsteher und Schächter der J. G. Dölitschen. — 
Ein hervorragendes Mitglied der J. G. war der prak¬ 
tische Arzt Leopold Wölfler, welcher im Hause 
Nr. 9 in Kopetzen wohnte. Dieses Haus gehört gegen¬ 
wärtig den Herren Simon u. Anton Hoffmann, Eisen¬ 
handlung in Pilsen. An demselben befindet sich eine 
Gedenktafel mit der Inschrift: „In diesem Hause lebte 
und wirkte der praktische Arzt Leopold Wölfler vom 
Jahre 1837—1889." 
Sein Sohn war der berühmte Arzt Hofrat Professor Dr. Anton 
W ö 1 f 1 e r, der am 31. Jänner 1917 in Hietzing starb und dessen 
Gebeine am 24. Feber 1926 nach Prostibor überführt wurden. 
Er war im Jahre 1850 in Kopetzen geboren, absolvierte das Gym¬ 
nasium in Pilsen, dann die Universität in Wien, und trat 1874 
in Billroths Klinik ein. Mit 35 Jahren wurde er zum Vorstände 
der Grazer chirurgischen Klinik ernannt und 10 Jahre später 
berief ihn die deutsche medizinische Fakultät in Prag zum Nach¬ 
folger Gussenbauers. Die Ferienzeit verbrachte Dr. Wölfler zu¬ 
meist in seiner Villa in Kopetzen. Eine Erholungszeit waren diese 
Wochen für Dr. Wölfler nicht, denn jeden Tag kamen Kranke 
aus nah und fern und fanden kostenlos ärztliche Hilfe 
Im Gedenkbuche der im Jahre 1899 gegründeten 
freiwilligen Feuerwehr in D. sind folgende Ehren¬ 
mitglieder der J. G. verzeichnet: Siegmund Wölf¬ 
ler, Bankier in Wien; Simon Hoffmann, Eisen¬ 
händler in Pilsen; Simon Steiner, Fabrikant in 
Tachau; Familie Weil, Warenhandlung in D.; Hein¬ 
rich Steiner, Kaufmann in Gibacht. 
Nach dem Tode des letzten Vorstehers der J. G. 
Jakob Lurie besorgten Josef Hirsch in 
Darmischlag und Siegfried Hirsch in Prostibor 
die Verwaltung bis zur vollständigen Einverleibung 
in die K. G. Mies. Die in Prostibor vorhandene Syna¬ 
goge wurde i. J. 1923 demoliert, nur ein Teil der¬ 
selben wird zur Aufbewahrung des Totenwagens 
erhalten. 
Gegenwärtig leben noch 3 Familien im ehemaligen 
Gebiete der J. G. Dölitschen: Siegfried Hirsch, Kauf¬ 
mann in Prostibor, Berta Lurie, Warenhandlung in 
Prostibor und Josef Hirsch, Kaufmann in Darm¬ 
schlag. 
Oft aber kommen noch aus fernen Städten zahl¬ 
reiche Gäste, um ihre Lieben auf dem stillen Fried¬ 
hofe zu besuchen und im Dorfe die bescheidenen 
Wohnstätten zu betrachten, in welchen die Vorfahren 
in vergangenen Zeiten genügsam und mühselig den 
Lebensunterhalt erwarben und den Grund des zu¬ 
künftigen Wohlstandes ihrer Nachkommen legten, 
Dölitschen 2 
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