Volltext: Wofür kämpfen die Engländer? [78]

Das alte England, das überall in der Welt, auch in Deutschland, 
aufrichtige Freunde und Bewunderer hatte. Der nationalistische 
Überschwang, die Unduldsamkeit gegen Andersdenkende, das hyste¬ 
rische Niederschreien jeder Meinung, die nicht die der großen 
Masse ist, die Nichtachtung jeder individuellen Freiheit im Denken 
und Landein, dieser Zwang zur Anfreiheit, zum gewaltsamen Sich- 
anpassen an etwas, was von oben her als Staatsinteresse dekretiert 
wird, dieses Abirren von den Bahnen, die schließlich zu Englands 
Größe und Machtstellung geführt haben, dies Zurückgleiten in 
feudalistische Neigungen, die man gerade in England für über¬ 
wunden halten durfte — das alles läßt uns das heutige England 
in einem so absolut unwirklichen Licht sehen. Wir wissen nicht, 
was hinter diesem Dunstschleier steckt, der uns das wahre Gesicht 
Englands verhüllt. Nur das eine wissen wir: das England, wie 
es sich uns heute darstellt, ist ein Zerrbild des England, das wir 
bisher kannten, ist aus dem Lande kühnen Vorwärtsschreitens zu 
einem Lande bedenklichen Rückschritts geworden. 
Lolland hat immer zu den entschiedensten Bewunderern der 
englischen Politik gehört. Es gibt kaum ein zweites Land in 
Europa, wo das Gefühl für die persönliche Freiheit so stark aus¬ 
geprägt ist wie in Lolland, und es ist begreiflich, wenn die Sym¬ 
pathien des holländischen Volks sich in erster Linie dem Lande 
zuwandten, das bislang als die vorgeschrittenste Verkörperung des 
politischen Freiheitsideals galt. Jetzt sieht man, daß auch in 
England der Freiheitsbegriff nicht viel anderes ist als tönender 
Schall, ein Truggebilde, das vor der nationalistischen Leidenschaft¬ 
lichkeit und Verblendung jäh zusammenbricht. England ist zu 
einer Gefahr geworden für die kleinen Völker, und namentlich in 
Lolland, wo man jahrzehntelang das Märchen von der deutschen 
Gefahr gedankenlos nachgebetet hatte, erkennt man immer deut¬ 
licher, daß, wenn Lolland in diesem Kriege überhaupt eine Gefahr 
droht, diese von einer ganz anderen Seite zu erwarten ist. 
Man ist mißtrauisch geworden gegen England, den Verbündeten 
Japans, das immer dreister und ungenierter seine Begehrlichkeit 
nach dem indischen Kolonialbesitz Lollands zu erkennen gibt, mi߬ 
trauisch gegen die ganze Zwangspolitik des Vierverbands, die sich 
jeder wirklichen Neutralität feindlich zeigt, mißtrauisch geworden 
gegen das „stammverwandte" Belgien, dessen Flüchtlingsscharen 
man so liebevoll aufgenommen hat, und von dessen Seite jetzt 
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